VwGO § 162 Abs. 1; ZPO §§ 121 Abs. 3, 4, 92 Abs. 2. S. 1
Leitsatz
- Im Rahmen der Prozesskostenbewilligung ist es zur Vermeidung entbehrlicher Reisekosten eines auswärtigen Rechtsanwalts grundsätzlich zulässig, eine Beschränkung auf die bei einem im Gerichtsbezirk ansässigen Rechtsanwalt vorzunehmen.
- Im Falle einer erfolgreichen Prozesskostenhilfebeschwerde entstehen – anders als bei der Verwerfung oder Zurückweisung einer derartigen Beschwerde – keine Gerichtsgebühren.
OVG Lüneburg, Beschl. v. 28.3.2019 – 13 PA 65/19
1 Aus den Gründen
Die zulässige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des VG, mit dem dieses Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug lediglich mit der Maßgabe bewilligt hat, dass die Auslagen nur in dem Umfang erstattungsfähig sind, wie sie bei einem im Gerichtsbezirk ansässigen Anwalt anfallen würden, ist begründet.
Nach § 121 Abs. 3 ZPO, der von der Verweisung des § 166 Abs. 1 S. 1 VwGO erfasst wird, kann ein nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen. Der Grundgedanke der Vorschrift, im Interesse der Staatskasse die Übernahme von nicht erforderlichen Kosten zu verhindern, findet auch im Verwaltungsprozess Anwendung. Daher ist zur Vermeidung entbehrlicher Reisekosten eine Beschränkung auf die bei einem im Gerichtsbezirk ansässigen Rechtsanwalt anfallenden Kosten grds. zulässig. Eine Ausnahme ist jedoch nach dem im Verwaltungsprozess geltenden Kostenrecht geboten, wenn die Partei die Beiordnung eines Rechtsanwalts begehrt, der an ihrem Wohnsitz oder in dessen Nähe ansässig ist. Denn nach allgemeiner Auffassung werden die Reisekosten eines am Wohnort der Partei oder in dessen Nähe ansässigen Rechtsanwalts im Rahmen des § 162 Abs. 1 VwGO regelmäßig als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendige Aufwendungen angesehen, da § 162 Abs. 1 VwGO nicht eine § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO entsprechende Einschränkung enthält (vgl. nur: VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 30.4.2015 – 11 S 124/15 [= AGS 2015, 298]; Sächsisches OVG, Beschl. v. 11.4.2011 – 2 D 69/10; Bayerischer VGH, Beschl. v. 30.11.2006 – 12 C 06.1924; Thüringer OVG, Beschl. v. 23.4.2001 – 3 KO 827/98; Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., 2018, § 166 Rn 141; jew. m.w.N.). Zudem wäre im vorliegenden Fall voraussichtlich nach § 166 Abs. 1 S. 1 VwGO i.V.m. § 121 Abs. 4 ZPO wegen Schreibungewandtheit und fehlender Rechtserfahrung des Klägers sowie der räumlichen Distanz zu einem im Bezirk des VG ansässigen Rechtsanwalt auf einen entsprechenden Antrag hin zusätzlich ein Verkehrsanwalt beizuordnen. Die in diesem Falle anfallenden weiteren Kosten, die nicht geringer anzusetzen sind als die bei Durchführung einer mündlichen Verhandlung anfallenden Reisekosten des am Wohnort des Klägers ansässigen Prozessbevollmächtigten, werden durch dessen Beiordnung eingespart. Diese Beiordnung kann mithin nicht in der vom VG angeordneten Weise beschränkt werden.
Gerichtskosten werden nicht erhoben. Im Falle einer wie hier erfolgreichen Prozesskostenhilfebeschwerde entstehen – anders als bei der Verwerfung oder Zurückweisung einer derartigen Beschwerde (vgl. Nr. 5502 GKG-Kostverz.) – keine Gerichtsgebühren. Eine Erstattung von Auslagen nach § 28 Abs. 3 Nr. 1 GKG wird in einem solchen Fall ebenfalls nicht geschuldet (vgl. Volpert, in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl., 2017, GKG, § 28 Rn 29). Nach § 166 Abs. 1 S. 1 VwGO i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO werden die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht erstattet.
AGS 7/2019, S. 350