GKG § 23 Abs. 1 S. 2 InsO §§ 4, 26 Abs. 1
Leitsatz
Ein antragstellender Gläubiger haftet gem. § 23 Abs. 1 S. 2 GKG auch dann als Zweitschuldner für gerichtliche Auslagen (Sachverständigenkosten), wenn sein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgewiesen worden ist.
OLG Köln, Beschl. v. 28.1.2010 – 17 W 343/09
1 Sachverhalt
Die Beteiligte zu 1) hat als Trägerin der gesetzlichen Krankenversicherung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Beitragsschuldnerin beantragt. Diesen Antrag hat das AG als Insolvenzgericht nach Einholung eines Sachverständigengutachtens mangels Masse abgewiesen.
Der Kostenbeamte des AG hat die Beteiligte zu 1) mit Kostenrechnung zum Ausgleich einer Verfahrensgebühr in Höhe von 150,00 EUR, der Sachverständigenentschädigung in Höhe von 770,23 EUR und einer Bekanntmachungsgebühr von 1,00 EUR herangezogen, nachdem die Beitreibung der bezeichneten Gebühren und Auslagen bei der Schuldnerin wegen deren Vermögenslosigkeit nicht möglich gewesen war.
Gegen den Ansatz der gerichtlichen Auslagen hat die Beteiligte zu 1) 2009 Erinnerung eingelegt. Sie hat geltend gemacht, eine Zweitschuldnerhaftung nach § 23 Abs. 1 S. 2 GKG bestehe nicht. Wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gem. § 26 Abs. 1 InsO mangels Masse abgewiesen werde, habe der antragstellende Gläubiger an sich obsiegt, weil der Durchführung des Insolvenzverfahrens lediglich das Hindernis der Massearmut entgegenstehe.
Das AG hat die Erinnerung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass auch die Abweisung eines Eröffnungsantrags mangels Masse ohne weiteres dem Regelungsbereich des § 23 Abs. 1 S. 2 GKG unterfalle. Diese Vorschrift diene dem auch hier einschlägigen staatlichen Kostendeckungsinteresse.
Die gegen den Beschluss des AG eingelegte Beschwerde der Beteiligten zu 1) hat das LG mit Beschl. v. 3.11.2009 zurückgewiesen und sich dabei im Wesentlichen die Erwägungen zu eigen gemacht, die das LG Göttingen (vgl. ZInsO 2009, 1926) in einem vergleichbaren Fall angestellt hat. Das LG hat die weitere Beschwerde zum OLG zugelassen.
Gegen die Entscheidung des LG wendet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1), die an ihrer Rechtsauffassung, dass eine zweitschuldnerische Einstandspflicht ausscheiden müsse, festhält.
2 Aus den Gründen
Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist gem. § 66 Abs. 4 GKG statthaft, nachdem das Landgericht sie als Beschwerdegericht zugelassen hat. Das auch im Übrigen keinen Zulässigkeitsbedenken begegnende Rechtsmittel bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.
Der angefochtene Beschluss beruht nicht auf einer Rechtsverletzung i.S.v. § 66 Abs. 4 S. 2 GKG, §§ 546, 547 ZPO. Die Beteiligte zu 1) ist mit Recht als Zweitschuldnerin zum Ausgleich der insolvenzgerichtlichen Auslagen herangezogen worden, §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 23 Abs. 1 S. 2 GKG. Die Zweitschuldnerhaftung der Beteiligten zu 1) folgt unmittelbar aus § 23 Abs. 1 S. 2 GKG, die nach Wortlaut und Inhalt eindeutig ist und eine anderweitige Auslegung i.S.d. Beschwerdebegründung nicht zulässt.
Auch der Senat folgt nicht der Auffassung, dass vom Grundsatz der Zweitschuldnerhaftung eines antragstellenden Gläubigers dann eine Ausnahme zu machen sei, wenn der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgewiesen worden ist. Der dieser Auffassung zugrunde liegenden Erwägung, dass ein antragstellender Gläubiger bei Abweisung mangels Masse im Grunde "obsiegt" habe und dass deshalb allein von der Kostenpflicht des Schuldners auszugehen sei (vgl. die nicht bestandskräftige Entscheidung des AG Göttingen, ZInsO 2009, 981 = ZIP 2009, 1532, abgeändert durch Beschluss des LG Göttingen, ZinsO 2009, 1926 = NZI 2009, 729), ist nicht beizutreten.
Bei der Regelung des § 23 Abs. 1 S. 2 GKG handelt es sich um eine zwingende Vorschrift (so im Ergebnis auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.2.2009 – I-10 W 123/08 – Rpfleger 2009, 344 = JurBüro 2009, 266 = ZIP 2009, 1172; AG Bremen, Beschl. v. 29.10.2009 – 500 IN 17/07; Hartmann, GKG, 39. Aufl., § 23 Rn 5; Pluta/Heidrich, juris PR-InsR 16/2006 Anm. 5). Sie sieht für den Fall der Antragsabweisung unmissverständlich und ohne Einschränkung die Auslagenhaftung des antragstellenden Gläubigers vor. Der Bezirksrevisor hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber die im Jahre 2004 vorgenommene Neugestaltung des GKG nicht zum Anlass für eine Haftungsbeschränkung im Sinne der Beschwerdebegründung genommen hat.
Demgegenüber hält es der Senat bereits im Ansatz für verfehlt, die Zweitschuldnerhaftung eines antragstellenden Gläubigers aus Erwägungen heraus in Frage zu stellen, die auf das Obsiegen oder Unterliegen im Rahmen der Bescheidung eines Eröffnungsantrags abstellen (vgl. dazu AG Göttingen, a.a.O.). Auch mit Rücksicht auf § 4 InsO, wonach die Vorschriften der ZPO für das Insolvenzverfahren entsprechend anwendbar sind, bestehen durchgreifende Bedenken gegen die Heranziehung der sich aus § 91 ZPO ergebenden Kostenpflicht einer unterlegenen Partei, um die Reichweite von § 23 Abs. 1 S. 2 GKG zu bestimmen bzw. z...