FamFG §§ 10 Abs. 4, 17 Abs. 2, 39, 114 Abs. 2
Leitsatz
- Auch die Rechtsbeschwerde in Verfahrenskostenhilfesachen kann nach § 114 Abs. 2 FamFG wirksam nur durch einen beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt werden.
- Eine Rechtsbehelfsbelehrung nach § 39 FamFG muss neben der Bezeichnung des statthaften Rechtsmittels oder Rechtsbehelfs das für die Entgegennahme zuständige Gericht und dessen vollständige Anschrift sowie die bei der Einlegung einzuhaltende Form und Frist angeben. Dazu gehört auch die Information über einen bestehenden Anwaltszwang. Sie muss mit diesem zwingenden Inhalt aus sich heraus verständlich sein.
- Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen fehlender oder unzureichender Rechtsbehelfsbelehrung nach § 17 Abs. 2 FamFG setzt eine Kausalität zwischen dem Fehlen der Rechtsbehelfsbelehrung und der Fristversäumung voraus. Sie kann entfallen, wenn der Beteiligte wegen vorhandener Kenntnis über seine Rechtsmittel, etwa bei anwaltlicher Vertretung, keiner Unterstützung durch eine Rechtsmittelbelehrung bedarf.
- Auch wenn die Fristversäumung auf einem Rechtsirrtum beruht, kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur bewilligt werden, wenn der Irrtum unverschuldet ist.
BGH, Beschl. v. 23.6.2010 – XII ZB 82/10
1 Sachverhalt
Der Beteiligte zu 1) (im Folgenden: Vater) und die Beteiligte zu 2) (im Folgenden: Mutter) sind getrennt lebende Eheleute. Sie streiten um das Umgangsrecht des Vaters mit ihrem gemeinsamen Sohn. Das FamG hatte beiden Verfahrenskostenhilfe bewilligt. Die weiteren Anträge auf Beiordnung eines Rechtsanwalts hat es jedoch abgewiesen. Das OLG hat die Beschwerde des Vaters gegen die Abweisung seines Antrags auf Beiordnung eines Rechtsanwalts zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Der Beschluss des OLG wurde dem Vater am 28.1.2010 zugestellt. Mit einem am 25.2.2010 eingegangenen Schriftsatz seines zweitinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten hat er dagegen Rechtsbeschwerde eingelegt. Auf einen Hinweis des Gerichts vom 1.3.2010, der dem Vater am 3.3.2010 zugegangen ist, hat er mit einem am 17.3.2010 eingegangenen Schriftsatz seiner am BGH zugelassenen Verfahrensbevollmächtigten erneut Rechtsbeschwerde eingelegt, diese begründet sowie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und zur Begründung der Rechtsbeschwerde beantragt.
Der BGH hat die Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen.
2 Aus den Gründen
Die Rechtsbeschwerde ist gem. § 70 Abs. 1 FamFG statthaft, weil das Beschwerdegericht sie wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen hat. Daran ist der Senat gem. § 70 Abs. 2 S. 2 FamFG gebunden. Sie ist aber unzulässig, weil sie nicht innerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist des § 71 Abs. 1 S. 1 FamFG durch einen beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt worden ist und dem Antragsteller auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt werden kann.
1. Die Rechtsbeschwerde ist nicht bereits wirksam innerhalb der Monatsfrist des § 71 Abs. 1 S. 1 FamFG eingelegt worden.
a) Nach § 114 Abs. 2 FamFG, der den Anwaltszwang in Familiensachen regelt und insoweit eine Spezialregelung gegenüber der allgemeinen Vorschrift des § 10 Abs. 4 FamFG enthält (vgl. Prütting/Helms, FamFG § 114 Rn 22), müssen sich die Beteiligten vor dem BGH grundsätzlich durch einen bei dem BGH zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen. Soweit § 114 Abs. 4 Nr. 5 FamFG im Einklang mit der allgemeinen Regelung des § 10 Abs. 4 S. 1 FamFG davon eine Ausnahme für das Verfahren über die Verfahrenskostenhilfe vorsieht, gilt dies zunächst nur für das Verfahren über die Verfahrenskostenhilfe innerhalb der jeweiligen Instanz. Entsprechend der Regelung zur Prozesskostenhilfe kann auch die Verfahrenskostenhilfe für die jeweilige Instanz von der Partei persönlich beantragt werden, ohne dass sie sich durch einen an dem jeweiligen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen muss.
b) Darüber hinaus unterfällt auch die Beschwerde gegen einen Beschluss, der im Verfahrenskostenhilfeverfahren ergangen ist, nicht dem Anwaltszwang. Nach § 76 Abs. 2 FamFG sind insoweit die Vorschriften über die sofortige Beschwerde nach den §§ 567 bis 572, 127 Abs. 2 bis 4 ZPO entsprechend anwendbar. Gem. § 569 Abs. 3 Nr. 2 ZPO kann die Beschwerde – wie nach § 117 Abs. 1 S. 1 ZPO der Prozesskostenhilfeantrag – zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden. Nach § 78 Abs. 3 ZPO gilt für Prozesshandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können, der Anwaltszwang nicht. Von dieser Regelung im Zivilprozess wollte der Gesetzgeber mit dem FGG-ReformG v. 17.12.2008 (BGBl 2008 I 2586) nicht abweichen, was die ausdrückliche Verweisung in § 76 Abs. 2 FamFG verdeutlicht.
c) Die Rechtsbeschwerde zum BGH kann auch in Prozesskostenhilfesachen nach den Vorschriften der ZPO allerdings wirksam nur durch einen beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt werden (Senatsbeschl. v. 11.5.2005 – XII ZB 242/03, FamRZ 2005, 1164 [= AGS 2005, 460]). Daran hat der Gesetzgeber mit der Neuregelung des familienger...