1. Lösung zum Ausgangsfall
Für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information im Rahmen des ihm erteilten Prozessauftrags ist Rechtsanwalt A nach Vorbem. 3 Abs. 2 VV die Verfahrensgebühr angefallen. Deren Höhe hängt von den von dem Rechtsanwalt bis zu diesem Zeitpunkt erbrachten Tätigkeiten ab. Da Rechtsanwalt A noch keine der in Nr. 3101 VV aufgeführten Tätigkeiten ausgeübt hat, insbesondere noch nicht eine Klageschrift beim Prozessgericht eingereicht hat, ist ihm nach Nrn. 3100, 3101 VV lediglich die 0,8-Verfahrensgebühr nach einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR angefallen.
Durch diese Verfahrensgebühr sind auch die mündliche Übersetzung der in deutscher Sprache abgefassten Dokumente in die türkische Sprache und der in türkischer Sprache verfassten Dokumente in die deutsche Sprache sowie das auf Türkisch geführte Mandantengespräch abgegolten.
Mangels Fälligkeit (s. § 8 Abs. 1 RVG) kann Rechtsanwalt A die bisher entstandene Vergütung dem Mandanten noch nicht in Rechnung stellen. Er kann von dem Mandanten allerdings gem. § 9 RVG einen Vorschuss verlangen.
2. Lösung zur 1. Abwandlung
Da Rechtsanwalt A nunmehr die Klageschrift beim Prozessgericht eingereicht hat, ist ihm jetzt die 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV nach einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR angefallen (s. Nr. 3101 Nr. 1 VV). Hierdurch wird auch das in türkischer Sprache abgefasste Anschreiben an den Mandanten mit abgegolten.
Jedenfalls die Übersendung des Briefes an den Mandanten hat eine Postentgeltpauschale i.S.v. Nr. 7001 VV ausgelöst, was den Rechtsanwalt zur Berechnung der Postentgeltpauschale nach Nr. 7002 VV berechtigt.
Ferner steht Rechtsanwalt A die von ihm persönlich dem Dolmetscher D geschuldete und an ihn gezahlte Vergütung i.H.v. 800,00 EUR nach Vorbem. 7 Abs. 1 S. 2 VV als erforderliche Auslagen zu.
Auch hier kann Rechtsanwalt A mangels Fälligkeit (s. § 8 Abs. 1 RVG) die bisher entstandene Vergütung dem Mandanten noch nicht in Rechnung stellen, von ihm jedoch nach § 9 RVG einen entsprechenden Vorschuss verlangen.
3. Lösung zur 2. Abwandlung
Neben der bereits in der ersten Abwandlung für das Einreichen der Klageschrift angefallenen 1,3-Verfahrensgebühr und den verauslagten Dolmetscherkosten kann Rechtsanwalt A nunmehr eine Vergütung für die schriftliche Übersetzung der in deutscher Sprache verfassten Dokumente abrechnen. Diese Vergütung berechnet sich nach Maßgabe der §§ 8 ff. JVEG.
Ferner stehen Rechtsanwalt A die Postentgeltpauschale nach Nr. 7002 VV und die Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV zu. Die mündliche Übersetzung der Klageerwiderungsschrift und das auf Türkisch geführte Beratungsgespräch werden wieder durch die Verfahrensgebühr mit abgegolten.
Mit Beendigung des Rechtszuges infolge der Klagerücknahme, jedenfalls nach Erlass der Kostenentscheidung wird die Vergütung des Rechtsanwalts A fällig (s. § 8 Abs. 1 S. 2 RVG). Er kann dann seinem Mandanten gem. § 10 RVG eine entsprechende Vergütungsberechnung erteilen.
Autor: VorsRiLG a.D. Heinz Hansens, Berlin
AGS 6/2024, S. 256 - 257