RVG § 15a; RVG VV Vorbem. 3 Abs. 4

Leitsatz

Im Hinblick auf den neuen § 15a RVG ist auch in Altfällen eine Anrechnung der Geschäftsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren nicht mehr vorzunehmen.

AG Wesel, Beschl. v. 26.5.2009–27 C 125/07

1 Aus den Gründen

Eine Anrechnung der Geschäftsgebühr erfolgt nicht. Der Gesetzgeber wird in Kürze einen § 15a RVG einführen, der die Anrechnung im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich verbietet. Aus der Begründung der Gesetzesänderung geht eindeutig hervor, dass diese Verfahrensweise bereits mit Einführung des RVG gewollt war. Damit ist mit der erfolgten Verabschiedung des Gesetzes durch den Bundestag eine Bindungswirkung der einschlägigen anderslautenden Urteile des BGH nicht mehr gegeben.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Horst Liepe, Wesel

2 Anmerkung

Es gibt noch Rechtpfleger in Deutschland !

Es scheint nicht übertrieben, dieses leicht abgewandelte Wort der Anmerkung der oben abgedruckten, geradezu großartigen Entscheidung voranzustellen.

Ruhm unter seinen Berufskollegen wird der Rechtspfleger aus Wesel möglicherweise nicht ernten, waren zumindest einige von ihnen in den letzten Monaten doch geradezu emsig darum bemüht, die verfehlte Rechtsprechung des BGH zu den Anrechnungsregeln stringent anzuwenden.

Aber wie heißt es bei Goethe: "Die Tat ist alles, nichts der Ruhm."

Für die tägliche Praxis ist die Entscheidung jedenfalls von ganz erheblicher Bedeutung. Nachdem der lang herbeigesehnte § 15a RVG seit dem 18.6.2009 nun endgültig "in trockenen Tüchern" ist, ist es um so wichtiger, der Praxis nahe zu bringen, dass damit natürlich auch die "Altfälle" einer vernünftigen und sachgerechten Lösung zugeführt werden können.

In den laufenden Verfahren können sich Rechtsanwälte jetzt nicht nur auf Literatur,[1] sondern auch auf die Rechtsprechung berufen, wenn sie die zutreffende Auslegung der Anrechnungsregeln mit § 15a RVG begründen.

Die Entscheidung des Rechtspflegers zeichnet sich im Übrigen nicht nur durch ihre Richtigkeit und gute Begründung aus, sondern auch dadurch, dass sie offenbart, dass man rechtliche Selbstverständlichkeiten auch in kurzen knappen Sätzen überzeugend belegen kann.

Damit also ein herzliches Dankeschön nach Wesel und Chapeau vor so viel Mut, einigen Berufskollegen die Freude zu nehmen, die anwaltliche Verfahrensgebühr auch und gerade da zu kürzen, wo es an einer Kompensation der zuvor titulierten Geschäftsgebühr fehlte.

Herbert P. Schons

[1] Schons, AGS 2009, 217

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