ZPO § 802b; GvKostG-KostVerz. Nr. 208
Leitsatz
- Erhält der Gerichtsvollzieher den Auftrag, gem. § 802a Abs. 2 S. 2 Nr. 2 oder Nr. 4 ZPO im Wege der Zwangsvollstreckung tätig zu werden, dann beinhaltet das jedenfalls dann zugleich den Auftrag zum Versuch der gütlichen Einigung, wenn der Gläubiger dies in seiner Beauftragung nicht ausdrücklich ausgeschlossen hat.
- Bestimmt der Gerichtsvollzieher Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft und fordert er den Schuldner in demselben Schreiben nicht nur zur Vollzahlung binnen zwei Wochen auf, § 802f Abs. 1 ZPO, sondern bietet er ihm die Möglichkeit an, einen Zahlungsaufschub zu gewähren oder in Raten zu zahlen, dann fällt die Gebühr nach Nr. 208 GvKostG-KostVerz. an.
- Dabei ist es gleichgültig, ob der Gerichtsvollzieher den Schuldner aufsucht oder schriftlich kontaktiert. Der Gebührentatbestand enthält eine pauschale Abgeltung seiner Bemühungen.
OLG Köln, Beschl. v. 11.10.2019 – 17 W 89/19
1 Sachverhalt
Die Gläubigerin betrieb die Zwangsvollstreckung gegen die Schuldnerin. In ihrem Ersuchen beauftragte sie den Obergerichtsvollzieher, einen Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft zu bestimmen und die Schuldnerin zu laden. Mit der Einziehung von Teilbeträgen erklärte sich die Gläubigerin gleichzeitig unter der Bedingung einverstanden, dass die Forderung voraussichtlich binnen zwölf Monaten getilgt würde, § 802b Abs. 2 ZPO. Die Schuldnerin wurde durch den Obergerichtsvollzieher schriftlich geladen. Darin wurde ihr die Möglichkeit gegeben, binnen zwei Wochen Zahlung zu leisten. Zugleich wurde ihr mitgeteilt, dass Vollstreckungsaufschub gewährt oder Tilgung durch Ratenzahlung gestattet werden könne. Noch am selben Tage zahlte die Schuldnerin die komplette Forderung nebst Kosten auf das Dienstkonto des Obergerichtsvollziehers ein.
In seiner Kostenrechnung setzte dieser eine Gebühr nach Nr. 208 GvKostG-KostVerz. i.H.v. 8,00 EUR nebst anteiliger Auslagenpauschale über 1,60 EUR an. Hiergegen hat sich der Bezirksrevisor mit seiner Erinnerung gewandt. Der Obergerichtsvollzieher hat dieser nicht abgeholfen und sie dem zuständigen AG vorgelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, das Angebot einer Ratenzahlung gem. § 802b ZPO in der Ladung zur Abgabe der Vermögensauskunft reiche bereits für die Entstehung der Gebühr nach Nr. 208 GvKostG-KostVerz. aus.
Das AG hat die Erinnerung zurückgewiesen. Es hat ebenfalls die Ansicht vertreten, auch die mit der Ladung zur Abgabe der Vermögensauskunft bloß formell ausgesprochene Zahlungsaufforderung verbunden mit dem Hinweis auf die Möglichkeit einer gütlichen Erledigung der Sache i.S.v. § 802b ZPO sei für die Entstehung der in Rede stehenden Gebühr ausreichend. Die Gläubigerin habe in ihrer Beauftragung ihr Einverständnis mit der Tilgung der Forderung in Raten erklärt gehabt. Trotz sofortiger Vollzahlung sei die Gebühr deshalb entstanden.
Hiergegen hat sich der Bezirksrevisor unter Aufrechterhaltung seines Rechtsstandpunktes mit seiner vom AG zugelassenen Beschwerde gewandt. Er ist der Ansicht, dass bei Vollzahlung binnen der gewährten Frist die in Rede stehende Gebühr nicht entstehen könne. So sehe § 59 GvGA vor, dass der Gerichtsvollzieher vor Beginn des Verfahrens auf Abnahme der Vermögensauskunft den Schuldner zur Zahlung der zu vollstreckenden Forderung aufzufordern habe. In Abs. 2 S. 1 der genannten Vorschrift heiße es zudem: "Die Vorschrift des § 802f Abs. 1 S. 1 ZPO, … bleiben hiervon unberührt." Des Weiteren sei der BT-Drucks 16/10069, 24 ff., zu entnehmen, dass der Gesetzgeber davon ausgehe, dass ein gewährter Zahlungsaufschub (Vereinbarung eines Zahlungsziels bzw. einer Ratenzahlung) eine bereits begonnene Zwangsvollstreckung unterbreche. Entscheidend sei damit die Beantwortung der Frage, ob eine Vollzahlung durch den Schuldner auf die per Zwangsvollstreckung beizutreibende Forderung innerhalb der in § 802f Abs. 1 S. 1 ZPO vorgegebenen zweiwöchigen gesetzlichen Zahlungsfrist bereits als Versuch einer gütlichen Erledigung gesehen werden könne und damit die in Rede stehende Gebühr ausgelöst werde.
Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem LG vorgelegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Vollzahlung binnen der zweiwöchigen Zahlungsfrist stehe dem Gebührenanfall nicht entgegen, da die Vollzahlung nach Zahlungsaufforderung die umfassendste Art der gütlichen Erledigung darstelle.
Das LG hat die Beschwerde des Bezirksrevisors zurückgewiesen und dies damit begründet, der Obergerichtsvollzieher habe die Schuldnerin in seinem Anschreiben nicht lediglich i.S.d. § 802f Abs. 1 S. 1 ZPO zur Zahlung aufgefordert, sondern er habe dieser – schon vor der Vollzahlung – die Möglichkeit einer gütlichen Einigung durch Vollstreckungsaufschub oder Ratenzahlung binnen eines Zeitraums von 12 Monaten angeboten gehabt. Darin sei bereits ein Versuch zur gütlichen Einigung zu sehen, die der später erfolgten Vollzahlung vorausgegangen sei.
Hiergegen richtet sich der Bezirksrevisor mit seiner vom LG zugelassenen weiteren Beschwerde. Dieser hat es nicht abgeholfen und die Sache...