I. Einleitung
1.1. Corona-Steuerhilfegesetz für Gastronomen (1.7.2020 bis 30.6.2021)
Durch das 1. Corona-Steuerhilfegesetz wird für die Zeit v. 1.7.2020 bis 30.6.2021 (ein Jahr) durch den neu angefügten § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG der für die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen (die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält) geltende Umsatzsteuersatz von 7 % (§ 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG) auch auf Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen (Abgabe von Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle mit Ausnahme der Abgabe von Getränken) ausgedehnt, die ansonsten mit dem Steuersatz von 19 % zu versteuern sind. Deshalb gilt bspw. sowohl für die reinen Hotelübernachtungskosten als auch für die Kosten für Frühstück für diesen Zeitraum ein einheitlicher Umsatzsteuersatz von 7 %.
2.2. Corona-Steuerhilfegesetz für alle Unternehmer (1.7. bis 31.12.2020)
Durch das 2. Corona-Steuerhilfegesetz (Corona-Konjunkturpaket) werden darüber hinaus durch Einfügung der neuen Abs. 1 und 2 in § 28 EStG für alle Unternehmer und nicht für Gastronomen beide Umsatzsteuersätze (19 % und 7 %) für die Zeit vom 1.7.2020 bis zum 31.12.2020 (sechs Monate) wie folgt gesenkt:
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Der normale Umsatzsteuersatz wird von 19 % auf 16 % ermäßigt. |
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Der ermäßigte Umsatzsteuersatz wird von 7 % auf 5 % ermäßigt. |
3. Exkurs: Kosten für Bahnfahrten im Fernverkehr (seit 1.1.2020)
Für Kosten für Bahnfahrten gilt seit 1.1.2020 ebenfalls ein ermäßigter Steuersatz von 7 %. Das folgt aus Art. 3 des Gesetzes zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht, durch das § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG geändert worden ist. Für die Zeit vom 1.7.2020 bis zum 31.12.2020 unterfallen natürlich auch Kosten für Bahnfahrten dem nochmals ermäßigten Umsatzsteuersatz von 5 %.
Aus allen Änderungen folgt, dass die Höhe des Umsatzsteuersatzes ab 1.7.2020 genau zu prüfen ist.
II. Übergangsrecht
1. Keine Anwendung der Übergangsregelung in § 60 RVG
Bei einer Änderung des Umsatzsteuersatzes richtet sich die Höhe des für die Vergütung maßgebenden Umsatzsteuersatzes nicht nach der Übergangsvorschrift des § 60 RVG. Insbesondere kommt es daher nicht auf den Zeitpunkt der Auftragserteilung, der Vereinnahmung der Vergütung oder der Erstellung der Rechnung durch den Rechtsanwalt oder der Zahlung der Vergütung durch den Auftraggeber an.
2. Höhe des Steuersatzes
Auf seine Vergütung (Gebühren und Auslagen, § 1 Abs. 1 S. 1 RVG) kann der Rechtsanwalt als Auslage i.S.v. Teil 7 VV Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV in voller Höhe verlangen. Maßgebend ist hierfür immer der Steuersatz von 19 % bzw. für die Zeit vom 1.7. bis 31.12.2020 der ermäßigte Steuersatz von 16 %.
Gem. § 27 Abs. 1 S. 1 UStG sind die geänderten Steuersätze auf Umsätze anzuwenden, die ab dem Inkrafttreten der maßgeblichen Änderungsvorschrift ausgeführt werden. Über die Höhe des für die Vergütung des Rechtsanwalts geltenden Umsatzsteuersatzes entscheidet deshalb der Zeitpunkt der Ausführung der anwaltlichen Leistung (vgl. auch § 13 Abs. 1 Nr. 1 UStG).
Umsatzsteuerpflicht besteht nicht, wenn der Rechtsanwalt in eigener Sache tätig ist (vgl. § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO) bzw. eine betriebsbezogene Tätigkeit vorliegt oder es wegen Auslandsbezogenheit an der Umsatzsteuerpflicht fehlt.
3. Fälligkeit gem. § 8 Abs. 1 RVG
Da es sich bei der anwaltlichen Tätigkeit um eine Dauertätigkeit handelt, kommt es grds. auf die Beendigung der Tätigkeit an. Maßgebend ist das Ende des Leistungszeitraums, in dem die anwaltliche Tätigkeit erbracht worden ist. Dieser Zeitpunkt wird häufig mit dem Zeitpunkt der Fälligkeit der Vergütung (vgl. § 8 RVG) zusammenfallen, weil auch die Fälligkeit der Vergütung auf die Beendigung der Tätigkeit abstellt.
Gem. § 8 Abs. 1 S. 1 RVG wird die Vergütung grds. dann fällig, wenn
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der Auftrag erledigt oder |
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die Angelegenheit beendet ist. |
Ist der Rechtsanwalt in einem gerichtlichen Verfahren tätig, wird die Vergütung gem. § 8 Abs. 1 S. 2 RVG auch fällig, wenn
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eine Kostenentscheidung ergangen oder |
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der Rechtszug beendet ist oder |
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wenn das Verfahren länger als drei Monate ruht. |
Maßgebend ist, welcher dieser fünf verschiedenen Fälligkeitszeitpunkte als erster erfüllt worden ist.
Beispiel 1: Zeitpunkt der Entstehung der Gebühren ist unerheblich
Der Rechtsanwalt erhält den unbedingten Prozessauftrag am 19.6.2020 und reicht die Klage am 23.6.2020 bei Gericht. Die Instanz endet nach dem einzigen Verhandlungstermin vom 30.11.2020 mit dem am 7.12.2020 verkündeten Urteil.
Die Angelegenheit (erste Instanz, vgl. §§ 15 Abs. 2, 17 Nr. 1 RVG) ist gem. § 8 Abs. 1 S. 1 RVG am 7.12.2020 beendet worden und die Vergütung ist zu diesem Zeitpunkt fällig geworden. Es gilt der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 16 %. Unerheblich ist, dass die Verfahrensgebühr durch die Klageeinreichung (arg. e. Nr. 3101 Nr. 1 VV) vor d...