KostO § 30 Abs. 1 u. 2, 31 Abs. 3 S. 1, 3, § 113 S. 2
Leitsatz
- Das für die Bemessung des Gegenstandswerts eines durch einen Erben oder Miterben betriebenen Verfahrens auf Entlassung eines Testamentsvollstreckers maßgebliche Antragstellerinteresse basiert im Allgemeinen auf dem Wert des Rein- oder Nettonachlasses, wobei nicht stets entscheidend auf eine bestimmte prozessuale Quote abzustellen ist.
- Bei einer Schätzung gem. § 30 Abs. 2 KostO sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, so auch, dass die Tätigkeit des Testamentsvollstreckers ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach zum deutlich überwiegenden Teil bereits abgeschlossen ist und nicht die künftige Auseinandersetzung des Nachlasses und die Beendigung der diesbezüglichen Tätigkeit des Testamentsvollstreckers, sondern anderweitige Interessen (hier: Förderung der Geltendmachung etwaiger Schadensersatzansprüche gegen den Testamentsvollstrecker) für die Antragstellung ausschlaggebend sind.
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.10.2012 – 3 Wx 198/12
1 Sachverhalt
Die Beteiligte zu 1) hatte beantragt, den Beteiligten zu 2) als Testamentsvollstrecker zu entlassen. Nach umfangreichen schriftsätzlichen Ausführungen der Beteiligten und Durchführung eines Termins vor dem Nachlassgericht hat die Beteiligte zu 1) ihren Antrag zurückgenommen. Daraufhin hat das Nachlassgericht ihr durch Beschluss unter Bezugnahme auf § 81 Abs. 2 Nr. 2 FamFG die Kosten des Verfahrens auferlegt und den Geschäftswert auf 369.740,00 EUR, nämlich 10 % des Bruttonachlasses, festgesetzt.
Hiergegen wendet sich die Beteiligte zu 1) mit ihrem Rechtsmittel, mit dem sie geltend macht, der Wert sei auf 3.000,00 EUR zu bemessen; jedenfalls müsse dem Umstand Rechnung getragen werden, dass zur Zeit des Entlassungsverfahrens die Testamentsvollstreckung bereits weitgehend abgewickelt gewesen sei. Der Beteiligte zu 2) ist dem entgegengetreten.
Das Nachlassgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
Das OLG hat die Beschwerde zurückgewiesen.
2 Aus den Gründen
Das gem. § 31 Abs. 3 S. 1 KostO als Beschwerde statthafte und auch im übrigen (§ 31 Abs. 3 S. 1 und 3 KostO) zulässige Rechtsmittel der Beteiligten zu 1) bleibt in der Sache ohne Erfolg. Im Ergebnis ist die Festsetzung des Geschäftswertes für den ersten Rechtszug auf die Gebührenstufe von 360.000,00 EUR bis 370.000,00 EUR nicht zu beanstanden.
Gem. § 113 S. 2 KostO bestimmt sich der Wert für ein Verfahren zur Entlassung eines Testamentsvollstreckers vor dem Nachlassgericht nach § 30 Abs. 2 KostO. Danach ist der Wert in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung regelmäßig auf 3.000,00 EUR anzunehmen (§ 30 Abs. 2 S. 1 KostO), kann jedoch nach Lage des Falles niedriger oder höher – bis zu 500.000,00 EUR – angenommen werden, § 30 Abs. 2 S. 2 KostO. I.V.m. den weiteren Regelungen in § 30 Abs. 1 KostO ergibt sich, dass bei einer Wertfestsetzung zunächst zu ermitteln ist, ob sich der Wert aus den Vorschriften der KostO ergibt oder in anderer Weise definitiv feststeht, verneinendenfalls hat eine Schätzung zu erfolgen, und lediglich beim Fehlen geeigneter Schätzungsgrundlagen ist auf § 30 Abs. 2 KostO zurückzugreifen. Hier aber ist eine Schätzung auf tragfähigen Grundlagen möglich.
Wird die Entlassung eines Testamentsvollstreckers durch einen Erben oder Miterben betrieben, ist nach diesen Grundsätzen das Interesse des Antragstellers an der Entlassung zu bestimmen. Hierbei kann im allgemeinen durchaus auf den Wert des Nachlasses, regelmäßig jedoch des sogenannten Rein- oder Nettonachlasses, abgestellt werden; dies wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung für die Wertfestsetzung im Beschwerdeverfahren vertreten (BayObLG FamRZ 2004, 1304 f.; OLG München FamRZ 2009, 1436), in welchem gem. § 131 Abs. 4 KostO der Wert gleichfalls anhand des § 30 KostO zu bestimmen ist. Daraus kann andererseits nicht der Schluss gezogen werden, entscheidend sei im Falle eines antragstellenden Erben oder Miterben stets eine bestimmte prozentuale Quote des reinen Nachlasswertes. Denn bei einer Schätzung gemäß § 30 Abs. 2 KostO sind, wie nicht zuletzt die Fassung dieser Vorschrift zeigt, alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen.
Im vorliegenden Fall sind sich die Beteiligten vor dem Nachlassgericht im Kern einig gewesen, dass die Tätigkeit des Beteiligten zu 2) jedenfalls ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach zum deutlich überwiegenden Teil bereits abgeschlossen war; dies hat der Beteiligte zu 2) im Schriftsatz vom … selbst hervorgehoben. Angesichts dessen muss bei lebensnaher Betrachtung davon ausgegangen werden, dass nicht die künftige Auseinandersetzung des Nachlasses und die Beendigung der diesbezüglichen Tätigkeit des Beteiligten zu 2), sondern anderweitige Interessen der Beteiligten zu 1) für ihre Antragstellung ausschlaggebend waren. Der Beteiligte zu 2) hat (im vorbezeichneten Schriftsatz) die Vermutung geäußert, der Beteiligten zu 1) gehe es im Endziel um einen Angriff auf seine Vergütung; hierzu hat sich die Beteiligte zu 1) nicht mehr g...