VRiOLG Frank-Michael Goebel, Die kostenrechtliche Behandlung, wenn der Titelgläubiger zugleich Rechtsanwalt ist, FoVo 2020, 187
Goebel befasst sich anhand eines praktischen Falles mit der in der Überschrift seines Beitrags angegebenen Problematik. In jenem Falle hatte ein registrierter Inkassodienstleister einen Vollstreckungstitel erwirkt, aufgrund dessen er einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragt hatte. Für diesen Antrag hatte der Inkassodienstleister die Mitvollstreckung einer 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV beantragt. Der Rechtspfleger hat den Ansatz dieser 0,3-Verfahrensgebühr mit der Begründung abgelehnt, es fehle an einer für die Erstattungsfähigkeit der Gebühr erforderlichen Fremdvertretung, weil die Gläubigerin in eigenem Namen tätig geworden sei. Außerdem liege keine Inkassoleistung nach § 2 RDG vor, weil es nicht um die Einziehung einer fremden Forderung gehe. Schließlich hat der Rechtspfleger auch einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht gesehen.
Bei seiner Lösung vertritt Goebel die Auffassung, der Rechtspfleger habe bei seiner Entscheidung nicht konsequent zwischen den berufsrechtlichen Regelungen einerseits und den kostenrechtlichen Vorschriften andererseits unterschieden.
Die Auffassung des Rechtspflegers, es liege keine Inkassodienstleistung vor, ist nach Auffassung des Autors nicht haltbar, was er im Einzelnen erläutert. Es könne nämlich aus der formellen Gläubigerstellung des Inkassodienstleisters nicht auf die Unanwendbarkeit des § 2 Abs. 2 RDG geschlossen werden. Geht man – so fährt der Autor fort – entgegen der Auffassung des Rechtspflegers von einer erlaubnispflichtigen Inkassodienstleistung aus, so richte sich die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten nach § 4 Abs. 4 RDGE. Diese Vorschrift hätte der Rechtspfleger jedoch gerade nicht prüfen dürfen, weil sie bei dem von ihm verneinten Vorliegen einer Inkassodienstleistung gar nicht anwendbar sei.
Sodann vertritt Goebel die Auffassung, dass – anders als es der Rechtspfleger gesehen hat – doch eine Vertretung in der Zwangsvollstreckung durch den in eigener Sache auftretenden Inkassodienstleister vorliege. Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, wären die in eigener Sache entstandenen Gebühren gem. § 788 Abs. 1 i.V.m. § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO bei einem Rechtsanwalt erstattungsfähig. Diese Regelung sei auch für Inkassodienstleister anwendbar. Dies folgert Goebel daraus, dass der Gesetzgeber in vielen Fällen Rechtsanwälte und Inkassodienstleister kostenrechtlich gleichgestellt habe.
Abschließend vertritt Goebel die Auffassung, dass bei Anwendung des § 788 Abs. 1 ZPO die geltend gemachte 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV erstattungsfähig sei. Selbst wenn man dies nicht annehmen würde, hätte der Gläubiger wegen des Verzugs des Schuldners (§ 249 BGB) einen materiellen Schadensersatzanspruch nach §§ 280, 286 BGB auf Erstattung der Rechtsverfolgungskosten.
Rechtspfleger Werner Klüsener, Die Übergangsregelung zum Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 (KostRÄG 2021), JurBüro 2021, 169
In seinem Beitrag befasst sich der Autor mit der bereits zum 31.12.2020 in Kraft getretenen Übergangsvorschrift des § 60 RVG. Diese Übergangsvorschrift sei deshalb abweichend vom bisherigen Recht neu geregelt worden, weil die bisherige Fassung insbesondere für die Berechnung der Anwaltsvergütung im Rechtsmittelverfahren zu einer Ungleichbehandlung der Rechtsanwälte geführt habe.
Klüsener stellt in seinem Beitrag die Grundsätze der Neuregelung zusammen. Zunächst komme es für die Anwaltsvergütung in derselben Angelegenheit auf den Zeitpunkt an, zu dem der Rechtsanwalt den unbedingten Auftrag erhalten habe. Dies gelte auch für das Rechtsmittelverfahren. Ebenso komme es auf den Zeitpunkt der Auftragserteilung für die bestellten oder beigeordneten Anwälte an, die in einem Auftragsverhältnis zu dem Beteiligten stehen würden, insbesondere im Rahmen der Prozess- und Verfahrenskostenhilfe.
Außerdem werde durch die Neufassung des § 60 Abs. 1 S. 1 RVG klargestellt, dass die Übergangsvorschrift nicht nur – wie bisher – für die Höhe der Vergütung anwendbar sei, sondern dafür, wann für die Vergütung das bisherige Recht anzuwenden sei.
Als weiteren Grundsatz führt Klüsener in seinem Beitrag an, dass es für die Auftragserteilung dann nicht ankomme, wenn eine solche gar nicht vorliege, wie etwa beim Pflichtverteidiger. Für das Übergangsrecht in diesen Fällen komme es auf den Zeitpunkt der Beiordnung oder Bestellung des Rechtsanwalts an. Ferner verweist der Autor auf die Neuregelung in § 60 Abs. 1 S. 4 RVG, wonach eine Beiordnung oder Bestellung auch für zukünftige weitere Angelegenheiten gilt, die der Autor beispielhaft nennt. Die weitere Neuregelung in § 60 Abs. 1 S. 5 RVG betreffe den Fall, dass das nach § 60 Abs. 1 S. 2 bis 4 RVG anzuwendende Recht auch für die Ansprüche des beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalts gilt, die sich nicht gegen die Staatskasse richteten. Dies gelte etwa für die Ansprüche des Rechtsanwalts gegen den Beschuldigten oder den ...