1. Zulässigkeit der Festsetzung des Gegenstandswertes
Ob bei der gegebenen Sachlage die gesonderte Festsetzung des Gegenstandswertes auf Antrag der Prozessbevollmächtigten der Beklagten zulässig gewesen ist, ist hier nicht unproblematisch. Gem. § 33 Abs. 1 RVG kommt nämlich eine gesonderte Festsetzung des Wertes des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit nur dann in Betracht, wenn sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert berechnen. Dies war hier jedoch – wie das OLG Brandenburg selbst ausführt – hinsichtlich der anwaltlichen Verfahrensgebühr der Fall, führt doch das OLG in den Beschlussgründen aus, der Gegenstandswert für die anwaltliche Verfahrensgebühr der Prozessbevollmächtigten des Beklagten entspreche dem Wert für die Gerichtsgebühren. Deshalb waren m.E. die Voraussetzungen für die Festsetzung des Gegenstandswertes für die Verfahrensgebühr der Prozessbevollmächtigten des Beklagten nicht erfüllt. Insoweit hätte das LG Potsdam somit den Antrag der Prozessbevollmächtigten des Beklagten auf Festsetzung des Gegenstandswertes für die Verfahrensgebühr zurückweisen müssen.
2. Festsetzung für die Verfahrensgebühr
Schiebt man die Bedenken gegen die Zulässigkeit des Antrags auf Festsetzung des Gegenstandswertes jedenfalls für die Verfahrensgebühr der Prozessbevollmächtigten der Beklagten beiseite, so waren hier die Ausführungen des OLG Brandenburg zur Erstattungsfähigkeit der Verfahrensgebühr der Prozessbevollmächtigten der Beklagten nach Nr. 3100 VV nach dem vollen Hauptsachewert (Wertstufe bis 40.000,00 EUR) überflüssig. Denn die Frage, ob die zur Festsetzung angemeldeten Gebühren und Auslagen des Prozessbevollmächtigten der obsiegenden Partei angefallen und erstattungsfähig sind, ist im Kostenfestsetzungsverfahren nach den §§ 103, 104 ZPO zu prüfen. Der damit befasste Rechtspfleger hat dabei auch zu erörtern, ob die Anwaltskosten im Einzelfall und in der geltend gemachten Höhe notwendig i.S.v. § 91 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 ZPO waren. Diese Fragen gehören nicht in das Verfahren auf Festsetzung des Gegenstandswertes.
Dieses Problem hat sich das LG Potsdam und nachfolgend das OLG Brandenburg selbst dadurch herangezogen, dass es die Festsetzung des Gegenstandswertes für die anwaltliche Verfahrensgebühr entgegen § 33 Abs. 1 RVG als zulässig angesehen hat, obwohl der Gegenstandswert und der für die Gerichtsgebühren maßgebliche Streitwert dieselbe Höhe gehabt haben.
3. Festsetzung für weitere Gebühren
Soweit die Prozessbevollmächtigten der Beklagten die Festsetzung des Gegenstandswertes für weitere Gebühren, etwa für die Terminsgebühr, beantragt haben, mag der Antrag zulässig sein, wenn sich der Gegenstandswert dafür von dem für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Streitwert in der Wertstufe bis 40.000,00 EUR unterschieden hätte. Hierzu enthält der Beschluss des OLG Brandenburg wohl infolge der Teilabhilfe seitens des LG Potsdam zu Recht keine Ausführungen.
4. Exkurs: Erstattungsrechtliches
Mit Eingang der Teil-Klagerücknahme der Klägerin beim LG Potsdam war im Umfang dieser Teil-Rücknahme der Rechtsstreit gem. § 269 Abs. 3 S. 1 ZPO als nicht anhängig geworden anzusehen. Somit war es für den Beklagten objektiv nur notwendig, sich gegen den von der Teil-Klagerücknahme nicht erfassten Rest der Klage zu verteidigen. Andererseits kann die erstattungsberechtigte Partei die für die Rechtsverteidigung aufgewandten Kosten erstattet verlangen, wenn sie notwendig i.S.v. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO sind. Maßstab für die Notwendigkeit ist, ob eine verständig und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die kostenauslösende Maßnahme im damaligen Zeitpunkt als sachdienlich ansehen durfte. Mithin ist auf die Sicht der Partei in der konkreten prozessualen Situation abzustellen und dann zu beurteilen, ob ein objektiver Betrachter aus diesem Blickwinkel die Sachdienlichkeit der Rechtsverteidigung bejahen würde. Folglich bestimmt sich die Notwendigkeit aus der "verobjektivierten" ex-ante-Sicht der jeweiligen Prozesspartei und nicht nach einem rein objektiven Maßstab (BGH RVGreport 2018, 179 [Hansens] = zfs 2018, 344 m. Anm. Hansens; BGH RVGreport 2017, 143 [Ders.] = AGS 2017, 248; BGH RVGreport 2018, 461 [Ders.] = zfs 2018, 705 m. Anm. Hansens; BGH RVGreport 2018, 179 [Ders.] = zfs 2018, 344 m. Anm. Hansens; BGH AGS 2019, 433 = RVGreport 2019, 344 [Ders.] = zfs 2019, 524 m. Anm. Hansens).
In Anwendung dieser Grundsätze war es für den Beklagten notwendig i.S.v. § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO, am 3.3.2021 den Antrag auf Abweisung der Klage in vollem Umfang beim LG Potsdam einzureichen. Denn an diesem Tage war weder dem Beklagten noch seinem Prozessbevollmächtigten die am 16.2.2021 wirksam gewordene Teil-Klagerücknahme bekannt noch musste sie ihnen bekannt sein.
5. Einfluss des Fehlers des LG Potsdam
a) Amtshaftungsanspruch
Dem LG Potsdam ist ein grober Fehler unterlaufen, weil es die beim LG am 16.2.2021 eingegangene Teil-Klagerücknahme dem Kläger nicht zusammen mit seiner Verfügung vom 24.2.2021, in der ...