[Ohne Titel]

In der Beratungshilfe bieten verschiedene Problemfelder immer wieder Anlass zur Auseinandersetzung. Der vorliegende Beitrag befasst sich mit einigen "echten Klassikern" wie den Zugangsvoraussetzungen und den anderweitigen Hilfen.

I. Allgemeines – die Zugangsvoraussetzungen

Hilfe für die Wahrnehmung von Rechten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens und im obligatorischen Güteverfahren nach § 15a EGZPO – Beratungshilfe – wird auf Antrag gewährt, wenn

1. Rechtsuchende die erforderlichen Mittel nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht aufbringen können,
2. keine anderen Möglichkeiten für eine Hilfe zur Verfügung stehen, deren Inanspruchnahme den Rechtsuchenden zuzumuten ist,
3. die Inanspruchnahme der Beratungshilfe nicht mutwillig erscheint.

So lautet der Gesetzestext mit seinen unterschiedlichen Zugangsvoraussetzungen. Bei der Beratungshilfe handelt es sich um eine Sozialleistung des Staates, sodass diesem die Gestaltungsfreiheit einzuräumen ist, die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme jener Sozialleistungen festzulegen.[1] Das Beratungshilfegesetz (BerHG) wurde eingeführt, um zu anderen Hilfsmöglichkeiten hinzuzutreten und vor allem dort wirksam zu werden, wo anderweitige Hilfe ganz fehlt. Es soll die Chancengleichheit bei der Rechtsdurchsetzung wahren und insbesondere dort greifen, wo anderweitige Hilfe ganz fehlt. Es ist von Verfassungs wegen angemessen und nicht zu beanstanden, den Anspruch auf Beratungshilfe vom Vorliegen einschränkender Voraussetzungen abhängig zu machen.[2] Beratungshilfe ist somit subsidiäre staatliche Unterstützung.[3] Sie darf nicht bewilligt werden, wenn die angestrebte Beratung auf einem anderen zumutbaren Weg erreichbar ist.[4]

[1] AG Kleve Rpfleger 1999, 346 (zur Frage der Bewilligung der Prozesskostenhilfe beim Insolvenzverfahren).
[3] Lissner, StB 2013, 160, 162; Ders., FamRB 2016, 32; Ders., RVGreport 2016, 162.
[4] Lissner, FamRB 2016, 32.

II. Andere Hilfen – das Jugendamt

Wie unter I. erfahren, dient das BerHG als subsidiäre staatliche Unterstützung. Negative Voraussetzung gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG ist, dass keine anderen Möglichkeiten für eine Hilfe zur Verfügung stehen, deren Inanspruchnahme dem Rechtsuchenden zuzumuten sind. Nach der Intention des BerHG soll die Beratungshilfe andere kostenfreie Beratungseinrichtungen nicht ersetzen, sondern diese ergänzen.[5] Ein echter Klassiker bildet dabei die anderweitige Hilfe des Jugendamtes. Sie bietet deshalb in der Beratungshilfe häufig Konfliktpotential, weil einerseits Rechtsanwälte häufig in familienrechtlichen Situationen ohnehin konsultiert werden. Häufig folgt daraus auch das Argument einer Waffengleichheit beim Rechtsuchenden. Zudem werden oft die Kompetenzen der Jugendämter nicht anerkannt. Häufig wird die Kompetenz des Jugendamtes durch den Antragsteller oder dessen Beratungsperson (die naturgemäß eine Liquidation erhalten möchte) bestritten. Die Mitarbeiter des Jugendamtes seien nicht ausreichend kompetent, heißt es, oder die Beratungsperson könne häufig ein höheres Maß an Wirkung erzielen. Ebenso wird öfters auf eine anwaltliche Vorbefassung hingewiesen, die die Inanspruchnahme des Jugendamtes als unzumutbar erscheinen lasse, Mehraufwand zur Folge hätte und sich überdies über das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant stelle. Doch bilden diese Argumente solche, die in der Praxis dazu führen, dass ein Berechtigungsschein für die Beratungshilfe zu erteilen ist? Mitnichten! Die Aufgaben des Jugendamtes sind zwar vielfältig, aber dennoch gerade auf die Personensorge und die Geltendmachung von Unterhalt oder Unterhaltsersatzansprüchen spezialisiert. Denkbare Kompetenzen des Jugendamtes ergeben sich aus:

In erster Linie ist die Beistandschaft zu nennen, §§ 1712 ff. BGB. Das Jugendamt wird im Falle des Vorliegens der Voraussetzungen nach § 55 SGB VIII Beistand und hat hiernach weitreichende Aufgaben.
Zum Aufgabenkreis des Beistands gehört gem. § 1712 BGB die Feststellung der Vaterschaft und die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen.
Ferner ist das Jugendamt im Rahmen des UhVorschG tätig.
Schließlich ist auf die Beratungsangebote des SGB VIII nach der Kinder- und Jugendhilfe zu verweisen.

Gerade § 18 SGB VIII dürfte hier in den meisten Fällen dafür sorgen, dass eine anderweitige Hilfe durch das Jugendamt gewahrt ist. Selbst ein junger Volljähriger hat danach bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres Anspruch auf Beratung und Unterstützung bei der Geltendmachung von Unterhalts- oder Unterhaltsersatzansprüchen. Das Jugendamt ist dabei nach h.A. nicht nur als zumutbar, sondern auch als besonders geeignet einzustufen.[6] Auch eine etwaige anwaltliche Vorbefassung vermag dieses Argument nicht zu beseitigen. Die Beratungsangebote des Jugendamtes und der Beratungshilfe stehen "nicht gleichrangig" als Wahlangebot nebeneinander zur Verfügung. Vielmehr ist das BerHG subsidiär konzipiert und will die Nutzung der insoweit spezialisierten Beratung fördern. Eine Unzumutbarkeit ergibt sich n...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?