GKG § 48 Abs. 1 S. 1; ZPO § 3
Leitsatz
Der Wert eines Rechtsstreits über die Wirksamkeit eines Prozessvergleichs bestimmt sich grundsätzlich nicht nach dem Wert des Vergleichs, sondern nach dem Wert der ursprünglich gestellten Anträge. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Anfechtung des Vergleichs den Rechtsstreit nicht auf den ursprünglichen Streitstand zurückführt, sondern einen bereits erzielten Teilerfolg bestehen lässt. Dann kommt es auf das noch verbleibende Interesse an.
BGH, Beschl. v. 9.10.2019 – IV ZR 171/18
1 Sachverhalt
Die Parteien sind Geschwister und haben in dem zugrunde liegenden Rechtsstreit wechselseitig erbrechtliche Ansprüche geltend gemacht.
Klage und Widerklage hatten erstinstanzlich nur teilweise Erfolg. Nachdem beide Parteien Berufung eingelegt hatten, schlossen sie vor dem Berufungsgericht einen Vergleich. Dieser sah im Wesentlichen vor, dass der Kläger an die Beklagte 8.000,00 EUR zahlt, die Kontoguthaben der Mutter hälftig an die Parteien ausgezahlt werden und die Erbengemeinschaften nach dem Großvater, der Großmutter und der Mutter der Parteien mit diesem Vergleich auseinandergesetzt sind.
Die Beklagte hat anschließend die Anfechtung des Vergleichs erklärt sowie dessen Sittenwidrigkeit geltend gemacht und beantragt, das Berufungsverfahren fortzusetzen. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Rechtsstreit aufgrund des Vergleichs beendet worden ist. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten hat der Senat zurückgewiesen und den Streitwert auf bis 65.000,00 EUR festgesetzt. Hiergegen hat die Beklagte Gegenvorstellung gegen die Streitwertfestsetzung erhoben und zuletzt eine Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren auf 28.536,32 EUR angeregt.
2 Aus den Gründen
Die Gegenvorstellung ist begründet. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren ist auf die Wertstufe bis 30.000,00 EUR festzusetzen.
1. Der Wert eines Rechtsstreits über die Wirksamkeit eines Prozessvergleichs bestimmt sich grds. nicht nach dem Wert des Vergleichs, sondern nach dem Wert der ursprünglich gestellten Anträge (BGH, Beschl. v. 19.9.2012 – V ZB 56/12, NJW 2013, 470 Rn 5 [= AGS 2012, 570]; v. 8.2.2007 – V ZR 160/06, juris Rn 4). Etwas anderes gilt nur, wenn die Anfechtung des Vergleichs den Rechtsstreit nicht auf den ursprünglichen Streitstand zurückführt, sondern einen bereits erzielten Teilerfolg bestehen lässt. Dann kommt es auf das noch verbleibende Interesse an (BGH, Beschl. v. 19.9.2012, a.a.O.; vgl. BGH, Beschl. v. 8.2.2007, a.a.O., Rn 4 f.).
2. Die Beklagte hat mit dem Vergleich hinsichtlich der Zahlung des Klägers i.H.v. 8.000,00 EUR einen Teilerfolg erzielt, den sie mit der Anfechtung des Vergleichs nicht in Frage stellen will. Ziel ihrer Anfechtung ist es, einen darüber hinausgehenden Betrag von 28.536,32 EUR zu erlangen, nachdem sie im Berufungsverfahren ihren Gesamtanspruch gegen den Kläger zuletzt mit 36.536,32 EUR beziffert hat.
AGS 6/2020, S. 284 - 285