ZPO §§ 3, 5, 9
Leitsatz
- Der 3½fache Jahreswert der Beschwer des zur Räumung eines Mietobjekts verurteilten Beklagten richtet sich nach der vereinbarten Miete und nicht nach einem etwaig höheren objektiven Mietwert.
- Der auf Feststellung des Fortbestehens des Mietverhältnisses gerichteten Widerklage kommt demgegenüber kein eigener Beschwerdewert zu.
BGH, Beschl. v. 4.2.2020 – VIII ZR 16/19
1 Aus den Gründen
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer die in § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO vorgegebene Wertgrenze von mehr als 20.000,00 EUR nicht erreicht. Die (Rechtsmittel-)Beschwer der zur Räumung und Herausgabe des angeblich angemieteten Anwesens verurteilten Beklagten beträgt angesichts der "vereinbarten" Miete von monatlich 364,00 EUR (nur) 15.288,00 EUR (42 x 364,00 EUR).
1. Nach der ständigen Rspr. des Senats ist der Wert der Beschwer bei einem Streit über das Bestehen eines Mietverhältnisses, dessen Dauer unbestimmt ist, nach dem dreieinhalbfachen Jahresbetrag der Nettomiete (§§ 8, 9 ZPO) zu bemessen (vgl. nur Senatsbeschl. v. 6.2.2018 – VIII ZR 273/17, WuM 2018, 221 Rn 2; v. 26.9.2018 – VIII ZR 290/18, NJW-RR 2019, 72 Rn 10; jeweils m.w.N.).
Die der Berechnung der Beschwer zugrunde liegende Nettomiete richtet sich danach, welche Miete der auf Räumung in Anspruch genommene Mieter nach dem von ihm behaupteten Mietvertrag zu entrichten hat. Ein etwaiger höherer objektiver Mietwert oder eine höhere fiktive Marktmiete ist für die Beurteilung ohne Bedeutung (Senatsbeschl. v. 11.2.2014 – VIII ZR 214/13, WuM 2014, 219 Rn 2 [= AGS 2014, 279]; v. 23.3.2016 – VIII ZR 26/16, WuM 2016, 305 Rn 9; v. 17.1.2017 – VIII ZR 178/16, WuM 2017, 162 Rn 4; v. 6.2.2018 – VIII ZR 273/17, a.a.O., Rn 4).
Danach kann – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts im Nichtabhilfebeschluss zur Streitwertbeschwerde – nicht auf einen "objektiven Nutzungswert" des Anwesens von monatlich 500,00 EUR abgestellt werden, weil die ausweislich des (behaupteten) Mietvertrags vereinbarte Miete von 364,00 EUR die "Marktgegebenheiten" nicht widerspiegele. Vielmehr ist nach Vorstehendem die nach diesem Mietvertrag zu entrichtende Miete maßgebend.
2. Der auf Feststellung des Fortbestehens des Mietverhältnisses gerichteten Widerklage ist kein eigener Beschwerdewert beizumessen.
Aufgrund der wirtschaftlichen Identität der Streitgegenstände von Klage und Widerklage scheidet eine Zusammenrechnung der Werte für die Rechtsmittelbeschwer der in beider Hinsicht unterlegenen Beklagten aus (vgl. BGH, Urt. v. 29.9.1994 – XII ZR 50/94, NJW 1994, 3292 unter 3a; Beschl. v. 22.5.2002 – VIII ZR 49/02, juris Rn 4; v. 10.7.2014 – V ZR 322/13, juris Rn 10). Die Frage des Bestehens des im Rahmen der Widerklage festzustellenden Mietverhältnisses war vorliegend auch bezüglich des Herausgabeanspruchs der Klägerin zu prüfen, so dass der gleiche Streitstoff vorliegt (vgl. hierzu BGH, Beschl. v. 2.11.2005 – XII ZR 137/05, NZM 2006, 138 Rn 16).
AGS 6/2020, S. 286 - 287