In der Beratungshilfe werden immer wieder Anträge auf Erteilung eines Berechtigungsscheins gestellt, welche mit einem notwendigen außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuch nach § 305 InsO begründet werden. Sind übrige Beratungshilfemandate häufig als "Aufopferungsmandate" anzusehen, lässt sich durch die Abwicklung eines außergerichtlichen Einigungsversuches im Verhältnis zu einer späteren Mindestvergütung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens oftmals gutes Geld für vergleichsweise wenig Arbeit verdienen. So ist es auch kein Wunder, dass auf Insolvenzrecht spezialisierte Kanzleien ein gesteigertes Interesse an der Bewilligung von Beratungshilfe für dieses Gebiet haben. Probleme, die sich in diesem Zusammenhang ergeben, sind:
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Kann der Rechtsuchende an eine Schuldnerberatung verwiesen werden? |
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Gilt dies auch, wenn diese von einer anderen Konfession getragen wird? |
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Was ist mit Wartezeiten? |
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Was ist mit dem in einer JVA Inhaftierten? |
In Lit. und Rspr. wird die Frage, ob für den Versuch der außergerichtlichen Einigung nach der InsO Beratungshilfe bewilligt werden kann oder eine Bewilligung ggf. aufgrund § 1 BerHG ausscheidet, eigentlich nicht mehr kontrovers diskutiert.
Das BerHG differenziert zwischen echter (und notwendiger) Rechtsberatung, für welche Beratungshilfe in Betracht kommt, und tatsächlicher Rechtsberatung, für die keine Beratungshilfe bewilligt werden kann. Beratungen in wirtschaftlichen Fragen und solchen der privaten Lebensführung, der Technik oder der Gesundheit zählen grds. nicht zur Beratungshilfe, wenn nicht Rechtsfragen im Vordergrund stehen. Wirtschafts- oder Lebensberatung, Hilfe im Leben, psychologische Ratschläge, insbesondere aber alle sozialen Dienste, bei denen nicht Rechte im Vordergrund stehen, sind ebenfalls grds. nicht Gegenstand der Beratungshilfe, da sie als "Lebenshilfe" und nicht als rechtliche Hilfe einzustufen sind. Folglich kann für einfache Entschuldungen, für Gesuche betreffend Ratenzahlungen oder Zahlungsmoratorien keine Beratungshilfe bewilligt werden, da ein Recht hierauf nicht besteht, sondern die Bewilligung von sittlich-moralischen Gesichtspunkten abhängt.
Anders hingegen stellt sich die Situation beim außergerichtlichen Einigungsversuch dar. Hier gewähren §§ 304 ff. InsO für den Verbraucher gerade ein Recht auf Entschuldung und stellen als notwendige Vorschaltstation den außergerichtlichen Einigungsversuch voran. Der verschuldete Verbraucher kann nur dann erfolgreich die Einleitung des Verbraucherinsolvenzverfahrens beantragen, wenn eine geeignete Person bzw. Stelle i.S.d. § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO bestätigt, dass in den letzten sechs Monaten vor Antragstellung auf der Grundlage eines Plans versucht wurde, mit den Gläubigern eine außergerichtliche Einigung zu erzielen und dieser Versuch gescheitert ist. Der außergerichtliche Einigungsversuch nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist damit zwingende "Vorschalt-Station" für die Zulässigkeit des Eröffnungsantrags eines Verbraucherinsolvenzschuldners i.S.d. §§ 304, 305 InsO und des mit diesem Antrag zu verbindenden Antrags auf Erteilung der Restschuldbefreiung gem. § 305 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Der Schuldner kann sich grds. von einer geeigneten Person vertreten lassen, also auch von einem Rechtsanwalt. § 1 Abs. 1 und 2 AGInsO/BW nennt neben den Anwälten andere geeignete Stellen, welche für den Versuch der außergerichtlichen Einigung nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO in Frage kommen. Das Wahlrecht löst jedoch nicht automatisch Ansprüche auf Gewährung von Beratungshilfe aus, wenn ein Rechtsanwalt konsultiert wird. Die Insolvenzberatung und -vertretung stellen keinen Sonderfall dar und sind daher grds. nach den Vorschriften des BerHG zu bewerten.
1. Kann der Rechtsuchende an eine Schuldnerberatung verwiesen werden?
Diese Frage ist eindeutig mit "Ja" zu beantworten. Da die Gewährung von Beratungshilfe dem sich aus § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG ergebenden Subsidiaritätsgrundsatz unterliegt, ist für die Beratungshilfe von vorneherein kein Raum, wenn anerkannte Schuldnerberatungsstellen i.S.d. § 305 Ans. 1 Nr. 1 InsO existieren und dem Schuldner deren Inanspruchnahme zumutbar ist. Schuldnerberatungsstellen sind zur Beratung auf diesem Gebiet auch befugt. Die Restschuldbefreiung stellt eine "Rechtswohltat" dar, die für den Schuldner nicht zum "Nulltarif" zu haben ist. Vielmehr fordert der Gesetzgeber von den Schuldnern, "erhebliche Eigenanstrengungen zu investieren", da nur dann "der Einsatz öffentlicher Mittel … gerechtfertigt" ist. Dies bedeutet letztlich auch, dass von Rechtsuchenden nach dem Wortlaut des Gesetzes eine gewisse Mühewaltung und Einschränkung freier Wahlrechte verlangt wird. Dabei kann es nicht nur nach den individuellen Wünschen des Rechtsuchenden gehen. Es mag im Einzelfall zutreffend sein, dass es für den Schuldner angenehmer ist, wenn die Wahrnehmung seiner Interessen durch einen Anwalt und nicht mittels einer Schuldnerberatungsstelle erfolgt. Diese Einschränkung hat der Recht...