RVG § 58
Leitsatz
- Der Pflichtverteidiger muss auch Vorschüsse angeben, für die ausdrücklich oder stillschweigend eine Rückzahlung vereinbart ist.
- Jedenfalls dann, wenn eine Rückzahlung eines Vorschusses oder einer "Sicherheitsleistung" vor Bewilligung einer beantragten Prozesskostenhilfe bzw. vor Abrechnung einer Pflichtverteidigervergütung erfolgt, hat eine Kürzung des Pflichtverteidigerhonorars zu unterbleiben.
LG Deggendorf, Beschl. v. 13.3.2019 – 1 KLs 4 Js 5712/17
1 Sachverhalt
Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Urkundsbeamtin beim LG die an den Erinnerungsführer ausgezahlte Pflichtverteidigervergütung i.H.v. brutto 276,29 EUR zurückgefordert. Zur Begründung wird in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass der Erinnerungsführer bei seinem Kostenfestsetzungsantrag bezüglich der Pflichtverteidigergebühren eine Zahlung seiner Mandantschaft i.H.v. netto 1.008,40 EUR nicht angegeben habe.
Mit der Erinnerung hat der beigeordnete Rechtsanwalt vorgetragen, dass es zwar richtig sei, dass er brutto 1.200,00 EUR von der Frau des von ihm vertretenen Angeklagten als "Sicherheitsleistung" erhalten habe. Diesen Betrag habe er jedoch wieder erstattet, weshalb es durch die "Sicherheitsleistung" bei ihm zu keinem Vermögenszuwachs gekommen sei. Die Voraussetzungen einer Rückforderung nach § 58 Abs. 3 RVG seien daher nicht gegeben.
Die Urkundsbeamtin hat der Erinnerung nach entsprechender Stellungnahme des Bezirksrevisors nicht abgeholfen und die Sache der Strafkammer zur Entscheidung über die Erinnerung vorgelegt.
Die Strafkammer hat dem Erinnerungsführer aufgegeben, zu erklären, wann die Rückzahlung der Sicherheitsleistung von 1.200,00 EUR an die Mandantschaft erfolgt sei. Diesbezüglich hat der Erinnerungsführer vorgetragen, er habe das Mandat am 5.6.2018 abgerechnet und dabei auch die Rücküberweisung der Sicherheitsleistung veranlasst. Diese sei bankmäßig dann am 6.6.2018 ausgeführt worden, was durch Vorlage eines entsprechenden Bankumsatzes mit Buchungs- und Wertstellungsdatum zum 6.6.2018 glaubhaft gemacht werde.
2 Aus den Gründen
Die nach § 56 Abs. 2 RVG statthafte und auch i.Ü. zulässige Erinnerung des Pflichtverteidigers erweist sich auch als in der Sache begründet.
Zwar trifft es zu, dass der Erinnerungsführer bei Abrechnung seiner Pflichtverteidigervergütung die von Dritten erhaltene "Sicherheitsleistung" – es handelt sich wohl um einen Honorarvorschuss mit bedingter Rückzahlungsvereinbarung – i.H.v. 1.200,00 EUR unzweifelhaft hätte angeben müssen (vgl. die schon in der Stellungnahme des Bezirksrevisors zitierte Kommentarstelle bei Poller/Härtl/Köpf, Kostenhilferecht, 3. Aufl., 2018, Rn 6 zu § 55 RVG sowie die dortigen Ausführungen unter Rn 7 und zu § 58 unter Rn 19 ff., die sinngemäß auch für die Pflichtverteidigergebühren gelten). Denn nur durch die Offenlegung solcher Vorschusszahlungen kann dem dafür zuständigen Rechtspfleger die Möglichkeit zur Prüfung der Anrechenbarkeit eröffnet werden. Dies gilt auch für Vorschüsse, für die ausdrücklich oder stillschweigend eine Rückzahlung vereinbart ist.
Allerdings ist nachvollziehbar, dass jedenfalls dann, wenn eine Rückzahlung eines Vorschusses oder einer "Sicherheitsleistung" vor Bewilligung einer beantragten Prozesskostenhilfe bzw. vor Abrechnung einer Pflichtverteidigervergütung erfolgt, eine Kürzung des Pflichtverteidigerhonorars zu unterbleiben hat. Für den Bereich des Prozesskostenhilferechtes ist es anerkannt, dass der Rechtsanwalt mit der von ihm vertretenen Partei Vereinbarungen treffen kann, dass bestimmte Zahlungen der Anrechnung entzogen werden oder ein Vorschuss nur für solche Ansprüche gezahlt wird, für die die Staatskasse nicht eintreten muss. Besteht zum Schluss eine Eintrittspflicht der Staatskasse – wie vorliegend durch den Freispruch des Mandanten des Erinnerungsführers, durch den die Staatskasse auch für die Wahlverteidigergebühren einstandspflichtig wurde – kann die Partei vom Rechtsanwalt die Vergütung zurückverlangen. Es erfolgt dann keine Anrechnung (vgl. Pöller/Härtl/Köpf, § 58 Rn 19). So liegt es nach dem Vorbringen des Erinnerungsführers auch im vorliegenden Fall. Aus der Datierung des Bankumsatzes ist nachvollziehbar, dass der Erinnerungsführer die Rückzahlung des Vorschusses i.H.v. 1.200,00 EUR brutto zugleich mit der Abrechnung des Mandates und Erstellung des Vergütungsfestsetzungsantrages veranlasst hat. Damit steht fest, dass vom Erinnerungsführer intendiert war, dass die Rückzahlung des Vorschusses noch vor Festsetzung der Pflichtverteidigergebühren erfolgen wird. Eine Anrechnung hat daher zu unterbleiben, eine Rückforderung nach § 58 Abs. 3 S. 2 RVG ist damit nicht veranlasst, sodass auf die Erinnerung der entsprechende Beschluss des LG aufzuheben war.
entnommen von www.burhoff.de
AGS 7/2019, S. 333