BGB § 1686; FamGKG § 45; FamGKG-KostVerz. Nr. 1500; FamFG § 156 Abs. 2
Leitsatz
- Ein Vergleichsmehrwert ist auch dann festzusetzen, wenn eine getroffene Vereinbarung nicht vollstreckbar ist.
- Die Informationspflicht nach § 1686 BGB stellt gegenüber dem Umgang und dem Sorgerecht eine gesonderte gebührenrechtliche Angelegenheit dar.
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 12.3.2019 – 5 WF 196/18
1 Sachverhalt
Der Beschwerdeführer ist Rechtsanwalt und hat den Antragsgegner in einem Verfahren vor dem FamG vertreten. Er wendet sich gegen die Versagung der Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts und macht einen Mehrwert von 3.000,00 EUR für Umgang und einen weiteren Wert wegen Informations- und Rechenschaftspflichten der Antragstellerin geltend.
Antragstellerin und Antragsgegner des Verfahrens vor dem FamG sind die nicht miteinander verheirateten Eltern zweier minderjähriger Kinder.
Die Antragstellerin hat beantragt, ihr die alleinige elterlichen Sorge zu übertragen. Der Vater trat dem entgegen und führte aus, dass die Mutter seinen Umgang mit den Kindern unterbunden habe, er begehre wieder regelmäßigen Umgang mit seinen Kindern. Beiden Beteiligten wurde VKH ohne Raten bewilligt. Nach Anhörung der Kinder und der beteiligten Eltern wurde der Abschluss einer Vereinbarung erörtert. Beide Beteiligten beantragten die Erstreckung der bewilligten VKH auf etwaige Mehrwerte einer solchen Vereinbarung. Im schriftlichen Wege schlossen die Beteiligten dann eine Vereinbarung, nach der in Erledigung des Sorgerechtsverfahrens die beteiligten Eltern die gemeinsame Sorge gemeinsam ausüben wollen, der Vater aber der Mutter eine umfassende Vollmacht erteilt. Außerdem finden sich folgende Regelungen:
§ 3
Wie in § 1 bereits erwähnt, ist die Mutter verpflichtet, den Vater über sämtliche Angelegenheiten der elterlichen Sorge von erheblicher Bedeutung mit Bezug auf die Kinder, insbesondere mit Bezug auf die Gesundheit der Kinder, zu informieren und auf dem Laufenden zu halten.
§ 4
Die Eltern sind sich weiter darüber einig, dass zur Anbahnung des Umgangs des Vaters mit den Kindern vorerst ein begleiteter Umgang in Anwesenheit fachkundigen Personals erforderlich ist.
Dieser begleitete Umgang soll entsprechend dem Vorschlag des Jugendamts (KSD K.) beim Deutschen Kinderschutzbund in O. durchgeführt werden.
Die Einzelheiten werden die Eltern außergerichtlich direkt mit dem KSD K. abklären.
Diese Vereinbarung wurde vom FamG durch Beschluss gerichtlich festgestellt. Gleichzeitig setzte das FamG den Verfahrenswert für das Sorgerechtsverfahren auf 3.000,00 EUR fest. Die Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts lehnt es ab, da sowohl hinsichtlich des Umgangs wie auch hinsichtlich der Informationspflichten keine vollstreckbare Entscheidung vorliege.
Gegen den Beschluss richtet sich die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners, der geltend macht, dass hinsichtlich beider Gegenstände ein zusätzlicher Vergleich geschlossen worden sei. Ein vollstreckungsfähiger Inhalt sei keine Voraussetzung für das Vorliegen eines Vergleichs.
Das FamG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung wird nochmals ausgeführt, dass weder Umgangs- noch Sorgerechtsentscheidungen der Disposition der beteiligten Eltern unterliegen würden. Eine gerichtliche Billigung sei jedoch nur bei vollstreckbarem Inhalt möglich.
Das OLG hat der Beschwerde teilweise stattgegeben.
2 Aus den Gründen
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Das Rechtsmittel ist gem. § 32 Abs. 2 S. 1 RVG, § 59 Abs. 1 S. 1 FamGKG statthaft sowie gem. § 59 Abs. 1 S. 3 FamGKG i.V.m. § 55 Abs. 3 S. 2 FamGKG form- und fristgerecht eingelegt.
Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt gem. § 59 Abs. 1 S. 1 FamGKG den Betrag von 200,00 EUR, da die Differenz der Gebühren des Anwalts einschließlich Umsatzsteuer zwischen dem festgesetzten und dem von ihm angestrebten Gebührenstreitwert deutlich darüber liegt.
2. Die Beschwerde ist auch teilweise begründet.
Zunächst ist der Wert des Verfahrens zutreffend mit 3.000,00 EUR festgesetzt. Auch wenn der Vater in seiner Antragserwiderung das Begehren nach einer Umgangsregelung geäußert hat, ist die Einleitung eines entsprechenden Gerichtsverfahrens im vorliegenden Sorgerechtsverfahren nicht ersichtlich.
Zu Recht macht die Beschwerde aber geltend, zusätzlich zu dem Gegenstand des Ausgangsverfahrens seien zusätzliche Verfahrensgegenstände in der Vereinbarung geregelt, sodass ein Vergleichsmehrwert festzusetzen ist.
Voraussetzung dafür ist, dass im Verfahren ein gerichtlicher Vergleich nach § 36 FamFG über Gegenstände geschlossen wird, die nicht Gegenstand des Verfahrens sind oder gewesen sind.
Es muss sich um einen Vergleich i.S.d. § 779 BGB handeln, also einen Vertrag, durch den ein Streit oder die Ungewissheit der Beteiligten über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt worden ist (vgl. Schneider/Volpert/Fölsch/N. Schneider, FamGKG, 2. Aufl., 2014, Nr. 1500 FamGKG-KostVerz. Rn 7). Dabei muss der Vergleich keinen vollstreckbaren Inhalt haben. Es reicht aus, das...