Verteidigervergütung (Praxis der Strafverteidigung). Von FAStR Dr. Andreas Mertens und FAStR Iris Stuff. Verlag C. F. Müller, Heidelberg, 2010. XXIII, 348 S. 44,95 EUR.

Mit Inkrafttreten des RVG war auch die fünfte Auflage von Madert, Rechtsanwaltsvergütung in Straf- und Bußgeldsachen, in der Reihe "Praxis der Strafverteidigung" erschienen. Mit dem jetzt vorgelegten Werk von Mertens/Stuff nimmt der Verlag einen Neuanfang vor. Beide Autoren sind erfahrene Praktiker auf dem Gebiet der Strafverteidiger und lassen ihre Erfahrung mit einfließen. An zahlreichen Stellen geben die Verfasser wichtige, gesondert gekennzeichnete praktische Hinweise, die sie aus ihrer Tätigkeit schöpfen.

Zu Recht wird daher auch nach einer Einführung das Thema der Vergütungsvereinbarung in den Vordergrund gestellt. Insbesondere in Strafsachen sind Vergütungsvereinbarungen an der Tagesordnung, ist es bei umfangreichen Strafsachen doch kaum möglich, mit den gesetzlichen Gebühren kostendeckend, geschweige denn gewinnbringend zu arbeiten. Hier sind einige Fallstricke zu beachten, denkt man nur an die jüngste Rechtsprechung des BGH, mit der er von seiner willkürlich gezogenen Angemessenheitsgrenze des Fünffachen der Höchstgebühren nicht abrücken will, obwohl ihm das BVerfG schon einmal die verfassungsrechtlichen Bedenken dieser Rspr. klar gemacht hat.

Die Verfasser geben wertvolle Hinweise, was inhaltlich bei Abschluss einer Vergütungsvereinbarung zu beachten ist. Zahlreiche Muster geben dem Nutzer Hilfen für die eigene Vereinbarung an die Hand. Sämtliche Problematiken werden angesprochen, so z.B. die Probleme des 15-Minuten-Taktes (siehe einerseits OLG Düsseldorf AGS 2006, 530 u. 2010, 109; andererseits OLG Schleswig AGS 2009, 209; LG München AG S2010, 284; offen gelassen AGS BGH 2009, 209), AGB-Probleme etc.

Im Anschluss wird die gesetzliche Vergütung behandelt. Die Darstellung ist äußerst praxisorientiert und sehr anschaulich. Äußerst hilfreich sind die den jeweiligen Gebühren vorangestellten auszugsweisen Gebührentabellen, die einen Griff zum Gesetzestext entbehrlich machen. Behandelt wird hier nicht nur die Wahlverteidigervergütung, sondern auch die Pflichtverteidigervergütung; ebenso werden die Gebühren im Bußgeldverfahren ausführlich dargestellt.

Die Autoren befassen sich auch mit der ebenso wichtigen Frage der ordnungsgemäßen Abrechnung, ohne die der Vergütungsanspruch nicht geltend gemacht werden kann (§ 10 RVG), und mit dem in Strafsachen immens wichtigen Vorschuss. Des Weiteren wird die Kostengrundentscheidung in Strafsachen behandelt. Auch hier werden in der Praxis erfahrungsmäßig häufig Fehler begangen. Man denke nur an die umfangreiche Rspr. zur übersehenen Kostenentscheidung zu Gunsten des Nebenklägers (zuletzt LG Arnsberg AGS 2009, 484; OLG Koblenz AGS 2009, 555). Anfechtung und Korrektur der Kostenentscheidung werden ebenso behandelt.

Auch dem Kostenfestsetzungsverfahren einschließlich der Vergütungsfestsetzungsverfahren gegen die Landeskasse ist ausreichend Raum gegeben. Selbst die in Strafsachen unbedeutende Beratungshilfe wird hier behandelt. Hervorzuheben ist auch die Behandlung des Vertreters eines Zeugen, eines Neben- oder Privatklägers.

Soweit der Verlag in seiner Ankündigung ausführt, das Werk wende sich vor allen Dingen an den Berufseinsteiger und den nur gelegentlich strafrechtlich tätigen Rechtsanwalt, ist dies falsche Bescheidenheit. Aufgrund seiner klaren und strukturierten Darstellung ist das Werk sicherlich sehr gut für Berufsanfänger geeignet; es bietet jedoch auch dem erfahrenen Strafrechtler noch eine wichtige Hilfe und gibt ihm zahlreiche nützliche Tipps.

Der Neuanfang des Verlages hat sich gelohnt. Mit diesem Buch kommt wieder frischer Wind in das strafrechtliche Vergütungsrecht, das häufig allzu stiefmütterlich behandelt wird. Das Werk dürfte derzeit konkurrenzlos auf dem Markt sein.

Norbert Schneider

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