GKG § 49; ZPO § 145
Leitsatz
Wenn das Verfahren gegen einen von mehreren Gesamtschuldnern nach einer teilweisen Klagerücknahme abgetrennt wird, ist die Höhe der ursprünglichen Klageforderung für den Gebührenstreitwert des abgetrennten Verfahrens maßgeblich.
OLG Dresden, Beschl. v. 16.1.2019 – 8 W 8/19
1 Sachverhalt
Die Beschwerde der Klägerin richtet sich gegen die Streitwertfestsetzung durch das LG.
Im Ausgangsverfahren hat die klagende Bank die Beklagten zu 1) bis 5) aus Delikt gesamtschuldnerisch auf Zahlung von 598.946,64 EUR in Anspruch genommen. Nach Erlass eines Teilversäumnisurteil gegen den Beklagten zu 1) hat die Klägerin die Klage teilweise i.H.v. 155.865,59 EUR zurückgenommen. Nach dem Tod des Beklagten zu 2) haben dessen Prozessbevollmächtigte die Aussetzung des Verfahrens gem. § 246 Abs. 1 ZPO beantragt. Das LG hat daraufhin den Rechtsstreit gegen den Beklagten zu 2) gem. § 145 ZPO abgetrennt, das abgetrennte Verfahren ausgesetzt und im Ausgangsverfahren über die Klage gegen die Beklagten zu 3) bis 5) entschieden. Sowohl das Ausgangsverfahren als auch das – zwischenzeitlich gegen die Erbin des Beklagten zu 2) wieder aufgenommene, aber erstinstanzlich noch nicht entschiedene – abgetrennte Verfahren wurden durch einen Vergleich im Berufungsverfahren über das Urteil im Ausgangsverfahren unter Mitwirkung der Erbin des Beklagten zu 2) beendet.
Das LG hat im abgetrennten Verfahren den Streitwert auf 598.146,64 EUR festgesetzt.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin, die der Ansicht ist, der Gebührenstreitwert für das abgetrennte Verfahren sei nur auf 442.281,05 EUR festzusetzen, da die Abtrennung nach der teilweisen Klagerücknahme erfolgt sei.
Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Maßgeblich sei die den jeweiligen Streitwert betreffende Antragstellung, die den Rechtszug einleite, sodass auf die Klageschrift abzustellen und die dort verlangte Zahlung von gesamtschuldnerischen Schadensersatz i.H.v. 598.146,64 EUR zugrunde zu legen sei. Eine spätere Reduktion der Klageforderung bewirke keine Verringerung des für die Gerichtskosten maßgeblichen Wertes.
2 Aus den Gründen
Die gem. § 66 Abs. 2 GKG zulässige Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg. Das LG hat den Streitwert für das abgetrennte Verfahren aus zutreffenden Erwägungen auf 598.946,64 EUR festgesetzt.
Maßgeblich für die Festsetzung des Gebührenstreitwerts für die Gerichtskosten ist der Streitwert zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens gem. § 40 GKG. Auch im Falle einer Prozesstrennung ist auf den Streitwert zum Zeitpunkt der Einleitung des Ausgangsverfahrens abzustellen (Schuster, in: Schuster/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl., 2017, Rn 30 zu § 40 GKG). Die vor dem Trennungsbeschluss liegenden Prozessvorgänge bleiben in allen durch die Prozesstrennung entstandenen Rechtsstreitigkeiten wirksam (Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Alberts/Hartmann, ZPO, 77. Aufl., Rn 7 zu § 145). Die Abtrennung eines Verfahrens gegen einen von mehreren Streitgenossen führt daher nicht zu einer Änderung des ursprünglich entstandenen Streitwerts (OLG München MDR 1996, 642, 643); dies gilt auch dann, wenn die Klage der Höhe nach vor der Abtrennung teilweise zurückgenommen wurde.
Eine zeitlich gestaffelte Streitwertfestsetzung hat für die Gerichtsgebühren nicht zu erfolgen, da die Streitwertfestsetzung gem. § 63 Abs. 2 S. 1 GKG lediglich der Bemessung der Gerichtsgebühren dient. Die Terminsgebühr des Rechtsanwalts kann sich zwar ggfs. nach einem niedrigeren Wert zum Zeitpunkt des Termins richten; dann liegt jedoch ein Fall des § 33 Abs. 1 Alt. 1 RVG vor (OLG München NJW-RR 2017, 700 [= AGS 2017, 336]).
Anlass, die Gerichtsgebühren nach § 21 GKG niederzuschlagen, besteht nicht, da die Prozesstrennung nicht ermessensfehlerhaft war.
3 Anmerkung
Die Entscheidung ist zutreffend. Der Wortlaut des § 40 GKG ist eindeutig. Abzustellen ist auf den Zeitpunkt der Antragseinreichung. Das war aber hier für den Beklagten zu 2) ebenfalls der Zeitpunkt der ursprünglichen Klageerhebung. Mit der Abtrennung ist in dem abgetrennten Verfahren die Gerichtsgebühr für das Verfahren im Allgemeinen (Nr. 1210 GKG-KostVerz.) angefallen, ebenso wie diese Gebühr gesondert angefallen wäre, wenn von Vornherein zwei getrennte Klagen eingereicht worden wären.
Da hinsichtlich der abgetrennten Sache das Verfahren vor und nach Abtrennung als ein Verfahren gilt, bleibt es folglich auch bei dem ursprünglichen Wert. Wie das Gericht zu Recht darauf hinweist, ist eine gestaffelte Wertfestsetzung unzulässig. Es gibt nur eine einzige Gebühr. Folglich kann es nur einen einzigen Wert geben. Nachträgliche Reduzierungen der Anträge wirken sich auf die Gerichtsgebühr nicht aus.
Eine andere Frage ist die Höhe der Gerichtsgebühr. Wird ein Verfahren abgetrennt und kommt es dort zu einem Ermäßigungstatbestand nach Nr. 1211 GKG-KostVerz., dann ermäßigt sich die Gerichtsgebühr für das Verfahren im Allgemeinen auf 1,0, und zwar unabhängig von dem verbliebenen Verfahren. Hier konnte im verbliebenen Verfahren eine Ermäßigung der Gerichtsgebühr nicht mehr e...