§ 64 InsO; §§ 303, 567 ZPO
Leitsatz
- Bei einem Rechtsmittel gegen die Festsetzung der Insolvenzverwaltervergütung ist ein Rechtsmittel nur dann gegeben, wenn der Beschwerdewert von 200,00 EUR erreicht wird.
- Für den Beschwerdewert ist dabei nur die den einzelnen Beschwerdeführer betreffende höhere Quote maßgeblich.
BGH, Beschl. v. 24.11.2022 – IX ZB 15/22
I. Sachverhalt
Mit Beschl. v. 6.1.2021 setzte das Insolvenzgericht die Vergütung des Insolvenzverwalters auf 529.322,51 EUR einschließlich eines Zuschlages von 40 % als Inflationsausgleich fest. Dagegen ist ein Gläubiger mittels sofortiger Beschwerde vorgegangen. Das LG hat durch Zwischenbeschluss die Zulässigkeit des Rechtsmittels festgestellt. Das LG war der Ansicht, für die Bemessung der Beschwer sei auf die Mehrbelastung aller Gläubiger durch die Berücksichtigung des Inflationsausgleichs zugunsten des Beschwerdeführers abzustellen. Der Umstand, dass sich der für ihn über die Erhöhung der auf ihn entfallenden Quote erzielbare Mehrbetrag bei Erfolg der Beschwerde auf nur 51,08 EUR belaufe, sei unerheblich. Die Rechtsbeschwerde wurde zugelassen und auch eingelegt. Der BGH sah die Beschwerdebefugnis anders, als das LG als nicht gegeben an.
II. Zwischenbeschluss über Zulässigkeit eines Rechtsmittels nicht gesondert angreifbar
Gem. § 577 Abs. 1 S. 1 ZPO hat das Rechtsbeschwerdegericht von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist. Ein Zwischenbeschluss über die Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist nach Ansicht des BGH aber wie ein entsprechendes Zwischenurteil gem. § 303 ZPO nicht gesondert anfechtbar (vgl. BGH, Urt. v. 25.11.1987 – IVa ZR 135/86, BGHZ 102, 232, 236; v. 12.12.2006 – VI ZR 4/06, NJW 2007, 1466, 1467, insoweit in BGHZ 170, 180 n. abgedr.; Beschl. v. 9.5.2018 – IV ZR 264/17, ZEV 2018, 410 Rn 7).
III. Keine Beschwerdebefugnis eines Gläubigers unter 200,00 EUR bei eigener Quote
Grds. muss für ein Rechtsmittel eine Beschwer gegeben sein. Liegt eine solche nicht vor, treffen den Gläubiger also keine Nachteile – ist er nicht tangiert und grds. nicht befugt, ein Rechtsmittel einzulegen. In seiner Entscheidung v. 24.11.2022 (IX ZB 15/22) sprach der BGH einem Gläubiger dann kein Rechtsmittel gegen die Festsetzung der Verwaltervergütung (tatsächlich) zu, wenn durch das Rechtsmittel "in der Quote" kein Beschwerdewert erreicht wird. Konkret wären in der Entscheidung vom 24.11.2022 durch das Rechtsmittel gegen die Vergütung eine Zuteilung für den Gläubiger nur i.H.v. ca. 50,00 EUR erreicht worden, was unter dem Beschwerdewert von 200,00 EUR liegt. Folglich ist nach dem BGH nur dann ein Rechtsmittel gegeben, wen eine tatsächliche "Verbesserung" von über 200,00 EUR – also eine Beschwer von mindestens diesem Betrag vor liegt – gegeben ist. Der Senat wies – in der aufgeführten Entscheidung – darauf hin, dass die sofortige Beschwerde gegen die Festsetzung der Vergütung unzulässig ist, wenn ein Beschwerdewert (und damit die Beschwer) nicht erreicht wird. Gem. § 64 Abs. 3 S. 2 InsO, § 567 Abs. 2 ZPO ist die Beschwerde nur dann zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR übersteigt. Wie bei einer Berufung beurteilt sich der für die Zulässigkeit maßgebliche Wert des Beschwerdegegenstandes dabei nach dem Betrag, um den der Beschwerdeführer durch den Festsetzungsbeschluss in seinem Recht verkürzt zu sein behauptet und in dessen Höhe er mit seinem Beschwerdeantrag die Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung begehrt (vgl. BGH, Beschl. v. 19.4.2012 – IX ZB 162/10, ZInsO 2012, 972). Entscheidend ist daher ausschließlich die individuelle Beschwer des Beschwerdeführers, mithin die Differenz zu der im Erfolgsfall höheren Quote (so auch Uhlenbruck/Mock, InsO, 15. Aufl., 2019, § 64 Rn 21).
IV. Bedeutung für die Praxis
Die Bedeutung für die Praxis ist "enorm."
Teilweise wird – wie der Ausgangsfall zeigt – eine grundsätzliche Rechtsmittelbefugnis eines jeden Gläubigers angenommen. Nach dem Gesetz kann jeder Insolvenzgläubiger im Grundsatz ein Rechtsmittel einlegen. Dabei ist es unerheblich, ob die Forderung festgestellt oder bestritten ist. Voraussetzung ist aber, dass die Forderung angemeldet ist.
Der BGH ist der Ansicht, dass es für die Frage der Beschwerdeberechtigung gem. § 64 Abs. 3 S. 1 InsO nicht darauf ankomme, ob eine zur Tabelle angemeldete Forderung tatsächlich besteht. Einschränkend zu dieser grundsätzlichen Befugnis kommt nun aber hinzu, dass eine Beschwer tatsächlich gegeben sein muss und diese den maßgeblichen Wert von 200,00 EUR auch überschreitet. Gerade diese Voraussetzung dürfte es in Zukunft vielen Gläubiger schwerer machen, tatsächlich erfolgreich eine sofortige Beschwerde gegen die Insolvenzverwaltervergütungsfestsetzung zu führen. Indem nur auf die auf den einzelnen Gläubiger entfallenden Quote abgestellt wird, dürfte es bei einer hohen Anzahl an Gläubigern tatsächlich dazu führen, dass ein rechtsmittelfreier Raum verbleibt. Nehmen wir einmal an, dass ein Insolvenzverwalter einen Zuschlag von umgerechnet 10.000,00 EUR im Insolvenzverfahren ansetzt. Geht man nun von einer hohen Gläubigerzahl einerseits, einer fiktiven geringen auf den jeweiligen Gläubiger entfallenden Quote andererseits aus, wird ersichtlich, dass der Insolvenzverwalte...