RVG VV Nrn. 4100, 4143
Leitsatz
Wird der Rechtsanwalt nur im sog. isolierten Adhäsionsverfahren tätig, steht ihm nur die Gebühr nach Nr. 4143 VV zu. Ihm steht insbesondere keine Grundgebühr Nr. 4100 VV zu.
LG Meiningen, Beschl. v. 3.2.2009 – 2 Qs 214/08
1 Sachverhalt
In Strafverfahren wurde mit Beschluss des AG dem Beschwerdeführer als durch die Tat Verletzten Prozesskostenhilfe im Adhäsionsverfahren nach § 404 Abs. 5 StPO bewilligt und sein Rechtsanwalt beigeordnet. Nach Abschluss des Verfahrens meldete der Rechtsanwalt folgende Gebühren zur Festsetzung gegenüber der Landeskasse an:
Grundgebühr Verteidiger § 14 RVG, Nr. 4100 VV |
165,00 EUR |
Verfahrensgebühr für ersten Rechtszug vor dem AG, Nr. 4106 VV |
140,00 EUR |
Terminsgebühr gem. § 4108 VV für 3 Verhandlungstage à 230,00 EUR |
690,00 EUR |
2,0 Verfahrensgebühr gem. Nr. 4143 VV, § 49 RVG |
322,00 EUR |
Post- und Telekommunikationspauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
Zwischensumme netto |
1.337,03 EUR |
19 % Umsatzsteuer Nr. 7007 VV |
254,03 EUR |
Zahlbetrag |
1.591,03 EUR |
Auf Anregung des Bezirksrevisors beim LG Meiningen gewährte das AG in der Kostenfestsetzung Kosten wie folgt:
2,0-Verfahrensgebühr gem. Nr. 4143 VV, § 49 RVG |
322,00 EUR |
abzgl. Hälfte Anrechnung der Geschäftsgebühr |
23,00 EUR |
Post- und Telekommunikationspauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
19 % Umsatzsteuer Nr. 7008 VV |
58,33 EUR |
Zahlbetrag |
365,33 EUR |
Gegen diese Kostenfestsetzung legte der Beschwerdeführer "Erinnerung/Beschwerde" ein. Der Beschwerdeführer ist der Meinung, dass zwar die Anrechnung der Geschäftsgebühr rechtens sei, nicht aber die Streichung der übrigen Gebühren. Zwar sei tatsächlich nur eine Beiordnung im Adhäsionsverfahren erfolgt. Gleichwohl seien neben der Gebühr 4143 VV auch die übrigen geltend gemachten Gebühren entstanden. Dies folge aus Vorbem. 4 Abs. 1 VV und aus der Tatsache, dass im Unterabschnitt 5 zu Teil 4 VV von "zusätzliche Gebühren" die Rede sei.
2 Aus den Gründen
Die gem. § 464b StPO, 104 Abs. 3 S. 1 ZPO, 11 Abs. 1 RPflG statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig. Die Kostenfestsetzung ist nicht zu beanstanden.
I. Mit Beschluss des AG wurde dem Beschwerdeführer als durch die Tat Verletzten Prozesskostenhilfe im Adhäsionsverfahren nach § 404 Abs. 5 StPO bewilligt und Rechtsanwalt X. beigeordnet. Weder war der Beschwerdeführer Nebenkläger, noch war Rechtsanwalt X. Nebenklägervertreter. Es erfolgte auch keine Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 397a StPO. Die Tätigkeit von Rechtanwalt X. war somit ausschließlich auf die Geltendmachung eines aus der Straftat erwachsenden vermögensrechtlichen Anspruchs im Strafverfahren beschränkt (sog. isoliertes Adhäsionsverfahren).
II. Nach Vorbem. 4 Abs. 1 VV gelten die Regelungen in Teil 4 VV u.a. auch für den Vertreter eines Verletzten sinngemäß. Nach Nr. 4143 VV erhält der gerichtlich bestellte oder beigeordnete Rechtsanwalt einen Gebührensatz von 2,0 nach §§ 13, 49 RVG. Zutreffend weist der Beschwerdeführer zwar darauf hin, dass es sich bei der Gebühr nach Nr. 4143 VV um eine "zusätzliche Gebühr" handelt. Das heißt aber nur, dass der Rechtsanwalt diese Gebühr zusätzlich zu den übrigen von ihm verdienten Gebühren erhält (Burhoff in Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl., Nr. 4143 VV, Rn 2, 10; Mayer/Kroiß, RVG, Nr. 4142 – 4146 VV, Rn 19). Dass der Rechtsanwalt diese Gebühr als "zusätzliche Gebühr" erhält setzt aber gerade voraus, dass der Anwalt sowohl im eigentlichen Strafverfahren, als auch im Adhäsionsverfahren tätig geworden ist (Hartmann, KostG, 38. Aufl., Nr. 4143 VV, Rn 1, 7). Genau das ist vorliegend aber nicht der Fall. Vorliegend ist Rechtsanwalt X. nur im sog. isolierten Adhäsionsverfahren tätig geworden. In diesen Fall stehen ihm daher auch nur die Gebühren nach Nr. 4143 VV zu. Dies wird in Vorbem. 4.3 Abs. 2 VV auch nochmals ausdrücklich klargestellt.
Entnommen von www.burhoff.de
3 Anmerkung
In der Sache ist die Entscheidung zutreffend, wie sich ausdrücklich aus Vorbem. 3 Abs. 2 VV ergibt; allerdings war die Beschwerde unzulässig. Durch eine fehlerhafte Festsetzung der Vergütung eines beigeordneten Anwalts kann nur der Anwalt beschwert sein, niemals aber die Partei, der er beigeordnet worden ist. Da die Beschwerde hier aber nicht im Namen des Anwalts, sondern im Namen der Partei eingelegt worden war, war sie somit unzulässig.
Norbert Schneider
AGS 7/2013, S. 330 - 331