Nach Auffassung des OLG wäre die Beschwerde aber auch begründet, wenn der Antrag – entsprechend der Auslegung des LG – als Antrag auf Gewährung von PKH für die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts verstanden würde. Soweit sich der Beschluss des LG angesichts der erlittenen Verletzungen des Beschwerdeführers ausschließlich damit auseinandersetze, ob dieser seine Interessen selbst ausreichend wahrnehmen könne, sei anzumerken, dass es sich insoweit weniger um eine Frage der Unfähigkeit als der Unzumutbarkeit eigener Interessenwahrnehmung handeln dürfte, die als solche insbesondere auf der psychischen Betroffenheit des Nebenklägers durch die Tat beruhen kann (Meyer-Goßner/Schmitt/Schmitt, StPO, 64., Aufl., 2021 § 397a Rn 9). Das geschilderte Tatgeschehen lasse sowohl wegen der Tat selbst (Messerangriff auf offener Straße) als auch wegen ihrer Folgen (Notwendigkeit einer lebensrettenden Operation) auf eine erhebliche psychische Betroffenheit des Nebenklägers schließen, die eine Unzumutbarkeit eigener Interessenwahrnehmung nahelege.
Jedenfalls aber erscheine – so das OLG – die Gewährung von PKH mit Blick auf die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage geboten. Eine schwierige Sach- und Rechtslage sei regelmäßig dann gegeben, wenn aus der vernünftigen Sicht des Nebenklägers der Sachverhalt verwickelt sei, Spezialkenntnisse erfordere oder komplizierte bzw. umstrittene Rechtsfragen auftauchen oder Beweisanträge gestellt werden müssten (BeckOK StPO/Weiner, § 397a Rn 20). Angesichts dessen dürfte sich die Sach- und Rechtslage aus der maßgeblichen Sicht des Nebenklägers schon allein deshalb als schwierig erweisen, weil hinsichtlich des Tathergangs eine Aussage gegen Aussage Konstellation bestehe und der Beschuldigte sich bereits im Rahmen des Ermittlungsverfahrens auf Notwehr berufen habe. Demzufolge stehe zu erwarten, dass die Frage etwaiger Notwehr auch Gegenstand der Hauptverhandlung sein werde, zumal auch die Antragsschrift davon ausgehe, dass der Nebenkläger dem Beschuldigten unmittelbar vor dem Messerstich einen Faustschlag ins Gesicht versetzt habe.
Hinzu komme, dass es sich vorliegend um ein Sicherungsverfahren handele, das per se die Schwierigkeit der Beurteilung der Schuld(un)fähigkeit des Beschuldigten berge und dafür die Bewertung der Ausführungen eines Sachverständigen erfordere, was aus Sicht eines Nebenklägers tatsächlich wie rechtlich als problematisch einzustufen sei. Rechtlich schwierig wäre insbesondere auch eine im Laufe des Sicherungsverfahrens ggfs. notwendige Überleitung in das Strafverfahren gem. § 416 StPO. Für den Nebenkläger gelte dies umso mehr, als dass der Vortrag seines Rechtsanwalts auf eine bestehende Sprachbarriere hindeute (Bl. 35 d. SB), die sich angesichts der Komplexität der genannten Schwierigkeiten nicht allein durch die Hinzuziehung eines Dolmetschers überwinden lassen dürfte.