Das Gericht legt die "Beschwerde" so aus, dass nicht Erinnerung gem. § 6 Abs. 2 BerHG gegen die Versagung eines zweiten Beratungshilfescheins namens und in Vollmacht des rechtsuchenden Bürgers eingelegt werden soll. Vielmehr ist die Erinnerung so auszulegen, dass der Rechtsanwalt im eigenen Namen Erinnerung gegen die teilweise Zurückweisung seines Vergütungsfestsetzungsantrages einlegt.
Die Erinnerung ist zulässig gem. § 56 Abs. 1 RVG i.V.m. §§ 11 Abs. 2, 24a RPflG. Über die Erinnerung entscheidet nicht der Rechtspfleger, sondern der Richter (Beschl. d. Gerichts v. 4.1.2011 – 103 II 4688/10 [= AGS 2011, 84]).
Die Erinnerung ist nicht begründet. Bei beiden Aufträgen, die dem antragstellenden Rechtsanwalt erteilt worden sind, handelt es sich nur um eine Angelegenheit i.S.d. § 2 Abs. 2 BerHG, sodass auch nur eine Geschäftsgebühr gem. Nr. 2503 VV nebst Dokumentenpauschale und Umsatzsteuer festgesetzt werden kann.
Im vorliegenden Fall betreffen beide Aufträge Abmahnungen, die der rechtsuchende Bürger wegen Downloads aus dem Internet bekommen hat. Es geht also in beiden Fällen um die gleiche Rechtsmaterie. Beide Abmahnungen erfolgten in zeitlicher Nähe zueinander. Daher ist auch dann von einer einheitlichen Angelegenheit auszugehen, wenn in beiden Verfahren unterschiedliche Rechtsprobleme zu beantworten sind und wenn der Rechtsanwalt mehrere Schreiben fertigen muss. Unerheblich ist es, ob die Abmahnungen von zwei verschiedenen Rechtsanwälten bzw. zwei verschiedenen Rechteinhabern stammen. In derartigen Fällen ist vom Vorliegen von nur einer Angelegenheit auszugehen (Beschl. d. Gerichts vom 21.1.2011 – 103 II 6668/10).
Der BGH hat mit Urt. v. 19.10 2010 (VI ZR 237/09, NJW 2011, 155 ff. [= AGS 2010, 590]) klargestellt, dass von nur einer Angelegenheit auch dann gesprochen werden kann, wenn der Rechtsanwalt verschiedene Prüfungsaufgaben zu erfüllen hat bzw. verschiedene voneinander abweichende Anspruchsgrundlagen zu prüfen hat. Unter Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinn ist das gesamte Geschäft zu verstehen, das der Rechtsanwalt für den Auftraggeber besorgen soll, wobei eine Angelegenheit durchaus mehrere Gegenstände umfassen kann (BGH a.a.O.). Weiter hat der BGH klargestellt, dass ein – für die Annahme einer Angelegenheit erforderlicher – innerer Zusammenhang zu bejahen sei, wenn die verschiedenen Gegenstände bei objektiver Betrachtung und unter Berücksichtigung des mit der anwaltlichen Tätigkeit nach dem Inhalt des Auftrages erstrebten Erfolges zusammengehören (BGH a.a.O.). Es kommt auch nicht darauf an, ob die einzelnen Tätigkeiten des Anwalts ein eigenes rechtliches Schicksal haben können (BGH a.a.O.). Auch dies zeigt, dass von nur einer Angelegenheit auszugehen ist. Anwaltliche Leistungen betreffen in der Regel dieselbe Angelegenheit, wenn zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit gesprochen werden kann. (BGH, Urt. v. 11.1.2011 – VI ZR 64/10, NJW 2011, 784 f.).
Hinzu kommt, dass im vorliegenden Fall in beiden Fällen die von dem Rechtsanwalt gefertigten Schreiben nahezu wortgleich sind. Dies spricht ebenfalls für das Vorliegen von nur einer Angelegenheit i.S.d. § 2 Abs. 2 BerHG.
An dieser mit Beschluss des Gerichts v. 9.3.2011 (103 II 6314/10) zum Ausdruck gebrachten Rspr. hält das Gericht trotz der Kritik von Kathrin Berger, jurisPR-ITR 7/2011 Anm. 2 fest. Richtig ist allein, dass die Entscheidung des BGH v. 19.10.2010 nicht aus dem Bereich des Urheberrechts, sondern aus dem Bereich des Presserechts stammt. An den grundsätzlichen Aussagen des BGH zum Begriff der Angelegenheit ändert das aber nichts. Zu verweisen ist weiter auf das Urteil des BGH vom 5.10.2010 (VI ZR 152/09, NJW 2011, 782 f. [= AGS 2010, 587]), in welchem der BGH nochmals betont hat, dass von nur einer Angelegenheit dann gesprochen werden kann, wenn zwischen den anwaltlichen Leistungen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit gesprochen werden kann. Insbesondere hat der BGH betont, dass der Begriff derselben Angelegenheit nicht voraussetzt, dass der Anwalt nur eine Prüfungsaufgabe zu erfüllen hat. Der Begriff der Angelegenheit ist, so der BGH überzeugend, abzugrenzen von dem Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit. Vielmehr ist Angelegenheit das gesamte Geschäft, das der Rechtsanwalt für den Auftraggeber besorgen soll. Für die Annahme nur einer Angelegenheit ist es laut BGH ausreichend, wenn verschiedene Gegenstände vom Anwalt einheitlich bearbeitet werden können. Dass dies vorliegend angesichts der wortgleichen Schreiben des Rechtsanwalts vom 14.9.2009 und 6.10.2009 der Fall war, ist evident. Auch der BGH hat in dem erwähnten Urt. v. 5.10.2010 klargestellt, dass es für die Annahme von nur einer Angelegenheit spricht, wenn (vom Rechtsanwalt gefertigte) Abmahnung...