FamGKG § 42
Leitsatz
- Wird im Wege der Vermögensauseinandersetzung vereinbart, dass ein Ehegatte den ½-Miteigentumsanteil des anderen Ehegatten gegen Zahlung eines Ausgleichsbetrags sowie Freistellung der gemeinsamen Verbindlichkeiten hinsichtlich des Grundstücks übernimmt, richtet sich der Gegenstandswert nach dem hälftigen Verkehrswert ohne Abzug der Verbindlichkeiten.
- Wird der Anwalt darüber hinaus auch beauftragt, die Haftentlassung im Außenverhältnis gegenüber der Gläubigerbank herbeizuführen, ist insoweit ein weiterer Gegenstandswert gegeben. Dieser Wert richtet sich nach der Wahrscheinlichkeit, ungeachtet der internen Freistellungsvereinbarung im Außenverhältnis in Anspruch genommen zu werden.
OLG Hamm, Urt. v. 27.7.2018 – I-33 U 2/18
1 Sachverhalt
Die klagende Anwältin hatte den Beklagten außergerichtlich anlässlich der Trennung zur Auseinandersetzung des gemeinsamen Immobilienvermögens vertreten. Die Immobilie hatte einen Verkehrswert i.H.v. 525.000,00 EUR und war mit gesamtschuldnerischen Darlehen der Eheleute i.H.v. 235.000,00 EUR belastet. Es wurde sodann eine Trennungsvereinbarung geschlossen, wonach der Ehemann seinen ½-Miteigentumsanteil an die Ehefrau übertrug. Die Ehefrau verpflichtete sich, den Beklagten im Innenverhältnis von den bestehenden Darlehensverpflichtungen freizustellen und zahlte i.Ü. eine Ausgleichssumme. Des weiteren wurde noch ein Darlehn i.H.v. 5.000,00 EUR bei den Schwiegereltern des Beklagen abgewickelt. Die Klägerin wurde sodann auch gegenüber dem darlehensgewährenden Kreditinstitut tätig und erreichte auch die Haftentlassung im Außenverhältnis. Daraufhin rechnete die Anwältin für ihre Tätigkeit eine Geschäftsgebühr ab. Den Gegenstandswert ermittelte sie aus den Einzelwerten für die Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils der Immobilie i.H.v. 262.500,00 EUR, der Haftentlassung aus dem gemeinschaftlichen Darlehen i.H.v. 235.000,00 EUR sowie der Regelung Darlehensangelegenheit gegenüber den Schwiegereltern i.H.v. 5.000,00 EUR.
Der Beklagte wandte ein, der Gegenstandwert zu hoch angesetzt. Eine mit der Übertragung des Miteigentums einhergehende Haftentlassung aus dem gemeinschaftlichen Darlehen könne nicht werterhöhend erfasst werden. Insoweit handele es sich lediglich um eine Regelung der Zahlungsmodalitäten.
Eine Einigungsgebühr stehe der Klägerin nicht zu. Dem Mandat habe nicht eine einvernehmliche Regelung der Scheidungsfolgen zugrunde gelegen, sondern die Veräußerung des Miteigentumsanteils des Beklagten. Die Miteigentumsgemeinschaft als solche sei nicht streitig oder ungewiss gewesen. Die Regelung zur Grundstücksübertragung enthalte ausschließlich die einvernehmliche Regelung einer freiwilligen Umgestaltung einer bestehenden Rechtslage zwischen dem Beklagten als Veräußerer und dem Lebensgefährten der Ehefrau als Erwerber. Weitergehende Regelungen zwischen den damaligen Eheleuten seien nicht Teil der notariellen Regelung gewesen.
Das LG hatte der Klage insoweit stattgegeben. Auf die Berufung hin hat das OLG die Geschäftsgebühr nur nach einem geringeren Gegenstandswert zugesprochen.
2 Aus den Gründen
…
bb) Die Vergütung bemisst sich nach einem Gegenstandswert von bis zu 350.000,00 EUR.
Der Gegenstandswert bestimmt sich gem. § 23 Abs. 1 S. 3 RVG nach den Vorschriften des FamGKG, da der Gegenstand der Tätigkeit auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte. Er setzt sich gem. § 22 Abs. 1 RVG aus den Werten der Einzelgegenstände wie folgt zusammen:
Der Wert der Übertragung des hälftigen Miteigentums bestimmt sich gem. § 42 Abs. 1 FamGKG nach billigen Ermessen. Ausgehend von einem Wert der Immobilie i.H.v. 525.000,00 EUR ist für die Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils des Beklagten der hälftige Wert der Immobilie i.H.v. 262.500,00 EUR anzusetzen.
Für die Haftentlassung aus dem gesamtschuldnerischen Darlehen der Eheleute mit einer Valuta i.H.v. 235.000,00 EUR ist nach billigen Ermessen gem. § 42 Abs. 1 FamGKG ein Gegenstandswert i.H.v. 47.000,00 EUR anzusetzen.
Die Haftentlassung ist nicht lediglich Teil der Gegenleistung für die Übertragung des hälftigen Miteigentums, die durch den Grundstückswert erfasst und nicht werterhöhend zu berücksichtigen wäre.
Teil der Gegenleistung ist im Innenverhältnis der Vertragsparteien die Übernahme der Verpflichtung aus dem Darlehen bzw. Freistellung. Hiervon unberührt ist die Haftung im Außenverhältnis, die nur mit Zustimmung der Gläubigerbank beendet werden kann. Die Haftentlassung ist daher ein eigener Gegenstand, dem ein Wert beizumessen ist.
Ohne Haftentlassung aus dem Darlehen hätte der Beklagte weiterhin im Außenverhältnis für die gesamten Darlehensverbindlichkeiten i.H.v. 235.000,00 EUR einstehen müssen. Er hatte somit ein vitales Interesse daran, aus der bestehenden Haftung im Außenverhältnis entlassen zu werden.
Der Wert kann grds. mit dem Betrag der möglichen Inanspruchnahme bemessen werden. Er ist jedoch niedriger zu schätzen, wenn eine künftige Inanspruchnahme ausgeschlossen erscheint (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 32. Aufl., § 3 Rn 16). Letzteres ist hier de...