1. Grundsatz
Auf seine Vergütung (Gebühren und Auslagen, § 1 Abs. 1 S. 1 RVG) kann der Rechtsanwalt als Auslage i.S.v. Teil 7 VV Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV in voller Höhe verlangen. Maßgebend ist hierfür immer der Steuersatz von 19 % bzw. für die Zeit vom 1.7. bis 31.12.2020 der ermäßigte Steuersatz von 16 %.
2. Bestimmte Reisekosten mit ermäßigtem Steuersatz 7 % (5 %)
Die von Nr. 7006 VV erfassten sonstigen Auslagen anlässlich einer Geschäftsreise können aber Umsatzsteuerbeträge der Stelle enthalten, die dem Rechtsanwalt diese Reisekosten in Rechnung stellt. Für reine Übernachtungskosten (Hotel) gilt dabei ein Umsatzsteuersatz von 7 %, der in der Zeit vom 1.7. bis 31.12.2020 auf 5 % gesenkt wird. Das Corona-Steuerhilfegesetz dehnt für die Zeit vom 1.7.2020 bis 30.6.2021 den Steuersatz von 7 % (statt 19 %) auch auf Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen (Abgabe von Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle) aus.
Damit unterfallen für diese Zeit auch Kosten für Frühstück dem ermäßigten Steuersatz, und zwar für die Zeit vom 1.7. bis 31.12.2020 dem 5 %-igen Steuersatz und für die Zeit ab 1.1.2021 bis 30.6.2021 dem 7 %-igen Steuersatz. Allerdings ist zu beachten, dass Kosten für das ggfs. in der Hotelrechnung enthaltene Frühstück nicht zu den Übernachtungskosten gehören und durch das Tage- und Abwesenheitsgeld (Nr. 7005 VV) abgegolten werden. Ggf. muss der Rechtsanwalt diesen Betrag daher aus der Hotelrechnung herausrechnen. Werden die Frühstückskosten in der Hotelrechnung nicht gesondert ausgewiesen, können sie im Regelfall mit 10 % der Übernachtungskosten geschätzt und in dieser Höhe herausgerechnet werden.
3. Berechnung der Umsatzsteuer bei Reisekosten
Bei Reisekosten, die dem Rechtsanwalt von Dritten in Rechnung gestellt werden und die bereits Umsatzsteuer enthalten (Bruttobeträge), ist aber Folgendes zu beachten: Ist der Rechtsanwalt umsatzsteuerpflichtig (§ 19 Abs. 1 UStG) und damit gem. § 15 Abs. 1 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt, darf auf die Bruttobeträge dieser Reisekosten keine Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV aufgeschlagen werden. Denn dann würde der Umsatzsteuerbetrag der Reisekosten unzulässig als Umsatz des Rechtsanwalts versteuert werden. Vielmehr ist aus diesen Reisekosten zunächst die Umsatzsteuer in der jeweils geltend gemachten Höhe (7 % oder 19 % bzw. 5 % oder 16 %) heraus zurechnen und ist anschließend lediglich der Netto-Betrag in die Rechnung einzustellen. Denn die auf diese Reisekosten entfallenden Umsatzsteuerbeträge kann der Rechtsanwalt gegenüber dem Finanzamt als Vorsteuer abziehen. Anschließend ist auf den Netto-Gesamtbetrag der Vergütung die Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV zu berechnen.
Beispiel 15
Der Rechtsanwalt erhält den unbedingten Prozessauftrag am 19.3.2020. Der Prozess endet am 30.11.2020. Es ist am 15.6.2020 und am 20.7.2020 jeweils eine Geschäftsreise mit Übernachtung durchgeführt worden.
Die Angelegenheit ist gem. § 8 Abs. 1 S. 1 RVG am 30.11.2020 beendet worden und die Vergütung ist zu diesem Zeitpunkt fällig geworden. Für die Vergütung des Anwalts gilt deshalb insgesamt der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 16 %.
a) Dem Anwalt sind am 15.6.2020 folgende Reisekosten entstanden:
Hotelkosten vom 15.6.2020: |
120,00 EUR |
Taxikosten vom 15.6.2020: |
25,00 EUR |
Bahnkosten vom 14.6.2020: |
100,00 EUR |
Gesamt |
245,00 EUR |
Der Rechtsanwalt hat auf diese Reisekosten jeweils 7 % Umsatzsteuer gezahlt. Für die Bahnkosten gilt dabei ebenfalls ein ermäßigter Steuersatz von 7 %. Das folgt aus Art. 3 des Gesetzes zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht, durch das § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG zum 1.1.2020 geändert worden ist.
Die Nettobeträge der dem Anwalt entstandenen Reisekosten vom 15.6.2020 betragen deshalb:
Hotelkosten: |
|
120,00 EUR : 107 (7 %) x 100 = |
112,15 EUR |
Taxikosten: |
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25,00 EUR : 107 (7 %) x 100 = |
23,36 EUR |
Bahnkosten: |
|
100,00 EUR : 107 (7 %) x 100 = |
93,46 EUR |
Gesamt |
228,97 EUR |
Hierauf sind nach Nr. 7008 VV 16 % Umsatzsteuer mit 36,63 EUR zu berechnen.
b) Dem Anwalt sind am 20.7.2020 folgende Reisekosten entstanden:
Hotelkosten vom 20.7.2020: |
150,00 EUR |
Taxikosten vom 20.7.2020: |
35,00 EUR |
Bahnkosten vom 19.7.2020: |
110,00 EUR |
Gesamt |
295,00 EUR |
Der Rechtsanwalt hat auf diese Reisekosten jeweils nur 5 % Umsatzsteuer gezahlt. Für die Bahnkosten gilt dabei ebenfalls ein ermäßigter Steuersatz von 7 %.
Die Nettobeträge der dem Anwalt entstandenen Reisekosten vom 20.7.2020 betragen deshalb:
Hotelkosten: |
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150,00 EUR : 105 (5 %) x 100 = |
142,85 EUR |
Taxikosten : |
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35,00 EUR : 105 (5 %) x 100 = |
33,33 EUR |
Bahnkosten: |
|
110,00 EUR : 105 (5 %) x 100 = |
104,76 EUR |
Gesamt |
280,94 EUR |
Hierauf sind nach Nr. 7008 VV 16 % Umsatzsteuer mit 44,95 EUR zu berechnen.
Maßgebend ist gem. § 12 UStG insgesamt ein Umsatzsteuersatz von 16 %, auch wenn Reisekosten enthalten sind, für die dem Rechtsanwalt selbst nur 7 bzw. 5 % Umsatzsteuer in Rechnung gestellt worden sind.
Autor: Dipl.-Rpfleger Joachim Vo...