1. Soweit das OLG den Wert der illegal produzierten und unversteuerten Zigaretten sowie des Feinschnitttabaks mit 0,00 EUR ansetzt, befindet es sich im "Schoß der h.M. der Rspr.". Zusätzlich zu den vom OLG angeführten Gerichten haben ebenso entschieden das LG Cottbus (Beschl. v. 25.2.2009 – 22 Qs 38/08) und das LG Würzburg (Beschl. v. 16.5.2007 – 5 Qs 117/07). Lediglich das LG Essen hat vor einiger Zeit insoweit den Wert von unversteuerten und unverzollten Zigaretten nach dem Materialwert zzgl. der üblichen Handelsspanne bemessen (AGS 2006, 501 = RVGreport 2007, 465), ist mit der Entscheidung aber allein geblieben.
In dem Zusammenhang erschließt sich allerdings nicht, warum das OLG auch den Wert der Zigarettenfabrikationsanlage sowie die Verpackungs- und Herstellungsmaterialen mit 0,00 EUR bemisst. Dazu bezieht es sich nur auf die "zutreffenden Gründe" der angefochtenen Entscheidung des LG Hanau, die aber nicht mitgeteilt werden. M.E. hätte hier schon ein Wert angesetzt werden können/müssen, es sei denn, die Anlage und die Materialien konnten nur für die Herstellung von bemakelten Zigaretten verwendet werden, was nicht der Fall sein dürfte. In dem Zusammenhang bleibt auch unverständlich, warum das LG überhaupt von einem Gegenstandswert von 5.000,00 EUR ausgegangen ist, wenn es doch Zigaretten, Anlage und Materialien mit 0,00 EUR bewertet hat.
2. Soweit das OLG auch für die eingezogene Tabaksteuer keinen Wert festsetzt, ist anzumerken: Unzutreffend ist es, wenn das OLG offenbar meint, dass insoweit ein rechtlicher Hinweis des Gerichts in der Hauptverhandlung oder Ähnliches erforderlich gewesen wäre, um insoweit auch die Gebühr Nr. 4142 VV entstehen zu lassen. Denn darauf kommt es ebenso nicht an wie es unerheblich ist, ob die Einziehung von (hinterzogener) Tabaksteuer in der Anklageschrift angesprochen worden ist. Denn es reicht auch die (außergerichtliche) Beratung des Mandanten zum Entstehen der Gebühr aus, wenn die Beratung geboten war (wegen der Einzelheiten Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG, Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., 2021, Nr. 4142 VV Rn 18 ff. m.w.N.). Dass die Beratung hier geboten war, zeigt sich schon daran, dass die Einziehung bei Mitangeklagten erfolgt ist. Dass die Einziehung dann beim BGH keinen Bestand hatte, ist für die Frage des Entstehens der Gebühr ohne Bedeutung, denn die einmal entstandene Gebühr entfällt nicht dadurch, dass letztliche dann doch keine Einziehung erfolgt.
3. Schließlich: Dass das Verschlechterungsverbot im Wertfestsetzungsverfahren nicht gilt, ist allgemeine Meinung. Das OLG hätte es bei der Feststellung belassen sollen. Denn die zusätzlichen Ausführungen zur Begründung, die in "zumal Kostenschuldner oftmals der Verurteilte ist" gipfeln, klingen ein wenig nach "Schweinehundtheorie".
Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg
AGS 6/2022, S. 287 - 288