1. Grundsatz
Zu den von der (hier teilweise) unterliegenden Partei gem. § 91 Abs. 1 ZPO zu tragenden Kosten des Rechtsstreits zählen insbesondere die der erstattungsberechtigten Partei erwachsenden Kosten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Das OLG Köln hat darauf hingewiesen, dass hierzu auch die Kosten für die Einholung eines Privatgutachtens gehören können, wenn die nachfolgend erwähnten Voraussetzungen erfüllt sind.
2. Prozessbezogenheit
Die Kosten für die Einholung eines Privatgutachtens gehören nach den weiteren Ausführungen dann zu den Kosten des Rechtsstreits, wenn das Gutachten unmittelbar prozessbezogen ist. Die Tätigkeit des Privatgutachters müsse also in unmittelbarer Beziehung zum Rechtsstreit stehen. Hiervon sei insbesondere dann auszugehen, wenn die Begutachtung im Hinblick auf den sich konkret abzeichnenden Rechtsstreit erfolge (BGH AGS 2018, 579 = RVGreport 2018, 466 [Hansens] = zfs 2019, 285; BGH AGS 2006, 461 m. Anm. Onderka = RVGreport 2006, 315 [Hansens]).
Demgegenüber seien Kosten eines Privatgutachtens, das zunächst der Klärung des materiell-rechtlichen Verhältnisses diene, nicht prozessbezogen. Dies betreffe etwa ein Privatgutachten, das der Prüfung der Einstandspflicht einer Versicherung vorangehe (s. OLG Stuttgart JurBüro 2019, 307).
In Anwendung dieser Grundsätze hat das OLG Köln hier die Privatgutachtenkosten als prozessbezogen angesehen. Der Kläger habe den Privatgutachter mit Rücksicht auf den laufenden Rechtsstreit beauftragt. Bereits hieraus ergebe sich die Prozessbezogenheit der Privatgutachtenkosten (s. BGH zfs 2013, 346 m. Anm. Hansens = RVGreport 2013, 236 [Hansens]).
3. Notwendigkeit
Die Hinzuziehung des Privatgutachters war nach Auffassung des OLG Köln auch sachdienlich und damit notwendig. Für die Beurteilung dieser Frage sei darauf abzustellen, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die kostenauslösende Maßnahme – ex ante – als sachdienlich habe ansehen dürfen. Sachdienlich sei die Hinzuziehung eines Privatgutachters insbesondere dann, wenn die Partei ohne die Einholung des Privatgutachtens infolge fehlender Sachkenntnis zu einem sachgerechten Vortrag nicht in der Lage wäre oder ein ihr nachteiliges gerichtliches Sachverständigengutachten nicht zu erschüttern vermöge (BGH zfs 2012, 285 m. Anm. Hansens = RVGreport 2012, 229 [Hansens]). Dies sei unabhängig von der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast in dem betreffenden Fall zu beurteilen (BGH AGS 2018, 579 = zfs 2019, 285 m. Anm. Hansens = RVGreport 2018, 466 [Hansens]).
Ebenso wenig komme es darauf an, ob das Privatgutachten die Entscheidung des Gerichts positiv beeinflusst habe (BGH AGS 2018, 579 = zfs 2019, 285 m. Anm. Hansens = RVGreport 2018, 466 [Hansens]).
In Anwendung dieser Grundsätze hat das OLG Köln die Einholung des Privatgutachtens durch den Kläger als sachdienlich angesehen. Als Versicherungsnehmer ohne besondere Fachkenntnisse sei der Kläger zu einer eigenen Berechnung des Rückabwicklungssaldos aus dem widerrufenen Versicherungsvertrag nicht in der Lage gewesen.
Dem steht nach Auffassung des OLG Köln auch nicht der Hinweis der Beklagten entgegen, ihr habe die sekundäre Darlegungslast oblegen. Denn die Beklagte habe eigene Angaben zu den von ihr als maßgeblich angesehenen kalkulierten Risiko-Abschluss- und Verwaltungskosten sowie zu den Sparbeiträgen in der ersten Instanz nicht vorgetragen. Folglich könne sich die Beklagte auch nicht auf eine fehlende Eignung des Privatgutachtens wegen der darin angeblich nur "hypothetischen Werte" berufen. Das OLG Köln hat darauf verwiesen, dass sich die Parteien in dem Vergleich auf den im Sachverständigengutachten ermittelten Abwicklungssaldo nahezu betragsgenau verständigt hätten.
4. Möglichkeit einer Stufenklage
Die Notwendigkeit der Einholung des Privatgutachtens wird nach den weiteren Ausführungen des OLG Köln auch nicht durch die Möglichkeit infrage gestellt, gegen die Versicherung im Wege einer Stufenklage vorzugehen. Hätte die beklagte Versicherung im Zuge der Auskunft Angaben über die rückzuzahlenden Beträge gemacht, so wäre es für den Kläger nämlich notwendig gewesen, diese Angaben unter Hinzuziehung eines Privatgutachters seiner Plausibilitätsprüfung zu unterziehen.