1. Erhebung außergebührenrechtlicher Einwendungen
Gem. § 11 Abs. 5 S. 1 RVG ist die Festsetzung der Vergütung abzulehnen, soweit der Antragsgegner Einwendungen oder Einreden erhebt, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben. Allein die Erhebung solcher außergebührenrechtlichen Einwendungen führt zur Ablehnung der Vergütungsfestsetzung. Das OLG Jena hat darauf hingewiesen, dass solche außergebührenrechtlichen Einwendungen keiner Substantiierung und auch keiner Schlüssigkeit bedürfen. Deshalb sei auch grds. im Vergütungsfestsetzungsverfahren keine materiell-rechtliche Schlüssigkeitsprüfung vorzunehmen.
Unberücksichtigt bleiben lediglich diejenigen Einwendungen, die nach dem Rechtsgedanken des Rechtsmissbrauchs "offensichtlich aus der Luft gegriffen" und die somit haltlos oder offensichtlich unbegründet sind. Dabei handelt es sich um Einwendungen, die ohne jeden konkreten tatsächlichen Anhaltspunkt vorgebracht wurden (BVerfG RVGreport 2016, 253 [Hansens]).
2. Einwand eines unentgeltlichen Gefälligkeitsverhältnisses
In Anwendung dieser Grundsätze hat das OLG Jena den von der Antragsgegnerin erhobenen Einwand, bei dem der Berechnung der Vergütung zugrunde liegenden Mandatsverhältnis habe es sich um ein unentgeltliches Gefälligkeitsverhältnis gehandelt, als einen zur Ablehnung der Festsetzung führenden außergebührenrechtlichen Einwand behandelt. Damit sei die Vergütungsfestsetzung bereits aufgrund dieses Einwandes hin abzulehnen.
Das Vorbringen der Antragsgegnerin kann nach Auffassung des OLG Jena hier auch nicht ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben. Die Behauptung eines unentgeltlichen Gefälligkeitsverhältnisses sei nämlich gemessen an dem im Vergütungsfestsetzungsverfahren anzulegenden Maßstab nicht offensichtlich unbegründet. Das OLG Jena hat darauf hingewiesen, dass die Antragsgegnerin konkret fassbare Umstände vorgebracht habe, die nicht bereits von vornherein – ohne materiell-rechtliche Prüfung – als unbeachtlich angesehen werden können. Hierzu habe sie die dem vorgetragenen Gefälligkeitsverhältnis zugrunde liegenden Umstände vorgetragen. Damit liege die Haltlosigkeit der behaupteten Gefälligkeitsabrede ohne nähere Sachprüfung nicht auf der Hand.
Ergänzend hat das OLG Jena ausgeführt, der Antragsteller habe auch nicht vorgetragen, dass er Hinweise gem. § 49 Abs. 5 (gemeint: § 49b Abs. 5) BRAO erteilt habe. Zwar würde ein Verstoß gegen eine solche Hinweispflicht einen Vergütungsanspruch nicht ausschließen. Jedoch hätte ein solcher Hinweis eventuellen Fehlvorstellungen der Antragsgegnerin über die Zahlung einer Vergütung entgegengestanden.
Nach den weiteren Ausführungen des OLG Jena ist der Einwand eines unentgeltlichen Gefälligkeitsverhältnisses auch nicht rechtlich unbeachtlich. § 49b Abs. 1 S. 2 BRAO lasse nämlich im Einzelfall etwa in Blick auf die Person des Auftraggebers einen – wenn auch nachträglichen – Gebührenerlass zu. Außerdem werde die Auffassung vertreten, dass auch bei Gefälligkeitshandlungen ein Vergütungsanspruch nicht bestehe.
Das OLG Jena hat damit den Abhilfebeschluss der Rechtspflegerin vom 13.5.2022 aufgehoben und die begehrte Vergütungsfestsetzung abgelehnt. Deshalb sei es auf die Einrede der Verjährung, an der die Antragsgegnerin wohl auch nicht mehr festgehalten habe, nicht mehr angekommen.