RVG §§ 33 Abs. 3 S. 1, Abs. 9 S. 1, 56 Abs. 2 BerHG § 5 ZPO § 127

Leitsatz

  1. Bei dem Festsetzungsverfahren nach bewilligter Beratungshilfe handelt es sich nicht um eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit, sodass für die Entscheidung über die Beschwerde hinsichtlich der Gebührenfestsetzung das LG und nicht das OLG zuständig ist. Die Beschwerde ist zudem bei Nichterreichen eines Beschwerdewerts von 200,00 EUR unzulässig.
  2. Soweit der Anspruchsgegner auf die geltend gemachten Ansprüche mit Ausnahme der sofortigen Löschung der Daten verzichtet, stellt dies einen Verzicht dar und kann nicht als Einigung, welche den Ansatz einer Einigungsgebühr rechtfertigen würde, ausgelegt werden.

LG Magdeburg, Beschl. v. 8.4.2013 – 5 T 107/13

1 Sachverhalt

Frau S hat vom AG einen Berechtigungsschein für Beratungshilfe zur Abwehr/Durchsetzung Kündigung des Abonnements gegenüber der PVZ erhalten.

Das AG hat der Beschwerdeführerin daraufhin die antragsgemäß festgesetzten 99,96 EUR (70,00 EUR zuzüglich 14,00 EUR Telekommunikationspauschale und Umsatzsteuer) ausgezahlt. Mit weiterem Antrag hat die Beschwerdeführerin die Auszahlung weiterer 155,00 EUR (125,00 EUR Einigungsgebühr, 7,00 EUR Telekommunikationspauschale und Umsatzsteuer) beantragt. Der Antrag ist darauf gestützt, dass die PVZ erklärt hat, dass

  sie den Vertrag mit Frau S storniere,
  sie daraus keine Rechte mehr herleite,
  sie auf die Rücksendung gelieferter Hefte verzichte,
  für den Fall der Übersendung weiterer Hefte, sie diese als kostenlose Werbeexemplare übersende,
  Zahlungsaufforderungen gegenstandslos seien und
  sie personenbezogene Daten bei ihr und ihrem PC – Dienstleister sperre sowie
  die Datenlöschung, die nicht sofort möglich sei, nach Ablauf der gesetzlichen Frist erfolge, sofern § 35 Abs. 3 Nr. 1 und 3 BDSG nicht entgegenstünden.
  sie es aus "rechtlichen Gründen" als nicht möglich ansehe, die Daten sofort zu löschen.

Der Rechtspfleger hat den Auszahlungsantrag durch Beschluss mit der Begründung zurückgewiesen, dass ein Verzicht selbst dann keine Einigungsgebühr auslöse, wenn er in einen Vertrag aufgenommen werde.

Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin Erinnerung mit der Begründung eingelegt, dass sich Frau S entgegen ihrer ursprünglichen Forderung mit Schreiben vom 6.7.2012 mit der PVZ dahin geeinigt habe, dass die personenbezogenen Daten zunächst gesperrt und erst nach Fristablauf gelöscht werden. Sie sieht dies als Vereinbarung, die die Einigungsgebühr auslöst, an.

Die Erinnerung der Beschwerdeführerin hat das AG zurückgewiesen, weil ein Verzicht vorliege, bei dem es sich um einen einseitige Erklärung handle, die eine Einigungserklärung nicht entstehen lasse.

Dagegen hat diese sofortige Beschwerde eingelegt und diese auf die Verletzung rechtlichen Gehörs gestützt, weil ihr Vorbringen nicht berücksichtigt worden sei, das für die Entscheidung von erheblicher Bedeutung sei. Denn es sei durch gegenseitiges Nachgeben ein Vergleich geschlossen und hierdurch ein Prozess verhindert worden.

2 Aus den Gründen

Die sofortige Beschwerde ist nicht zulässig.

Das LG, Einzelrichter (§§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 8 S. 1 RVG), ist für die Entscheidung zuständig. Es handelt sich entgegen der Ansicht des OLG Naumburg (Beschl. v. 12.5.2011 – 2 Wx 25/11 [= AGS 2011, 607]) nicht um eine Entscheidung für die nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) GVG das OLG zuständig ist. Denn es handelt sich bei dem Festsetzungsverfahren nach bewilligter Beratungshilfe nicht um eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Denn dieses Verfahren ist im Gesetz nicht als solche Angelegenheit bezeichnet. In § 5 BerHG ist die entsprechende Anwendung der Vorschriften der freiwilligen Gerichtsbarkeit nur für das Bewilligungsverfahren vorgesehen, eine Beschwerde ist nach § 6 Abs. 2 BerHG insoweit nicht statthaft, nicht jedoch für das dem RVG unterliegende Kostenfestsetzungsverfahren.

Vergleiche:

  OLG Frankfurt (Main) Beschl. v.6.3.2012 – 20 W 37/12,
  OLG Koblenz, Beschl. v. 28.11.2011 – 14 W 694/11 [= AGS 2012, 27],
  OLG Celle, Beschl. v. 28.2.2011 – 2 W 45/11,
  OLG Hamm, Beschl. v.31.5.2011 – 32 Sbd 39/11,
  OLG Köln, Beschl. v.11.10.2010 – 17 W 141/10 [= AGS 2011, 85],
  OLG Düsseldorf, Beschl. v.14.10.2008 – 10 WF 13/08 [= AGS 2008, 556]

mit der Einschränkung, dass für den Fall, dass das FamG ausdrücklich als solches entschieden hat, nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung gem. §§ 33 Abs. 4 S. 2, 119 Abs. 1 Nr. 1a GVG das OLG als Beschwerdegericht zuständig ist (OLG Nürnberg, Beschl. v. 30.3.2004 – 7 WF 719/04) ebenfalls mit der Einschränkung, dass für den Fall, dass das FamG ausdrücklich als solches entschieden hat, nach §§ 33 Abs. 4 S. 2, 119 Abs. 1 Nr. 1a GVG das OLG als Beschwerdegericht zuständig ist (BGH, Beschl. v. 16.5.1984 – IVb AZR 20/84) mit der Begründung, dass die Vergütung des Rechtsanwalt wegen geleisteter Beratungshilfe nicht im Katalog als Familiensache erwähnt und diesen auch nicht als eine die Hauptentscheidung vorbereitende oder ergänzende Entscheidung zugerechnet werden könne. Es handle sich um e...

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