RVG VV Vorbem. 3 Abs. 3 S. 1
Leitsatz
- Eine förmliche Ladung und ein ausdrücklicher Aufruf sind für die Entstehung einer Terminsgebühr nicht zwingend erforderlich, wenn – wie hier – die Beteiligten anwesend sind, der Sache nach mit dem Termin begonnen worden ist und damit in der Sachbehandlung ein konkludenter Aufruf im Sitzungsraum anzunehmen ist. Es reicht deshalb aus, wenn das Gericht in einem anderen Termin dazu übergeht, die vorliegend maßgebliche Sache mündlich zu verhandeln.
- Die Aufrechnung gegen den Kostenerstattungsanspruch mit einer Gegenforderung des Erstattungspflichtigen ist im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich unzulässig. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht nur dann, wenn über den Bestand und die Höhe der Gegenforderung sowie die Aufrechnungslage kein Streit besteht oder die Gegenforderung rechtskräftig zuerkannt worden ist.
OLG Koblenz, Beschl. v. 7.10.2019 – 9 WF 736/19
1 Aus den Gründen
Die zulässige – insbesondere statthafte (§ 85 FamFG, §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO) sowie form- (§ 85 FamFG, §§ 104 Abs. 3 S. 1, 569 Abs. 2 ZPO) und fristgerecht (§ 85 FamFG, §§ 104 Abs. 3 S. 1, 569 Abs. 1 S. 1 und 2 ZPO) eingelegte – sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist unbegründet. Denn das AG hat die von der Antragsgegnerin an den Antragsteller zu erstattenden Kosten des Verfahrens der einstweiligen Anordnung zu Recht antragsgemäß auf insgesamt 405,67 EUR festgesetzt.
Grundlage der Kostenfestsetzung ist ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel (§ 85 FamFG, § 103 Abs. 1 ZPO). Der im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 85 FamFG, § 104 ZPO zu treffende Kostenfestsetzungsbeschluss füllt nämlich lediglich die Kostengrundentscheidung hinsichtlich der Höhe des zu erstattenden Kostenbetrags aus (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 27.10.2009 – 17 W 291/09, BeckRS 2009, 87184). Der Kostenfestsetzungsbeschluss ist deshalb sowohl hinsichtlich seiner Entstehung als auch seines Bestands von der Kostengrundentscheidung abhängig (vgl. OLG Köln, a.a.O.). Ein solcher zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel liegt mit dem – rechtskräftigen – Beschluss des FamG v. 19.6.2018 vor.
Nach der mit dem vorbezeichneten Beschluss getroffenen Kostengrundentscheidung hat ausdrücklich die Antragsgegnerin die gesamten Kosten des Verfahrens zu tragen. An diese Kostengrundentscheidung sind sowohl der Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsverfahren als auch das Gericht im Verfahren der sofortigen Beschwerde gebunden (vgl. BGH NJW-RR 2006, 810, 811; BeckOK Vorwerk/Wolf-Jaspersen, ZPO, 33. Edition, Stand: 1.7.2019, § 104, Rn 23, m.w.N.; Musielak/Voit-Flockenhaus, ZPO, 16. Aufl., 2019, § 104, Rn 3).
Zudem sind die seitens des AG mit der nunmehr angefochtenen Entscheidung festgesetzten Kosten der Höhe nach nicht zu beanstanden. Insbesondere hat das FamG – anders als die Antragsgegnerin meint – zu Recht eine Terminsgebühr in Ansatz gebracht.
Die Terminsgebühr entsteht nach Vorbem. 3 Abs. 3 VV für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin oder die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins oder die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen auch ohne Beteiligung des Gerichts (außer für Besprechungen mit dem Auftraggeber). Hier ist eine Terminsgebühr im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes mit Blick auf die Vertretung in einem gerichtlichen Termin (S. 1 Alt. 1 der Vorbem. 3 Abs. 3 VV) entstanden.
Die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers hat nämlich – wie dem zunächst zur Hauptsache aufgenommenen Sitzungsvermerk des FamG entnommen werden kann – an einem gerichtlichen Verhandlungstermin teilgenommen, dessen Gegenstand (auch) das hier vorliegende Verfahren der einstweiligen Anordnung war. Danach fand die Verhandlung im Rahmen einer Sitzung statt, die für das Hauptsacheverfahren gleichen Rubrums anberaumt worden war und in der die Beteiligten des hier maßgeblichen Verfahrens anwesend waren. Diesbezüglich hatte das FamG Verkündungstermin bestimmt und damit – konkludent – die Sitzung im Hauptsacheverfahren geschlossen. Im Anschluss daran stellte die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers den Antrag, den Umgang mit dem gemeinsamen Kind der Beteiligten einstweilen zu regeln. Dem begegnete die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin mit dem Antrag, den soeben gestellten auf einstweilige Regelung des Umgangs gerichteten Antrag zurückzuweisen. Ferner stellte sie einen entsprechenden – das vorliegende Verfahren der einstweiligen Anordnung betreffenden – Verfahrenskostenhilfeantrag für ihre Mandantin. Anschließend kündigte das FamG eine Entscheidung über die soeben gestellten Anträge für das Ende der Sitzung am selben Tage an.
Insoweit kommt es i.Ü. nicht darauf an, ob zu diesem Termin auch eine förmliche Ladung im Rahmen des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes erfolgt war bzw. ob hierzu ein ausdrücklicher Aufruf der Sache stattgefunden hat (vgl. OVG Münster NJW 2015, 2601, 2602 [= AGS 2015, 326]). Eine förm...