RVG VV Nrn. 1000, 1003

Leitsatz

Haben die Beteiligten im Hauptsacheverfahren einen Vergleich geschlossen und in diesem Rahmen unter anderem – im Wege des sogenannten Mehrvergleichs – vereinbart, dass durch den Abschluss des Vergleichs auch ein selbstständiges Beweisverfahren erledigt sein solle, entsteht nur eine Einigungsgebühr, und zwar in demjenigen Verfahren, in welchem der Vergleich geschlossen wird.

OLG Koblenz, Beschl. v. 2.10.2019 – 9 WF 805/19

1 Aus den Gründen

Die zulässige – insbesondere statthafte (§§ 113 Abs. 1, 112 Nr. 2, 261 Abs. 1 FamFG, §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO) sowie form- (§§ 113 Abs. 1, 112 Nr. 2, 261 Abs. 1 FamFG, § 569 Abs. 2 ZPO) und fristgerecht (§§ 113 Abs. 1, 112 Nr. 2, 261 Abs. 1 FamFG, § 569 Abs. 1 S. 1 und 2 ZPO) eingelegte – sofortige Beschwerde des Antragsgegners hat auch in der Sache selbst vollumfänglich Erfolg. Denn das FamG hat im Zuge der hier verfahrensgegenständlichen Kostenfestsetzung zu Unrecht eine Einigungsgebühr gem. Nrn. 1000 und 1003 VV als erstattungsfähig in Ansatz gebracht.

Die Beteiligten haben im Hauptsacheverfahren gem. §§ 113 Abs. 1, 112 Nr. 2, 261 Abs. 1 FamFG, § 278 Abs. 6 ZPO einen Vergleich geschlossen und in diesem Rahmen u.a. – im Wege des sogenannten Mehrvergleichs – vereinbart, dass durch den Abschluss des Vergleichs auch das vorliegende selbstständige Beweisverfahren erledigt sein solle. Bei einer derartigen gemeinsamen Einigung mehrerer gerichtlicher Verfahren derselben Beteiligten entsteht indes gerade nur eine Einigungsgebühr, und zwar (ausschließlich) in demjenigen Verfahren, in welchem der (Mehr-)Vergleich geschlossen wird (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 21.2.2019 – L 39 SF 50/15 B E, juris Rn 30, m.w.N.; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 4.3.2009 – 10 WF 36/08, juris Rn 6 [= AGS 2009, 269]; OLG Stuttgart NJW-RR 2005, 940, 941, m.w.N. [= AGS 2005, 256]; Rahm/Künkel-Feskorn, Handbuch Familien- und Familienverfahrensrecht, 76. Lfg. 4.2019, 14. Kapitel, D. Anwaltsvergütung, Rn 86; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 24. Aufl., 2019, Nr. 1003 VV, Rn 73). Dies gilt selbst dann, wenn zuvor keine förmliche Verbindung der Verfahren erfolgt ist oder eine solche gar nicht zulässig war (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.; OLG Düsseldorf, a.a.O.). Der Abschluss eines einheitlichen gerichtlichen Vergleichs bringt den übereinstimmenden Willen des Gerichts, der Beteiligter und ihrer Verfahrensbevollmächtigten zum Ausdruck, die Sachen für die Einigung als miteinander verbunden zu behandeln (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.; OLG Düsseldorf, a.a.O., m.w.N.).

Nach alledem wurde durch die Einbeziehung des vorliegenden Verfahrens in den Vergleich des Verfahrens für das vorliegende Verfahren keine gesonderte Einigungsgebühr zur Entstehung gebracht. Die antragsgegnerseits zu erstattenden Kosten berechnen sich mithin wie nachfolgend dargestellt:

 
Praxis-Beispiel

Außergerichtliche Kosten der Antragstellerin:

 
1,3-Verfahrensgebühr 1.316,90 EUR
Anrechnung Hauptsache – 1.316,90 EUR
1,2-Terminsgebühr 1.215,60 EUR
Post- und TK-Pauschale 20,00 EUR
Zwischensumme 1.235,60 EUR
19 % Umsatzsteuer 234,76 EUR
Summe 1.470,36 EUR

Davon haben zu tragen:

 
die Antragstellerin 1/5 294,07 EUR
der Antragsgegner 4/5 1.176,29 EUR

Die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin

 
haben aus der Staatskasse erhalten 1.460,01 EUR
Erstattungsanspruch der Antragstellerin 1.176,29 EUR
Summe 2.636,30 EUR

Die gesamten außergerichtlichen Kosten

 
der Antragstellerin betragen aber nur 1.470,36 EUR
sodass gem. § 59 RVG ein Betrag von 1.165,94 EUR
auf die Staatskasse übergeht.  

Zur Festsetzung für die Antragstellervertreter verbleiben somit:

 
gesamte außergerichtliche Kosten i.H.v. 1.470,36 EUR
abzgl. des aus der Staatskasse erstatteten Betrags i.H.v. 1.460,01 EUR
Festzusetzen sind damit lediglich 10,35 EUR

AGS 7/2020, S. 320 - 321

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