§ 14 RVG; Nr. 4114 VV RVG
Leitsatz
Zur Bemessung der Terminsgebühr für den Wahlanwalt für einen Hauptverhandlungstermin bei der Strafkammer.
OLG Oldenburg, Beschl. v. 12.2.2021 – 1 Ws 41/21
I. Sachverhalt
Das LG hatte den ehemaligen Angeklagten vom Vorwurf des gemeinschaftlichen (versuchten) Diebstahls in drei Fällen freigesprochen. Die notwendigen Auslagen des Angeklagten sind der Staatskasse auferlegt worden.
Der Verteidiger des Angeklagten hat die Festsetzung und Erstattung der notwendigen Auslagen für den früheren Angeklagten beantragt. Dabei hat er u.a. jeweils eine Terminsgebühr nach Nr. 4114 VV für einen Hauptverhandlungstermin am 17.12.2019 i.H.v. 288,00 EUR, für einen Hauptverhandlungstermin am 28.1.2020 i.H.v. 256,00 EUR und für einen Hauptverhandlungstermin am 6.2.2020 i.H.v. 288,00 EUR beantragt und – nach Abzug bereits erhaltener Pflichtverteidigergebühren – Gebühren und Auslagen i.H.v. (noch) insgesamt 9.796,89 EUR geltend gemacht.
Der Bezirksrevisor beim LG hat die Festsetzung jeweils einer Terminsgebühr lediglich i.H.v. 230,00 EUR, 200,00 EUR sowie von 160,00 EUR für die genannten Hauptverhandlungstermine als angemessen angesehen. Dementsprechend hat das LG lediglich noch 9.508,91 EUR festgesetzt. Dagegen hat der Rechtsanwalt sofortige Beschwerde eingelegt, die beim OLG keinen Erfolg hatte.
II. Allgemeine Erwägungen für die Gebührenbestimmung
1. Gesetzliche Regelung
Das OLG verweist auf § 14 Abs. 1 RVG. Danach bestimmt der Rechtsanwalt die Höhe der Wahlverteidigergebühren unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen (§ 14 Abs. 1 S. 1 RVG). Sei die Gebühr von einem Dritten, wie vorliegend von der Staatskasse, zu erstatten, so sei die vom Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nur dann nicht verbindlich und abänderbar, wenn sie unbillig sei (§ 14 Abs. 1 S. 4 RVG). Nach ganz h.A. liege ein Fall der Unbilligkeit erst dann vor, wenn die von dem Rechtsanwalt bestimmte Gebühr die von dem Gericht für angemessen erachtete um mehr als 20 % überschreite; eine Überschreitung um bis zu 20 % in der Regel sei zu tolerieren (statt vieler OLG Koblenz, Beschl. v. 10.9.2007 –1 Ws 191/07).
2. Bestimmung der Terminsgebühren
Bei der Bemessung der Terminsgebühr für einen Hauptverhandlungstermin sei, da durch sie der zeitliche Aufwand vergütet werden soll, den der Rechtsanwalt durch die Teilnahme an diesem Termin habe, die zeitliche Dauer der Hauptverhandlung von ganz erheblicher Bedeutung. Auszugehen sei grds. von der Mittelgebühr. Bei der Bemessung könne sich der Wahlanwalt an den Grenzen der Längenzuschläge Nrn. 4110, 4111 VV orientieren. Unter deren Berücksichtigung werde eine Hauptverhandlungsdauer von mehr als fünf bis acht Stunden eine erheblich über die Mittelgebühr hinausgehende Terminsgebühr rechtfertigen. Werde mehr als acht Stunden verhandelt, sei auf jeden Fall die Höchstgebühr gerechtfertigt (vgl. Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 24. Aufl., VV 4112 bis 4117 Rn 5 i.V.m. VV 4108 bis 4111 Rn 18). Demgegenüber seien Terminsgebühren regelmäßig nur unterhalb der Mittelgebühr anzuerkennen, wenn der Termin für die jeweils betroffene Gerichtsinstanz außergewöhnlich kurz sei. So rechtfertige eine unterdurchschnittliche Dauer der Hauptverhandlung als Bemessungskriterium "Umfang der Anwaltstätigkeit" und sonstiger durchschnittlicher Bemessungskriterien die Unterschreitung der Mittelgebühr der Terminsgebühr als Rahmengebühr auf bis zu 1/4 des Gebührenrahmens. Hauptverhandlungen beim Amtsgericht sollen – wenn überhaupt – erst ab einer Dauer von etwa 40 Minuten die Mittelgebühr rechtfertigen (vgl. Gerold/Schmidt/Mayer, a.a.O., § 14 Rn 44 m.w.N.). Hauptverhandlungen vor der großen Strafkammer sollen dagegen selbst bei dreistündiger Dauer eher einen unterdurchschnittlichen und erst um die Dauer von fünf Stunden einen durchschnittlichen Umfang ausmachen (vgl. OLG Hamm RVGreport 2015, 29; Beschl. v. 24.1.2008 – 4 Ws 528/07).
III. Bemessung im Einzelnen
Auf der Grundlage dieser Maßstäbe hat das OLG die Höhe der vom LG festgesetzten Terminsgebühr nicht beanstandet.
1. Der Hauptverhandlungstermin am 17.12.2019 habe nur 41 Minuten gedauert und habe die Vernehmung eines einzigen Zeugen zum Gegenstand. Die zeitliche Inanspruchnahme des Verteidigers für die Dauer der Hauptverhandlung einschließlich deren Vor- und Nachbereitung sowie die inhaltliche Auseinandersetzung mit einer einzigen Zeugenaussage hätten nur einen geringen Bruchteil eines durchschnittlichen Hauptverhandlungstermins vor einer großen Strafkammer ausgemacht, sodass die Herabsetzung der Mittelgebühr von 320,00 EUR um gut ein Viertel auf 230,00 EUR angemessen und ausreichend erscheine (vgl. OLG Hamm RVGreport 2015, 29).
2. Das gelte entsprechend für den Hauptverhandlungstermin am 28.1.2020, welcher nur 36 Minuten gedauert habe und ebenfalls die Vernehmung eines einzigen Zeugen zum Inhalt gehabt habe. In den verbleibenden neun Minuten der Hauptverhandlung sei ein Blatt aus der Personenakte des frühe...