Die von den Erinnerungsführern erhobene Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ist zulässig, aber unbegründet (§§ 165, 151 VwGO).
Die Erinnerung hat in der Sache keinen Erfolg. Die von den Erinnerungsführern gegen die Kostenfestsetzung erhobenen Einwände greifen nicht durch.
Strittig ist allein die Höhe der Auslagen gem. Nr. 7003 VV geltend gemachten Fahrtkosten. Gem. dieser Nr. 7003 können Fahrtkosten für eine Geschäftsreise bei Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs für jeden gefahrenen Kilometer mit 0,30 EUR als Auslagen geltend gemacht werden. Nach der Rspr. insbesondere des BGH (vgl. etwa: Beschl. v. 9.5.2018 – I ZB 62/17, juris [= AGS 2018, 319]) sind tatsächlich angefallene Reisekosten des auswärtigen Rechtsanwalts, auch wenn dieser seinen Sitz nicht in dem Gerichtsbezirk des entscheidenden Gerichts hat, jedenfalls insoweit erstattungsfähig, als sie (fiktiv) auch dann entstanden wären, wenn die obsiegende Partei einen Rechtsanwalt mit Niederlassung am weitest entfernt gelegenen Ort innerhalb des Gerichtsbezirks beauftragt hätte. Denn eine solche Beauftragung wäre jedenfalls zulässig gewesen, auch wenn die Beauftragung eines Rechtsanwaltes mit Niederlassung außerhalb des Gerichtsbezirks nicht notwendig gewesen ist. Die Erstattungsfähigkeit der Fahrkosten in diesem Umfang dem Grunde nach liegt dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss auch zugrunde.
Gestritten wird über die anzusetzende Länge der Strecke zwischen dem Standort des Gerichts in Halle und dem am weitesten im Gerichtsbezirk entfernt gelegenen Ort. Die Urkundsbeamtin hat hier drei gängige Programme zur Routenberechnung (google maps; via michelin und adac) benutzt und ist je nach Programm auf eine (einfache) Streckenlänge von 104 bis 107 km bis zur Ortsmitte der Stadt Jessen (Elster) als dem am weitesten vom Gerichtssitz entfernten Ort gelangt. Diese Datenerhebung ist zunächst einmal nicht zu beanstanden und entspricht einem alltags- und damit verwaltungspraktischen Vorgehen. Dabei ist nach aller praktischen Erfahrung davon auszugehen, dass die Programme realitätsnahe Ergebnisse erzielen.
Soweit die Erinnerungsführer auf eine Reisekostentabelle für auswärtige Anwälte verweisen (https:///www.beck-shop.de/schneider-hrsg-fachinfo-tabelle-gerichtsbezirke-2020/product/30851386), die eine (einfache) Strecke von 131 km hierfür ausweist, so ist diese Tabelle rechtlich nicht maßgeblich, sondern stellt lediglich eine Handhabung und Arbeitserleichterung für Rechtsanwälte ohne irgendeinen Rechtscharakter dar. Wie die Strecke verläuft und wo Start und Endpunkt der Streckenbemessung liegen, ist dem nur dargestellten Ergebnis der Kilometerzahl in dieser Tabelle nicht zu entnehmen. In der Produktbeschreibung der Tabelle wird indes darauf hingewiesen, dass nicht mehr (wie früher) die Ortsmitte des entferntesten Ortes der Messung zugrunde gelegt wird, sondern nunmehr "die Entfernungen bis in die "letzten Winkel" der Gerichtsbarkeit berechnet" werden.
Diesen Ansatz einer Streckenberechnung bis in den letzten Winkel, anstatt die Ortsmitte einer so großen Ortschaft zugrunde zu legen, vermag das beschließende Gericht nicht zu teilen. Zunächst ist klarzustellen, dass als weitest entfernte Ortschaft nur solche Orte in Betracht kommen können, bei denen bei mit dem Vorhandensein niedergelassener Rechtsanwälte typischerweise zu rechnen ist. Denn gerechtfertigt ist der Ansatz der fiktiven Strecke als Ersatz für den Weg eines im Gerichtsbezirk beauftragten Rechtsanwalts. Dieser wird im Regelfall aber nicht in einem Ortsteil mit nur wenigen Einwohnern zu finden sein, sondern im Zentrumsbereich etwas größerer Orte, die in der Regel bereits so groß sein werden, dass ihnen zumindest Unterzentrumsfunktion zukommt. Spricht dies dagegen, auf "die letzten Winkel" abzustellen, so ergibt sich ein weiteres Argument in Betrachtung der Vorbem. 7 Abs. 3 VV. Dort heißt es, dass eine Geschäftsreise vorliege, wenn das Reiseziel außerhalb der Gemeinde liege, in der sich die Kanzlei oder Wohnung des Rechtsanwaltes befindet. Danach kann ein Rechtsanwalt mit Niederlassung am Gerichtssitz keine Reisekosten geltend machen, mag er auch quer die Gemeinde mehrere Kilometer von seiner Kanzlei oder Wohnung zum Standort des Gerichts zurückgelegt haben. Vor diesem Hintergrund ist es nicht nachzuvollziehen, warum ein auswärtiger Anwalt bessergestellt werden sollte und ihm zugestanden werden sollte, den Weg vom Stadtrand zur Ortsmitte als Fahrtkosten geltend machen zu dürfen. Ferner spricht auch noch der Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität für eine Streckenbemessung bis zur Ortsmitte bzw. dem Ortszentrum, weil diese Berechnung von den Routenplanerprogrammen angeboten wird, während es sich als schwierig darstellt, exakt den weitesten vom Gerichtsstandort entfernten Punkt in der Gemeinde ausfindig zu machen.
Ist danach von einer Messung der Strecke vom Gerichtsstandort bis zur Mitte der Stadt Jessen (Elster) auszugehen, so haben die Erinnerungsführe...