ZPO §§ 104, 91 Abs. 1 S. 2
Leitsatz
- Die Vorlage von Originalbelegen für die geltend gemachten Reisekosten eines Angestellten der Partei zum Termin ist im Kostenfestsetzungsverfahren nicht erforderlich.
- § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO ist dahingehend auszulegen, dass eine Entschädigung für Zeitversäumnis bei der Entsendung eines Mitarbeiters zum Gerichtstermin nicht an einen Verdienstausfall des Mitarbeiters geknüpft ist, sondern sich danach bemisst, mit welchem Stundensatz die übliche Arbeitstätigkeit des Mitarbeiters für die Partei zu bewerten ist.
OLG Köln, Beschl. v. 14.1.2009–17 W 201/08
1 Sachverhalt
Die Klägerin hatte Kostenausgleichung beantragt und hierbei u.a. Reisekosten und Verdienstausfall geltend gemacht. Der Rechtspfleger hatte den von der Klägerin geltend gemachte Verdienstausfall abgesetzt, weil dem Prokuristen der Klägerin ein Verdienstausfall nicht entstanden sei. Über die Fahrtkosten des Prozessbevollmächtigten sowie des Vertreters der Klägerin könne nicht entschieden werden, da Originalbelege trotz Aufforderung nicht eingereicht worden seien.
Dagegen hat die Klägerin sofortige Beschwerde eingelegt und ausgeführt, diese richte sich gegen die nicht festgesetzten Teilbeträge der Reisekosten. Nicht weiter verfolgt werde der Antrag auf den Verdienstausfall der Termine im Jahre 2003 und 2004. Aufrecht erhalten bleibe der Antrag dagegen im Hinblick auf den Verdienstausfall für den Termin am 26.6.2007 sowie hinsichtlich der Abwesenheitsgelder, die auch der Partei zustünden.
Der Rechtspfleger hat der Beschwerde teilweise abgeholfen und ausgesprochen, dass von der Beklagten weitere 76,00 EUR an die Klägerin zu erstatten seien. Zur Begründung hat er ausgeführt, anstelle des Verdienstausfalles des Prokuristen der Klägerin für die Wahrnehmung von fünf Terminen zu je acht Stunden werde die Zeitversäumnis nach §§ 19 Abs. 1 Nr. 4, 20 JVEG ausgeglichen.
Die zulässige sofortige Beschwerde hat Erfolg.
2 Aus den Gründen
1. Soweit sich die sofortige Beschwerde gegen die Nichtbescheidung der von der Klägerin geltend gemachten Reisekosten richtet, ist sie als Untätigkeitsbeschwerde zulässig. Dem steht nicht entgegen, dass eine Entscheidung im Sinne von § 567 Abs. 1 ZPO über die geltend gemachten Reisekosten von dem Rechtspfleger des LG noch nicht getroffen worden ist. Zwar geht das Rechtsmittelsystem der ZPO davon aus, dass ein Rechtsmittel den Erlass einer Entscheidung voraussetzt, die mit diesem angefochten wird; denn das Rechtsmittel dient der Überprüfung einer Entscheidung, nicht deren Herbeiführung (vgl. Gummer, in: Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 567 Rn 21). Nach einer im Vordringen befindlichen Auffassung, welche von dem Senat geteilt wird, ist jedoch eine außerordentliche Beschwerde wegen Untätigkeit eröffnet, wenn Veranlassung zu der Annahme besteht, dass das Erstgericht durch eine sachlich nicht mehr zu rechtfertigende Untätigkeit einen der Rechtsverweigerung gleichkommenden Verfahrensstillstand herbeigeführt hat (vgl. OLG Saarbrücken NJW-RR 1999, 1290 f. und MDR 1997, 1062 f.; OLG Köln NJW-RR 1999, 290 f.; Gummer, in: Zöller, a.a.O.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
Der Rechtspfleger hat durch seine gesamte Verfahrensweise zum Ausdruck gebracht, dass er nicht beabsichtigt, vor der Einreichung von Originalbelegen über die von der Klägerin zur Kostenausgleichung angemeldeten Reisekosten ihres Prokuristen zu entscheiden. Hierdurch wird ein der Rechtsverweigerung gleichkommender Verfahrensstillstand herbeigeführt. Denn die Klägerin hatte bereits mit Schriftsatz vom 18.3.2008 darauf hingewiesen, dass ihr nicht mehr sämtliche Originalbelege vorliegen und sie diese deshalb auch nicht zur Akte reichen könne; zugleich hatte sie um die Bescheidung des Antrags gebeten und in diesem Zusammenhang ausgeführt, sofern der Rechtspfleger des LG weiterhin die Auffassung vertrete, dass bestimmte Positionen nicht hinreichend belegt seien, möge er dies im Rahmen seiner Entscheidung darlegen. Dadurch, dass der Rechtspfleger über die angemeldeten Reisekosten im Beschl. v. 26.3.2008 gleichwohl mangels Vorlage von Originalbelegen nicht entschieden hat, hat er der Klägerin zugleich die Möglichkeit genommen, den von ihm eingenommenen Rechtsstandpunkt zur Überprüfung durch das Beschwerdegericht zu stellen und damit einen der Rechtsverweigerung gleichkommenden Verfahrensstillstand herbeigeführt.
In der Sache selbst führt die Untätigkeitsbeschwerde zu der Anweisung, nunmehr über die von der Klägerin geltend gemachten Reisekosten ihres Prokuristen infolge der Teilnahme an den Gerichtsterminen vom 18.2.2003, 11.7.2003, 30.9.2003, 9.3.2004 und 26.6.2007 zu entscheiden.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
Auch wenn das formalisierte Kostenfestsetzungsverfahren im Interesse der Rechtssicherheit klarer und praktikabler Berechnungsgrundlagen bedarf, bedeutet dies auch nach der Rspr. des BGH nicht, dass Kosten, die nicht ohne weiteres anhand der Gerichtsakten oder anderer Urkunden feststellbar sind, nicht festsetzungsfähig sind. Zur Berücksichtigung eines Ansatzes...