RVG § 33 RVG VV Nr. 4144
Leitsatz
Legt der Verurteilte gegen das Urteil des Amtsgerichts, in dem er sowohl zu einer Geldstrafe als auch zur Zahlung eines Schmerzensgeldes verurteilt worden ist, Berufung ein und nimmt er diese Berufung dann vor dem Berufungstermin wieder zurück, ohne einen Berufungsantrag gestellt zu haben, so ist für die anwaltlichen Gebühren im Berufungsverfahren hinsichtlich des Adhäsionsverfahrens der Wert der Beschwer festzusetzen.
LG Bonn, Beschl. v. 4.7.2013 – 26 Ns-551 Js 353/12-26/13
1 Sachverhalt
Der Nebenkläger hatte in erster Instanz beantragt, den Angeklagten zur Zahlung eines Schmerzensgeldes und Schadensersatz in Höhe von 2.045,50 EUR zu verurteilen. Das AG hatte den Angeklagten in der Hauptverhandlungen wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe verurteilt. Darüber hinaus hat es dem Nebenkläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 500,00 EUR zugesprochen und den Adhäsionsantrag im Übrigen zurückgewiesen. Den Gegenstandswert für das Adhäsionsverfahren hatte das Amtsgericht – soweit es die Anwaltsgebühren betraf – auf 2.045,50 EUR festgesetzt.
Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Berufung eingelegt, ohne jedoch Berufungsanträge zu stellen oder die Berufung zu begründen. Wenige Tage vor dem Termin zur Hauptverhandlung vor dem Berufungsgericht hat der Angeklagte sodann die Berufung zurückgenommen.
Der Nebenklägervertreter beantragte daraufhin die Festsetzung eines Gegenstandswertes für das Berufungsverfahren. Das LG hat zunächst durch Verfügung darauf hingewiesen, dass es nicht beabsichtige, einen Wert festzusetzen. Es sei im Berufungsverfahren kein Adhäsionsantrag gestellt worden. Deshalb sei die Schmerzensgeldforderung nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden und könne somit auch nicht bewertet werden. Auf nochmaliges Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten des Nebenklägers hat das LG sodann den Streitwert des Adhäsionsverfahrens auf "0,00 EUR" festgesetzt, da kein Adhäsionsantrag gestellt worden sei.
Mit seiner Gehörsrüge hat der Nebenklägervertreter gerügt, dass das Gericht sein Vorbringen nicht beachtet habe. Das LG gehe nämlich selbst von einer Rücknahme ohne Antragstellung aus, also von den Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 S. 2 GKG, gehe aber mit keinem Wort darauf ein, wieso es diese Vorschrift entgegen ihrem eindeutigen Wortlaut nicht anwende. Das LG hat der Gehörsrüge abgeholfen und den Streitwert antragsgemäß auf 500,00 EUR festgesetzt.
2 Aus den Gründen
In der Strafsache wird der Wert für das Adhäsionsverfahren in zweiter Instanz in Abänderung des hiesigen Beschlusses auf 500,00 EUR festgesetzt, da der Angeklagte in erster Instanz zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in dieser Höhe verurteilt worden ist. Durch die Berufungseinlegung war zunächst das gesamte Urteil angegriffen, sodass hier mangels konkreter Antragstellung der Wert der Beschwer maßgeblich war, § 47 GKG.
3 Anmerkung
Gerichtsgebühren werden im Adhäsionsverfahren nur im Umfang der Verurteilung erhoben (Nr. 3700 GKG-KostVerz.).
Für den Anwalt gilt dagegen nicht der Wert der Verurteilung, sondern der Wert des Gegenstands seiner Tätigkeit, also der Wert seines Auftrags. Soweit dieser Wert über die Verurteilung der jeweiligen Instanz hinausgeht, ist daher gegebenenfalls eine gesonderte Wertfestsetzung nach § 33 RVG zu beantragen.
Maßgebend für die Anwaltsgebühren ist danach der gestellte Antrag.
Wird im Rechtsmittelverfahren kein Antrag gestellt, gilt auch hierüber § 23 Abs. 1 S. 2 RVG die Vorschrift des § 47 Abs. 1 S. 2 GKG, wonach der volle Wert der Beschwer anzusetzen ist, wenn kein Rechtsmittelantrag gestellt worden ist.
Norbert Schneider
AGS 7/2013, S. 331 - 332