a) Teilnahme an richterlichen Vernehmungen und Augenscheinseinnahmen (Nr. 1)
Nach Nr. 4102 Nr. 1 VV entsteht die Gebühr für die Teilnahme an richterlichen Vernehmungen und (richterlichen) Augenscheinseinnahmen. In welchem Verfahrensstadium diese stattfinden, ist unerheblich. Die Terminsgebühr entsteht also auch für die Teilnahme an einer sog. kommissarischen Vernehmung i.S.d. § 223 StPO im Laufe der Hauptverhandlung. Unerheblich ist, in welcher Funktion der Rechtsanwalt an der richterlichen Vernehmung teilnimmt, ob als Vertreter des Beschuldigten oder ggfs. als Beistand eines Zeugen (vgl. dazu III.). Unerheblich ist auch, ob der Rechtsanwalt von der richterlichen Vernehmung ausdrücklich gem. § 168c Abs. 5 StPO benachrichtigt worden ist oder nicht. Ohne Bedeutung ist schließlich auch, ob der Rechtsanwalt/Verteidiger an der Vernehmung aktiv teilgenommen hat. Nach dem eindeutigen Wortlaut entsteht die Gebühr allein durch die Teilnahme. Auf ein "Verhandeln" kommt es – anders als z.B. bei Nr. 3 nicht an. Der Rechtsanwalt muss also z.B. keine Fragen gestellt oder sonst auf den Gang der Vernehmung Einfluss genommen haben. Allerdings macht allein das Gewähren von rechtlichem Gehör aus einem Vorführungstermin noch keinen Vernehmungstermin.
Ein Anhörungstermin nach § 57 JGG führt zur Gebühr Nr. 4102 Nr. 1 VV. Nimmt der Verteidigers an einer Durchsuchung Teil, entsteht die Vernehmungsterminsgebühr der Nr. 4102 Nr. 1 VV, wenn es während der Durchsuchungsmaßnahme zu einer Vernehmung des Beschuldigten i.e.S. gekommen ist. Die Teilnahme des Verteidigers an einem Gespräch mit dem Gericht zur Vorbereitung der Hauptverhandlung führt nicht zur Entstehung der Terminsgebühr nach Nr. 4102 Nr. 1 VV. Auch die Teilnahme an Erörterungen mit dem Gericht nach den §§ 202a, 212 StPO zur Vorbereitung des Zustandekommens einer Verständigung (§ 257c StPO) wird nicht mit einer Terminsgebühr nach Nr. 1 honoriert. Entsprechendes gilt für ein Abstimmungsgespräch nach § 213 Abs. 2 StPO.
b) Teilnahme an Vernehmungen der Strafverfolgungsbehörden (Nr. 2)
Mit der Gebühr Nr. 4102 Nr. 2 VV wird die Teilnahme an Vernehmungen der Strafverfolgungsbehörden honoriert. Gemeint sind damit die Staatsanwaltschaft, die Polizei und im Steuerstrafverfahren die Finanzbehörde nach §§ 386, 399 Abs. 1 AO. Die Jugendgerichtshilfe (JGH) ist keine Strafverfolgungsbehörde, sondern erfüllt gem. § 52 SGB VIII als Dienst des Jugendamtes durch "Mitwirkung im jugendgerichtlichen Verfahren" eine sog. "andere" Aufgabe des Jugendamts. I.Ü. gelten die Ausführungen bei IV., 2. a) entsprechend.
Ob dem Rechtsanwalt/Verteidiger ein Recht zur Anwesenheit bei der Vernehmung zusteht oder ob ihm die Anwesenheit nur gestattet worden ist, ist unerheblich. Wenn er an dem Termin teilnimmt, erhält er den dadurch entstehenden Zeitaufwand honoriert. Das hatte früher Bedeutung für die Teilnahme an einer polizeilichen Vernehmung des Beschuldigten; insoweit stand dem Rechtsanwalt früher nach allgemeiner Meinung ein Anwesenheitsrecht nicht zu. Nach den Änderungen in der StPO durch das "Zweite Gesetz zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Strafverfahren und zur Änderung des Schöffenrechts" v. 27.8.2017“ steht dem Verteidiger nun aber auch bei polizeilichen Vernehmungen des Beschuldigten ein Anwesenheitsrecht zu (§§ 163a Abs. 4 S. 3, 168c Abs. 1 StPO). Nimmt der Rechtsanwalt an entsprechenden Vernehmungen teil, erhält er dafür die Terminsgebühr Nr. 4102 VV. Dem Zeugenbeistand steht nach den Änderungen in § 68b StPO durch das 2. OpferRRG v. 29.7.2009 nach § 68 Abs. 1 S. 2 StPO ein Anwesenheitsrecht zu.
c) Teilnahme an Haft(prüfungs-)terminen außerhalb der Hauptverhandlung (Nr. 3)
Nr. 4102 Nr. 3 VV sieht eine Terminsgebühr für die Teilnahme an einem Termin vor, in dem außerhalb der Hauptverhandlung über die Anordnung oder Fortdauer der Untersuchungshaft (§§ 115, 118 StPO) oder der einstweiligen Unterbringung (§ 126a i.V.m. §§ 115, 118 StPO) verhandelt wird. Die Terminsgebühr entsteht aber nur für die Teilnahme an den Haftterminen, die außerhalb der Hauptverhandlung stattfinden (vgl. oben II.). Es gelten die obigen Ausführungen bei Nr. 1 und 2 entsprechend. Die allgemeine Vorbereitung einer Haftprüfung, insbesondere da...