1. Lösung zu Fall 1
I. Anwendbares Recht
Maßgeblich für die Berechnung der Anwaltsvergütung des Prozessbevollmächtigten des Beklagten ist die am 1.1.2021 in Kraft getretene Fassung des RVG. Der Kläger hat nämlich seinen Prozessbevollmächtigten nach Inkrafttreten des KostRÄG 2021 mit der Prozessvertretung beauftragt (§ 60 Abs. 1 S. 1 RVG). Ferner hat der Kläger seinen Prozessbevollmächtigten im Termin zur mündlichen Verhandlung jedenfalls stillschweigend beauftragt, Vergleichsgespräche auch hinsichtlich der nicht rechtshängigen Kaufpreisforderung zu führen und ggf. hierüber einen Vergleich abzuschließen. Auch diesen Auftrag hat der Kläger nach dem 31.12.2020 erteilt.
II. Umfang des Auftrags
Welche Gebühren dem Klägervertreter zustehen, ergibt sich aus der auftragsgemäß entfalteten Tätigkeit des Rechtsanwalts. Dieser Auftrag erstreckte sich sowohl auf die eingeklagte Forderung als auch auf die ebenfalls in den Vergleich einbezogene Kaufpreisforderung. Demgegenüber ist sein Vergütungsanspruch nicht davon abhängig, dass das Prozessgericht seinen Vergleichsvorschlag auf die Klageforderung beschränkt hat. Deshalb kann der Rechtsanwalt auch diejenigen Gebühren und Auslagen berechnen, die für seine Tätigkeit hinsichtlich der nicht rechtshängigen Kaufpreisforderung angefallen sind.
III. Vergütung
1. Verfahrensgebühren
Für das Betreiben des Geschäfts (s. Vorbem. 3 Abs. 2 VV) erhält der Rechtsanwalt eine Verfahrensgebühr. Da er u.a. die Klageschrift eingereicht und den Verhandlungstermin wahrgenommen hat (s. Nr. 3101 Nr. 1 VV), ist die Verfahrensgebühr hinsichtlich der rechtshängigen Klageforderung. i.H.v. 12.000,00 EUR mit einem Gebührensatz von 1,3 angefallen. Ferner hat der Rechtsanwalt vor Gericht auch (hier sogar erfolgreiche) Verhandlungen über die nichtrechtshängige Kaufpreisforderung i.H.v. 8.000,00 EUR geführt. Hierfür ist ihm nach Nr. 3101 Nr. 2 VV nach diesem Gegenstandswert eine 0,8-Verfahrensgebühr entstanden. Bei der Berechnung der beiden Verfahrensgebühren ist die Gebührenbegrenzung nach § 15 Abs. 3 RVG zu beachten.
2. Terminsgebühr
Für die Wahrnehmung des gerichtlichen Termins (s. Vorbem. 3 Abs. 3 S. 1 VV) ist dem Rechtsanwalt nach dem Wert der rechtshängigen Klageforderung i.H.v. 12.000,00 EUR eine 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV entstanden. Außerdem hat der Rechtsanwalt Verhandlungen über die in diesem Rechtsstreit nicht rechtshängige Kaufpreisforderung i.H.v. 8.000,00 EUR geführt, sodass ihm die Terminsgebühr nach Abs. 2 der Anm. zu Nr. 3104 VV nach diesem Betrag angefallen ist. Gem. § 15 Abs. 1 RVG ist dem Anwalt eine einheitliche Terminsgebühr nach der Summe der Einzelgegenstandswerte, mithin nach einem Wert von 20.000,00 EUR erwachsen.
3. Einigungsgebühren
Für die Mitwirkung beim Abschluss des Einigungsvertrags hinsichtlich der rechtshängigen Klageforderung i.H.v. 12.000,00 EUR ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers nach Nrn. 1000, 1003 VV eine 1,0-Einigungsgebühr angefallen. Hinsichtlich der nicht rechtshängigen Kaufpreisforderung. i.H.v. 8.000,00 EUR ist die Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV mit einem Gebührensatz von 1,5 entstanden. Ebenso wie bei der Verfahrensgebühr ist auch hier die Gebührenbegrenzung nach § 15 Abs. 3 RVG zu beachten.
4. Auslagen
Daneben hat der Rechtsanwalt einen Anspruch auf die Postentgeltpauschale nach Nr. 7002 VV i.H.v. 20,00 EUR und auf 19 % Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV.
5. Kostenberechnung
Somit erstellt der Prozessbevollmächtigte des Klägers seinem Mandanten folgende Kostenberechnung:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
865,80 EUR |
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(Wert: 12.000,00 EUR) |
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2. |
0,8-Verfahrensgebühr, Nrn. 3101, 3101 Nr. 2 VV |
401,60 EUR |
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(Wert: 8.000,000 EUR) |
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zu 1. und 2. gem. § 15 Abs. 3 RVG |
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nicht mehr als eine |
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1,3-Verfahrensgebühr |
1.068,60 EUR |
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(Wert: 20.000,00 EUR) |
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3. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
986,40 EUR |
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(Wert: 20.000,00 EUR) |
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4. |
1,0-Einigungsgebühr, Nrn. 1000, 1003 VV |
666,00 EUR |
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(Wert: 12.000,00 EUR) |
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5. |
1,5 Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV |
753,00 EUR |
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(Wert: 8.000,00 EUR) |
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zu 4. und 5. gem. § 15 Abs. 3 RVG |
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nicht mehr als eine |
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1,5-Einigungsgebühr |
1.233,00 EUR |
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(Wert: 20.000 EUR) |
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6. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
7. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
628,52 EUR |
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Gesamt |
3.936,52 EUR |
2. Lösung zu Fall 2
I. Gesetzliche Vergütung
1. Keine Geschäftsgebühr
Dem Rechtsanwalt steht für den Entwurf des gemeinschaftlichen Testaments und die vorhergehende und möglicherweise auch nachfolgende Beratung der Eheleute über den Inhalt des Testaments keine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV zu. Er hat nämlich keine nach außen hin gerichtete Tätigkeit entfaltet. Ebenso wenig hat der Rechtsanwalt bei der Gestaltung eines Vertrags mitgewirkt, da das gemeinschaftliche Testament keinen Vertrag darstellt.
2. Beratungsgebühr
Für seine Tätigkeit ist dem Rechtsanwalt kraft Gesetzes nur die Beratungsgebühr nach § 34 Abs. 1 S. 1 RVG i.H.v. höchstens 250,00 EUR angefallen, da die Eheleute Verbraucher sind. Hat der Rechtsanwalt seine gesamte Tätigkeit innerhalb eines ersten Beratungsgesprächs entfaltet, was jedoch praktisch kaum gegeben sein dürfte, weil er nach der ersten Beratung ...