VV RVG Nrn. 7002, 5100 ff.
Leitsatz
Verteidigt der Anwalt sowohl im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde als auch im anschließenden gerichtlichen erstinstanzlichen Verfahren, so erhält er jeweils eine gesonderte Postentgeltpauschale.
AG Siegburg, Urt. v. 31.3.2011 – 112 C 252/10
1 Sachverhalt
Der Verteidiger hatte den Betroffenen zunächst im Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde vertreten und hiernach im erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren vor dem AG. Dafür rechnete er zwei gesonderte Postentgeltpauschalen ab. Der Rechtsschutzversicherer des Betroffenen zahlte nur eine Postentgeltpauschale. Die daraufhin erhobene Klage des Versicherungsnehmers auf Freistellung hatte Erfolg.
2 Aus den Gründen
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Freistellung von der Vergütungsforderung in Höhe von 23,80 EUR.
Die Freistellungsklage ist zulässig. Der Klägerin sind die Anwaltskosten in Höhe der Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen von dem Rechtsanwalt in Rechnung gestellt worden. Ihr gegenüber wird eine Forderung geltend gemacht, welche die Versicherung im Rahmen des Versicherungsvertrages für sie tragen muss. Daher kann sie die Versicherung auf Freistellung der ihr gegenüber geltend gemachten Forderung verklagen.
Bei der anwaltlichen Vertretung im Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde und im nachfolgenden gerichtlichen Bußgeldverfahren handelt es sich um die Vertretung verschiedener Angelegenheiten, so dass die Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach Nr. 7002 VV zweimal anfällt.
Wie das LG Konstanz (vgl. Urt. v. 11.12.2009, zfs 2010, 167 f. [= AGS 2010, 175] zur Begründung zutreffend ausgeführt hat: "legt dies schon die Ausgestaltung der für die Vertretung in Bußgeldsachen entstehenden Gebühren in Teil 5 der Anlage 1 zum RVG nahe. Dort sind die Verfahren vor der Verwaltungsbehörde und das gerichtliche Verfahren im ersten Rechtszug in einzelnen Unterabschnitten gesondert dargestellt. Für die jeweilige Vertretung fallen gesonderte Gebühren an. Hinzu kommt, dass erhebliche Parallelen zu den Regelungen des § 17 Nr. 1 und Nr. 9 RVG bestehen, die dafür sprechen, in der vorliegenden Konstellation von verschiedenen Angelegenheiten auszugehen. Das Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde entspricht in Struktur und Ausgestaltung eher dem Verwaltungsverfahren nach § 17 Nr. 1 RVG als dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren".
Dem schließt sich das erkennende Gericht an. Es ist im Ergebnis davon auszugehen, dass unterschiedliche Angelegenheiten vorliegen und daher die Pauschale zweimal anfällt.
3 Hinweis der Schriftleitung
Ebenso hat das AG Siegburg inhaltsgleich in einem weiteren Verfahren entschieden.