RVG § 15; RVG VV Nr. 2300; BGB §§ 823, 249
Leitsatz
- Bei der Einholung der Deckungszusage bei der Rechtsschutzversicherung handelt es sich um eine gesonderte Angelegenheit i.S.v. § 15 RVG, für die der Rechtsanwalt eine Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV zuzüglich Auslagen erhält.
- Der für die Berechnung der Anwaltsgebühren maßgebliche Streitwert entspricht den voraussichtlichen Kosten einer Deckungsschutzklage, also den aller Vorrausicht nach entstehenden beiderseitigen Rechtsanwaltskosten sowie den Gerichtskosten für eine Instanz.
- Der aufgrund eines Verkehrsunfalls zu leistende Schadensersatz erstreckt sich auch auf die durch eine Deckungsschutzanfrage entstehenden Anwaltskosten.
AG Karlsruhe, Urt. v. 9.4.2009–1 C 36/09
1 Aus den Gründen
1. Die Klägerin kann von der Beklagten gemäß § 7 StVG, § 115 VVG, §§ 823, 249 BGB Ersatz von Rechtsanwaltskosten für die Einholung einer Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung in Höhe von 120,67 EUR verlangen.
a) Zu den ersatzpflichtigen Aufwendungen des Geschädigten zählen grundsätzlich auch die durch das Schadensereignis erforderlich gewordenen Rechtsverfolgungskosten. Allerdings hat der Schädiger nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (BGHZ 127, 348). Teil der Schadensabwicklung ist auch die Entscheidung, den Schadensfall einem Versicherer zu melden. Ist es aus Sicht des Geschädigten erforderlich, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, so gilt dies grundsätzlich auch für die Anmeldung des Versicherungsfalles bei dem eigenen Versicherer. Auch die dadurch anfallenden Rechtsverfolgungskosten können ersatzfähig sein, wenn sie adäquat kausal auf dem Schadensereignis beruhen und die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe unter den Umständen des Falles erforderlich war (BGH NJW 2006, 1065).
Danach können grundsätzlich auch die Kosten für die Einholung einer Deckungszusage bei der Rechtsschutzversicherung für die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen auf Ersatz restlicher Reparaturkosten, einer Nutzungsausfallentschädigung sowie einer restlichen Auslagenpauschale wegen Beschädigung eines Kraftfahrzeugs bei einem Verkehrsunfall zum erstattungsfähigen Schaden gehören; denn die hierdurch entstehenden Aufwendungen dienen im Ergebnis allein dem Ausgleich des von dem Geschädigten zu ersetzenden materiellen Schadens und nicht etwa der Erlangung versicherungsrechtlicher Leistungen, die den vom Unfallverursacher zur erbringenden Ersatzleistungen nicht entsprechen (vgl. hierzu BGH NJW 2006, 1065). Die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe war im Streitfall auch erforderlich, weil sich die Beklagte jedenfalls hinsichtlich der Höhe des auszugleichenden Schadens teilweise streitig gestellt hat; die Klägerin muss sich daher nicht darauf verweisen lassen, dass sie selbst bei ihrer Rechtsschutzversicherung um Deckungsschutz hätte nachsuchen können.
b) Bei der Einholung der Deckungszusage bei der Rechtsschutzversicherung handelt es sich im Verhältnis der Klägerin zu ihren Prozessbevollmächtigten um eine gesonderte Angelegenheit i.S.v. § 15 RVG (vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 18. Aufl., § 19 Rn 27 m. w. Nachw.), für die der Rechtsanwalt eine Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV zuzüglich Auslagenpauschale (Nr. 7200 VV) und Mehrwertsteuer (Nr. 7008 VV) beanspruchen kann.
Der für die Berechnung der Anwaltsgebühren maßgebliche Streitwert entspricht den voraussichtlichen Kosten einer Deckungsschutzklage, also den aller Voraussicht nach entstehenden beiderseitigen Rechtsanwaltskosten sowie den Gerichtskosten für eine Instanz (vgl. Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 12. Aufl., Rn 5944). Die Gerichts- und Rechtsanwaltsgebühren der Deckungsschutzklage hängen wiederum vom Streitwert der Deckungsschutzklage ab; diese bemisst sich nach dem restlichen Fahrzeugschaden in Höhe von 1.134,96 EUR, der Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von 215,00 EUR sowie der restlichen Auslagenpauschale von 5,00 EUR, mithin einem Gesamtbetrag von 1.354,96 EUR. Die (von der Klägerin bei ihrer Berechnung berücksichtigten) Rechtsanwaltskosten für die Einholung der Deckungszusage haben dem gegenüber außer Betracht zu bleiben, weil es sich hierbei um eine nicht streitwerterhöhende Nebenforderung handelt. Vorprozessual aufgewendete Kosten zur Durchsetzung des im laufenden Verfahren geltend gemachten (restlichen) Hauptanspruchs wirken nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nämlich nicht werterhöhend (vgl. BGH NJW-RR 2008, 374).
Für die Rechtsanwaltsgebühren ist somit aus einem Streitwert von 1.354,96 EUR eine 1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV) sowie eine 1,2-Terminsgebühr (Nr. 3104 VV) nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer zu berücksichtigen; insoweit ergibt sich ein Betrag von 336,18 EUR. Bei Anwälten auf jeder Seite entstehen im Rahmen einer Klage auf Deckungsschutz voraussichtlich Rechtsanwaltskosten in Höhe von 672,36 EUR zuzüglich Gerichtskosten in H...