RVG VV Nr. 7008; ZPO § 104 Abs. 3

Leitsatz

Vertreten sich Anwälte in einer berufsbezogenen Angelegenheit selbst, etwa zur Abwehr einer Regressklage, so liegt ein sog. Innengeschäft vor, bei dem von vornherein keine Umsatzsteuer anfällt. Auf die Frage der Vorsteuerabzugsberechtigung kommt es in einem solchen Fall nicht an.

OLG Saarbrücken, Beschl. v. 22.1.2009–5 W 273/08-K7

1 Sachverhalt

Mit dem angefochtenen Beschluss hatte das LG die von der Klägerin an die Beklagten zu erstattenden Kosten festgesetzt. Dabei hat das LG einen Mehrwertsteuerbetrag von insgesamt 1.200,11 EUR auf Seiten der Beklagten anerkannt. Die Beklagten hätten versichert, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt zu sein, und eine diesbezügliche Überprüfung sei weder veranlasst noch möglich.

Gegen diesen zugestellten Beschluss hat die Klägerin sofortige Beschwerde eingelegt und sinngemäß beantragt, die Umsatzsteuer aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss zu streichen. Sie ist der Auffassung, es sei keine Umsatzsteuer angefallen, da die Beklagten sich in einem Regressprozess gegen sie beide selbst vertreten hätten und daher ein nicht umsatzsteuerpflichtiges Innengeschäft vorliege.

Die Beklagten beantragten die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde und sind der Auffassung, dass ein umsatzsteuerpflichtiges Geschäft vorliege, da sie von dem hinter ihnen stehenden Haftpflichtversicherer mandatiert worden seien.

Die Beschwerde hatte Erfolg.

2 Aus den Gründen

Zu Unrecht hat das LG auf Beklagtenseite Umsatzsteuer berücksichtigt.

Vertreten sich Rechtsanwälte in einer eigenen Angelegenheit selbst, welche zur beruflichen Anwaltstätigkeit gehört, insbesondere im Rahmen der Verteidigung gegen einen Regressprozess, so handelt es sich um ein sog. Innengeschäft, bei dem keine Umsatzsteuer anfällt. Daher ist bei der Kostenerstattung durch den Gegner auch keine Umsatzsteuer zuzuerkennen. Nur dann, wenn die Tätigkeit ein Außengeschäft, also eine private, nicht berufliche Angelegenheit des Anwalts betrifft, fällt Umsatzsteuer an und ist durch den Gegner zu erstatten (vgl. BGH, Beschl. v. 25.11.2004 – I ZB 16/04, NJW-RR 2005, 363 (364); OLG Düsseldorf JurBüro 2008, 152 (153); Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 18. Aufl., 7008 VV Rn 27 m. w. Nachw.; Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 91 ZPO Rn 13 "Umsatzsteuer").

Daher kommt es auf die Frage der Vorsteuerabzugsfähigkeit und die insoweit von den Beklagten abgegebene Erklärung, nicht hierzu berechtigt zu sein, nicht an, denn die Frage der Vorsteuerabzugsfähigkeit stellt sich erst, wenn ein Vorgang gegeben ist, der überhaupt eine Umsatzsteuerpflicht auslöst.

Etwas anderes folgt auch nicht aus der behaupteten Einschaltung des Haftpflichtversicherers der Beklagten. Dieser war weder Partei, noch wurde er von den Beklagten im Prozess vertreten. Der Haftpflichtversicherer hat allenfalls eine Deckungszusage hinsichtlich der Kosten abgegeben. Hierdurch ändert sich aber an der maßgeblichen Selbstvertretung der Beklagten in einer beruflichen Angelegenheit nichts.

3 Anmerkung

Das Ergebnis ist richtig, die Begründung falsch.

Nach § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO erhält ein Anwalt, der sich selbst vertreten hat, die Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Anwalts erstattet. Da der Anwalt in eigener Sache keinen Anwaltsvertrag abschließt und folglich auch keinen Gebührenanspruch erwirkt, fingiert § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO einen solchen Anspruch. Zu fragen ist, welche Gebühren und Auslagen der Anwalt hätte zahlen müssen, wenn er einen anderen Kollegen beauftragt hätte.

Hätte der Anwalt einen Kollegen mit seiner Vertretung beauftragt, dann hätte er diesem Kollegen auch Umsatzsteuer zahlen müssen. Da die Umsatzsteuer nach dem RVG einen Auslagentatbestand darstellt, ist sie also im Rahmen des § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO zu berücksichtigen.

Darauf, ob tatsächlich Umsatzsteuer angefallen ist, kommt es nicht an.

Die Frage der Umsatzsteuer stellt sich vielmehr im Rahmen des § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO. Der sich selbst vertretende Anwalt muss nämlich erklären, ob er zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Ist er das, dann hätte er bei Beauftragung eines anderen Anwalts die Umsatzsteuer zahlen müssen; diese wäre jedoch nicht erstattungsfähig gewesen. Folglich erhält der Anwalt in eigener Sache dann auch keine Umsatzsteuer erstattet.

Handelt es sich dagegen um eine Angelegenheit, in der der Anwalt nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, etwa in einer privaten Sache, dann muss ihm auch die Umsatzsteuer erstattet werden. Insoweit sei darauf hingewiesen, was vielfach nicht beachtet wird und vielfach offenbar auch nicht bekannt ist, dass ein sich selbst vertretender Anwalt umsatzsteuerpflichtig sein kann, nämlich dann, wenn er sich in einer privaten Angelegenheit vertritt.[1]

Norbert Schneider

[1] AnwK-N. Schneider, Nr. 7008 Rn 71.

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