FamGKG § 50 Abs. 1 S. 1; VersausglG § 6
Leitsatz
Der Gegenstandswert des Versorgungsausgleichs in einer Verbundentscheidung ist auch bei dessen Ausschluss durch notariellen Vertrag jedenfalls dann regulär nach § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG zu berechnen, wenn vor der Wirksamkeitsprüfung alle Versorgungsauskünfte eingeholt und eine vorläufige Berechnung des Versorgungsausgleichs vorgenommen wird.
OLG Stuttgart, Beschl. v. 23.5.2019 – 11 WF 79/19
1 Sachverhalt
Die Antragstellervertreterin hat aus eigenem Recht Beschwerde gegen die Verfahrenswertfestsetzung des FamG eingelegt, soweit der Versorgungsausgleich betroffen ist.
Am 14.12.2018 reichte die Antragstellerin einen Scheidungsantrag ein, wobei diesem als Anlage eine notarielle Scheidungsfolgenvereinbarung beigefügt war, in der u.a. der Versorgungsausgleich ausgeschlossen wurde. Trotz dieser notariellen Vereinbarung hat das FamG in der Folge bezüglich aller neun Versorgungsanwartschaften beider Ehegatten Auskünfte der Versorgungsträger eingeholt und eine vorläufige Berechnung des Versorgungsausgleichs angefertigt. Im Termin wurde dann die Verbundentscheidung verkündet, wobei bezüglich des Versorgungsausgleichs festgestellt wurde, dass ein solcher nicht durchgeführt wird.
Durch den angefochtenen Verfahrenswertbeschluss vom gleichen Tag hat das FamG den Verfahrenswert ausgehend von dem addierten monatlichen Nettoeinkommen der Ehegatten i.H.v. 6.500,00 EUR abzüglich eines Freibetrages für zwei Kinder i.H.v. 500,00 EUR für die Ehesache auf 18.000,00 EUR und für den Versorgungsausgleich auf 1.000,00 EUR festgesetzt. Die Reduzierung des Verfahrenswerts bezüglich Versorgungsausgleich auf den Mindestbetrag wird damit begründet, dass der Versorgungsausgleich aufgrund der notariellen Vereinbarung der Beteiligten keinen besonderen Aufwand erfordert habe, weshalb es der Billigkeit entspreche, von einer regelrechten Festsetzung des Verfahrenswertes abzusehen.
Gegen diesen Beschluss, der der Antragstellervertreterin formlos zugestellt wurde, legte sie sofortige Beschwerde mit dem Antrag ein, den Verfahrenswert für den Versorgungsausgleich gem. § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG auf 16.200,00 EUR und damit den Gesamtstreitwert auf 34.200,00 EUR festzusetzen.
2 Aus den Gründen
Die sofortige Beschwerde ist gem. §§ 59 Abs. 1, 55 Abs. 3 S. 2 FamGKG statthaft und zulässig, sie wurde insbesondere fristgerecht eingelegt.
In der Sache hat die Streitwertbeschwerde der Antragstellervertreterin Erfolg. Die Frage, in welcher Höhe ein Streitwert für den Versorgungsausgleich festzusetzen ist, wenn dieser in der Verbundentscheidung ausgeschlossen wird, weil die Beteiligten diesen in einer notariellen Vereinbarung ausgeschlossen haben, wird von den Oberlandesgerichten nicht einheitlich beantwortet. Nach einer Entscheidung des OLG Hamburg (FamRZ 2011, 1813 [= AGS 2011, 390]) ist der Verfahrenswert für eine Folgesache Versorgungsausgleich gem. § 50 Abs. 3 FamGKG herabzusetzen, wenn der Ausgleichswert und der im Verfahren aufgewandte Zeitaufwand gering sind und mehrere Versorgungen wegen Geringfügigkeit nicht berücksichtigt werden, sodass der gem. § 50 Abs. 1 FamGKG regelrecht berechnete Wert unverhältnismäßig hoch wäre. Nach dem OLG Koblenz (FamRZ 2014, 1809 [= AGS 2014, 239]) kann es der Billigkeit entsprechen, von einer regelgerechten Festsetzung des Verfahrenswertes in der Folgesache Versorgungsausgleich abzusehen und es beim Mindestwert nach § 50 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 FamGKG zu belassen, soweit die Prüfung der Feststellung, dass ein Versorgungsausgleich aufgrund einer nach §§ 6, 8 VersAusglG bindenden Vereinbarung der Ehegatten nicht stattfindet. Dagegen hat das OLG Celle (FamRZ 2010, 2103 [= AGS 2010, 397]) entschieden, dass für den Versorgungsausgleich auch dann ein Verfahrenswert festzusetzen ist, wenn die Ehegatten den Versorgungsausgleich durch Vereinbarung ausgeschlossen haben und der Verfahrenswert auch in diesem Fall nach § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG und nicht nach dem Mindestwert des § 50 Abs. 1 S. 2 FamGKG festzusetzen ist.
Der Senat schließt sich im konkreten Fall der letztgenannten Entscheidung des OLG Celle an. Hier hat das FamG, obwohl bereits bei Einreichung des Scheidungsantrags der notarielle Vertrag mit dem Ausschluss des Versorgungsausgleichs beigefügt war, bezüglich aller 9 Anrechte der Ehegatten die Auskünfte bei den betroffenen Versorgungsträgern eingeholt und eine vorläufige Berechnung des Versorgungsausgleichs vorgenommen, die der Terminsverfügung beigefügt wurde. Damit hat das Gericht den gleichen Aufwand getrieben, wie wenn der Versorgungsausgleich durchgeführt worden wäre. Anschließend hat das Gericht dadurch weiteren Aufwand betrieben, dass es gem. § 6 Abs. 2 VersAusglG pflichtgemäß geprüft hat, ob unter Berücksichtigung des rechnerischen Ergebnisses des Versorgungsausgleichs bezüglich des notariellen Ausschlusses Wirksamkeits- und Durchsetzungshindernisse bestehen. Damit ist der Aufwand, den das FamG betreiben musste, durch den notariellen Ausschluss des Versorgungsausgleichs jedenfalls nicht geringer als bei dessen Durchführung, s...