Die Strukturreform intendiert Gleichgewicht im Versorgungsfall und Ordnung des unübersichtlichen Rechts der Vergangenheit. Der Gesetzgeber selbst ist davon ausgegangen, dass das frühere Recht nur "noch wenigen Experten verständlich gewesen ist". Die Reform sollte zum Garanten für eine gerechtere Teilhabe im Versorgungsfall werden und so anwenderfreundlich gestaltet sein, dass Anwälte, Familiengerichte und Versorgungsträger im Einzelfall zu gerechten, weil für die beteiligten Eheleute nachvollziehbaren, und überdies praktikablen Lösungen finden können.
Dem Gesetzgeber mag die Verwirklichung seiner Ziele auf materieller Grundlage noch ganz gut gelungen sein, weil bisherige Gerechtigkeitsdefizite nunmehr durch interne Teilung von Anrechten vermindert werden können, keine Dynamisierung oder Totalrevision mehr erforderlich ist und den Ehegatten erweiterte Spielräume für Vereinbarungen eingeräumt worden sind.
Ob er dies auch im Hinblick auf die entstehenden Gebühren der in Versorgungsausgleichssachen tätigen Rechtsanwälte auf der Grundlage der nunmehr maßgeblichen Wertvorschrift des § 50 FamGKG umsetzen konnte, ist jedenfalls derzeit leider zweifelhaft. Dabei war es der erklärte Wille des Gesetzgebers, die "gerechte Teilhabe" auch auf die anwaltlichen Tätigkeiten im haftungsträchtigen Dickicht des Versorgungsausgleichsverfahrens zu projizieren. Denn es entsprach seiner Überzeugung, dass die bislang normierten Festwerte den Leistungen der Anwälte und ihrem Haftungsrisiko bei einer steigenden Anzahl auszugleichender Anrechte nicht (mehr) ausreichend Rechnung getragen haben. § 50 FamGKG sollte dies ändern und so orientiert sich die Bestimmung des Verfahrenswertes – "ähnlich" wie in Ehesachen (§ 43 FamGKG) – an dem in drei Monaten erzielten Nettoeinkommen der Eheleute.
Dass "ähnlich" nicht "gleich" heißt, liegt auf der Hand und erschließt sich selbst dem familienrechtlichen Laien; offenbar aber nicht dem AG Ludwigslust (in diesem Heft S. 350), das einen pauschalen Abzug für den Unterhalt minderjähriger Kinder vom dreifachen Nettoeinkommen vorzunehmen weiß, was die betroffenen Verfahrenbevollmächtigten gewiss keineswegs lustig fanden. Für eine solche Wertreduzierung gibt es auch nicht die geringste Veranlassung.
Das vom Gesetzgeber wohl ins Auge gefasste kostendeckende Arbeiten der Anwälte wird so durch falsche Auslegung eines fingierten Gesetzestextes verhindert. Dabei ist der Wortlaut des § 50 FamGKG eindeutig: Auszugehen ist vom (reinen) dreifachen Nettoeinkommen. Eine Grundlage für wie auch immer geartete Abschläge ist nicht ersichtlich. Es gibt sie auch nicht. Im Übrigen ist auch in Ehesachen vom (reinen) Nettoeinkommen auszugehen. Abschläge sind dort nur möglich, weil eine Bemessung des Verfahrenswertes nach den Umständen des Einzelfalls zu erfolgen hat. Nur deshalb kommen Abzüge überhaupt in Betracht. Dass ausgerechnet ausgewachsene – in Auslegungstechniken geschulte – Juristen bei der Aufdeckung dieses kleinen, aber feinen Unterschiedes versagen, gibt Anlass, an sorgfältiger gerichtlicher Vorgehensweise zu zweifeln.
Die Vielzahl der in diesem Heft veröffentlichten Entscheidungen macht deutlich, dass der gesetzgeberische Wille der "gerechten Teilhabe" auch in Bezug auf anwaltliche Gebührenansprüche sich bei den meisten Gerichten noch nicht durchgreifend manifestiert hat. Das geht leider einher mit der jahrzehntelang zu beobachtenden Praxis der Rspr., dem wirtschaftlichen Begehren der Rechtsanwälte – eine angemessene Wertfestsetzung ihre Tätigkeit betreffend – nicht ausreichend Rechnung zu tragen.
So wird überflüssigerweise auch darüber gestritten, ob ermittelte Anrechte, die nicht ausgeglichen werden, dennoch bei der Wertberechnung zugrunde zu legen sind. Hier wird zum Teil vertreten, sie blieben außer Ansatz, weil es ja "keine Teilhabe" der Eheleute gebe. Dabei wird übersehen, dass nach § 224 Abs. 3 FamFG eine Entscheidung, wonach ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet, in Rechtskraft erwächst. Wird z.B. ein Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs trotz geringer Ehedauer nicht gestellt und verliert damit der beteiligte Ehegatte seine Ansprüche auf den Versorgungsausgleich, dann haftet der Anwalt in vollem Umfang dafür. Es mutet seltsam an, dass der Anwalt für eine Tätigkeit haften soll, für die er gar nicht honoriert wird.
Obwohl die gesetzliche Regelung des Art. 111 Abs. 4 FGG-ReformG eindeutig ist und die Begründung den unzweifelhaften Gesetzestext bestätigt, gehen manche Gerichte davon aus, dass auch in den Fällen des Art. 111 Abs. 4 FGG-ReformG der Verbund erhalten und der Versorgungsausgleich weiterhin als Folgesache anhängig bleibe, und zwar mit den entsprechenden gebühren- und verfahrenskostenhilferechtlichen Konsequenzen. Dass schließlich auch darüber gestritten werden muss, ob Ost- und Westanrechte zwei oder eins sind, bedarf keiner tiefen Kommentierung. Beide Anwartschaften unterliegen einer eigenen Dynamik, sind gesondert auszugleichen. Gutdeutsch erkennt's auf einen Bl...Klick.
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