Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
RVG § 15; RVG VV Nr. 7002
Leitsatz
Die Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsleistungen ist im Strafvollstreckungsverfahren sowohl für das Ausgangsverfahren als auch für die Beschwerdeinstanz zu berücksichtigen (§ 15 Abs. 2 S. 2 RVG, Nr. 7002 VV).
OLG Braunschweig, Beschl. v. 11.3.2009 – Ws 393/08
1 Aus den Gründen
Mit ihrer Erinnerung hat sich die Verteidigerin gegen die Verfügung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle gewandt, weil dort die Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsleistungen lediglich für die erste Instanz, nicht aber auch für die Beschwerdeinstanz berücksichtigt worden war. Diese Erinnerung ist durch den angefochtenen Beschluss der Strafvollstreckungskammer als unbegründet verworfen worden; zugleich ist von der Strafvollstreckungskammer "wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage" die Beschwerde zugelassen worden. Hiergegen hat die Verteidigerin die Beschwerde eingelegt. Die Bezirksrevisorin hat deren Verwerfung beantragt.
Die Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache selbst Erfolg.
Gem. § 15 Abs. 2 S. 2 RVG kann der Rechtsanwalt "die Gebühren" in jedem Rechtszug fordern. Damit korrespondiert auch die Vorbem. 4.2 VV, wonach im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung in der Hauptsache "die Gebühren" besonders entstehen. Zu diesen Gebühren gehört auch die Auslagenpauschale (ebenso OLG Schleswig AGS 2005, 444 ohne weitere Begründung). Die für die entgegengesetzte Auffassung herangezogene Vorbem. 4.3 Abs. 3 VV gilt für andere Rechtsanwaltsgebühren, die in einem anderen Abschnitt geregelt sind, und gibt nichts für einen von den Beteiligten gezogenen Gegenschluss für den vorliegenden Fall her. Demgegenüber spricht die BT-Drucks 15/1971, S. 229 für die Berücksichtigung der Auslagenpauschale auch im Beschwerdeverfahren. Dort wird für die Beschwerdegebühren des vorliegend einschlägigen Abschnitts 2 hervorgehoben, dass die insoweit gesondert anfallenden Gebühren nicht wie nach der Vorbem. 4.1 VV durch die Gebühren im Ausgangsverfahren mit abgegolten sein sollen. Zugleich werden in diesen Materialien die Tragweite der in der Beschwerdeinstanz zu treffenden Entscheidung sowie der in der Beschwerdeinstanz zu erbringende erhebliche Zeitaufwand hervorgehoben.
2 Anmerkung
Der Entscheidung kann nicht zugestimmt werden. Sie lässt außer Acht, dass das Beschwerdeverfahren in Strafsachen grundsätzlich keine besondere gebührenrechtliche Angelegenheit i.S.v. § 15 Abs. 2 S. 2 RVG bildet. Nach § 18 Nr. 5 RVG stellt nämlich nur das Beschwerdeverfahren in den von Teil 3 VV erfassten Verfahren eine besondere Angelegenheit dar.
Ist der Verteidiger mit der gesamten Verteidigung beauftragt, wird die im Beschwerdeverfahren entfaltete Tätigkeit nach Vorbem. 4.1 Abs. 2 VV mit den nach Teil 4 Abschnitt 1 VV verdienten Verteidigergebühren (Nrn. 4100 ff. VV) abgegolten. Der etwaige Mehraufwand des Verteidigers im Beschwerdeverfahren kann dann ggf. nur bei der Gebührenbemessung gem. § 14 RVG durch eine Erhöhung der Verteidigergebühr(en) berücksichtigt werden.
Wäre das Beschwerdeverfahren in Strafsachen von der allgemeinen Regelung in § 15 Abs. 2 S. 2 RVG erfasst, wären die Bestimmungen in Vorbem. 4 Abs. 5 VV, Nr. 4139 VV und Vorbem. 4.3 Abs. 3 S. 3 VV nicht erforderlich. Dort ist ausdrücklich bestimmt, in welchen Fällen das Beschwerdeverfahren in Strafsachen ausnahmsweise eine besondere Angelegenheit bildet.
Weil § 15 Abs. 5 S. 2 RVG nicht gilt, musste der Gesetzgeber auch in Vorbem. 4.2 VV bestimmen, dass im Beschwerdeverfahren gegen die Hauptsacheentscheidung in der Strafvollstreckung die in Teil 4 Abschnitt 2 VV geregelten Gebühren besonders entstehen. Wäre das strafvollstreckungsrechtliche Beschwerdeverfahren ohnehin nach § 15 Abs. 2 S. 2 RVG eine besondere Angelegenheit, wäre die Bestimmung nicht erforderlich. Nach Vorbem. 4.2 VV entstehen im Beschwerdeverfahren in der Strafvollstreckung aber nur die Gebühren besonders. Eine gesonderte Postentgeltpauschale Nr. 7002 VV (Auslage, vgl. § 1 Abs. 1 S. 1 RVG) kann im Beschwerdeverfahren deshalb nicht anfallen. Die Entstehung einer gesonderten Postengeltpauschale im strafvollstreckungsrechtlichen Beschwerdeverfahren kann auch nicht mit der Anm. zu Nr. 7002 VV begründet werden, weil das Beschwerdeverfahren in Strafsachen keine eigene gebührenrechtliche Angelegenheit bildet.
Dipl.-Rpfleger Joachim Volpert, Willich