Ein weiterer Klassiker ist in der Praxis oft vorzufinden. Es handelt sich dabei um die Frage, wie mit den Sachverhalten umzugehen ist, bei denen das Gericht – bei unmittelbarem Aufsuchen des Rechtsuchenden – keine Beratungshilfe bewilligen möchte. Genauso effizient, wie die Vorgehensweise dabei für Gerichte ist, ist sie auch unzulässig. Häufig führt dies zu einer nur "mündlichen" Ablehnung ohne schriftliche Zurückweisung. Das BVerfG hat mit Entscheidung v. 29.4.2015 aber genau hierzu Stellung genommen und eine wohl gängige "Praxis" der Gerichte damit beendet.
Das BVerfG hat klar und deutlich dargelegt, dass
Zitat
"werde einem Antrag auf anwaltliche Beratung nach dem Beratungshilfegesetz nicht in vollem Umfang entsprochen, hierüber grundsätzlich förmlich entschieden werden muss. Dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG genügt es nicht, wenn das Amtsgericht den Beratungshilfeantrag nach Erteilung mündlicher Hinweise durch den Rechtspfleger als erledigt erachtet, obwohl ausdrücklich eine anwaltliche Beratung gewünscht war. Zudem überdehnt die Verweisung auf die Beratungsstelle der Behörde, gegen die Widerspruch eingelegt werden soll, den Begriff der "Zumutbarkeit" vorrangiger anderer Hilfsmöglichkeiten."
In der Praxis der mündlichen Antragstellung gegenüber dem AG (= unmittelbarer, vorheriger Zugang zum Gericht) ist es Usus, dass nicht alle Anträge schriftlich verbeschieden werden. Erledigt sich der Antrag – etwa durch Rücknahme oder "Nichtstellung" des Rechtsuchenden oder durch befriedigenden Hinweis auf die fehlenden Voraussetzungen oder durch den Hinweis auf andere Hilfemöglichkeiten –, kommt es häufig nicht zur schriftlichen Fixierung (auch mangels schriftlichen Antrags oder fehlender Bereitschaft (danach) zum schriftlichen Antrag des Rechtsuchenden). Durch die Möglichkeit, bereits im Vorfeld den Sachverhalt mündlich zu klären, kommt es vielfach also erst gar nicht zur Beratungshilfe. So kann eine in der Praxis oftmals als "mündliche Zurückweisung" eines Antrages bezeichnete Erledigung bei entsprechendem Verständnis des Bürgers auch in eine Antragsrücknahme bzw. in eine "Nichtstellung" des Antrages umgedeutet werden. Dafür spricht auch die beabsichtigte unkomplizierte Behandlung der Beratungshilfe. Besteht der Bürger jedoch auf eine Antragsaufnahme und eine schriftliche Befassung, ist diesem Wunsch stets zu entsprechen. Die Nichtbescheidung eines Beratungshilfeantrags durch den Rechtspfleger entgegen dem ausdrücklichen Wunsch des Ratsuchenden verletzt nach dem Willen des BVerfG dessen Rechtsschutzgleichheit. Erledigt sich ein Antrag nicht, muss der Rechtspfleger über die Zurückweisung – nach § 5 BerHG i.V.m. §§ 38, 39 FamFG – durch einen zu begründenden und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehenden Beschluss entscheiden.