BGB § 249; StVG § 7; RVG VV Nr. 2300
Leitsatz
Wird der Anwalt einerseits vom Arbeitgeber mit der Regulierung des Sachschadens beauftragt und parallel hierzu vom Arbeitnehmer mit der Regulierung seines Personenschadens, liegen verschiedene Angelegenheiten vor, sodass der Haftpflichtversicherer des Schädigers die Anwaltsgebühren aus den einzelnen Gegenstandswerten gesondert zu ersetzen hat
AG Weilburg, Urt. v. 6.11.2018 – 5 C 451/17
1 Sachverhalt
Nach einem Verkehrsunfall hatte der Arbeitgeber des Klägers eine Anwaltskanzlei mit der Regulierung des durch den Verkehrsunfall entstandenen Sachschadens beauftragt. Parallel hierzu hatte der Arbeitnehmer, der Fahrer des betreffenden Fahrzeugs war, dieselbe Anwaltskanzlei beauftragt, seinen Personenschaden zu regulieren. Nach Abschluss der Schadensregulierung bei voller Einstandspflicht des Haftpflichtversicherers rechnete der Anwalt seine Vergütung gegenüber dem Arbeitgeber für die Regulierung des Sachschadens und gegenüber dem Arbeitnehmer für die Regulierung des Personenschadens gesondert ab und meldete diese Kosten jeweils als Schadenersatz bei dem Versicherer an.
Der Versicherer war der Auffassung, es liege nur eine einzige Angelegenheit vor, sodass er lediglich verpflichtet sei, die einfachen Gebühren aus dem Gesamtwert zu ersetzen. Die daraufhin erhobene Klage des Arbeitnehmers auf Ersatz seiner Anwaltskosten hatte Erfolg.
2 Aus den Gründen
Der Kläger kann von den Beklagten als Gesamtschuldner nach § 7 StVG, § 115 VVG, § 249 BGB Schadenersatz in Form von offenstehenden Anwaltsgebühren in der zuerkannten Höhe verlangen.
Bei der Geltendmachung der Schmerzensgeldansprüche des Klägers handelte es sich im Verhältnis zur Geltendmachung der Ansprüche des Arbeitgebers des Klägers um eine eigene Angelegenheit, die entsprechend abgerechnet worden ist. Die verschiedenen Gegenstände gehören bei objektiver Betrachtung und unter Berücksichtigung des der anwaltlichen Tätigkeit nach dem Inhalt des Auftrags erstrebten Erfolg nicht zusammen. Die Zeugin hat widerspruchsfrei und, was den Umfang ihres Erinnerungsvermögens betrifft, anhand der Lebenserfahrung gut nachvollziehbar dargelegt, dass eine eigenständige telefonische Beauftragung durch den Kläger stattgefunden hat. Allein der Umstand, dass es sich um eine Angestellte der klägerischen Prozessbevollmächtigten handelt, gibt keinen Anlass zu der Annahme, dass ihre Angaben unzutreffend sind. Entsprechendes gilt für die Frage der Authenzität des Aktenvermerks. Das Vorbringen zur telefonischen Besprechung mit dem Kläger, in der es ausschließlich um Schmerzensgeldansprüche des Klägers ging, ist unwidersprochen geblieben.
Mitgeteilt von Rechtsanwalt Günter Grüne, Schweinfurt
3 Anmerkung
Es entspricht inzwischen einhelliger Rspr., dass mehrere bei einem Verkehrsunfall Geschädigte nicht verpflichtet sind, einen Anwalt gemeinsam zu beauftragen, sondern dass jeder ein eigenes Mandat erteilen darf. Dies gilt sogar dann, wenn es sich bei den Geschädigten um Eheleute handelt oder Elternteil und minderjähriges Kind.
Erst recht muss dies gelten, wenn der Arbeitgeber Sachschaden geltend macht und der Arbeitnehmer Schmerzensgeldansprüche.
Würde man hier vom Arbeitnehmer verlangen, dass er mit dem Arbeitgeber ein gemeinsames Mandat erteilt, hätte dies zur Folge, dass der Arbeitgeber nicht nur über den aktuellen Gesundheitszustand seines Arbeitnehmers Informationen erhält, sondern u.U. auch zur Krankenvorgeschichte. Dass man einem Arbeitgeber nicht zumuten kann, solche Informationen seinem Arbeitgeber zugänglich zu machen, dürfte auf der Hand liegen.
Norbert Schneider
AGS 6/2019, S. 264 - 265