RVG VV Nr. 3104, Vorbem. 3 Abs. 3; VwGO §§ 106 S. 2, 130a
Leitsatz
Ein "schriftlicher Vergleich" i.S.v. Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV ist nicht allein ein Prozessvergleich gem. § 106 VwGO, sondern kann grundsätzlich auch auf andere Weise geschlossen werden.
Hessischer VGH, Beschl. v. 30.3.2020 – 1 E 1105/19
1 Sachverhalt
Der Kläger ist Beamter im Dienst des Beklagten. Er klagte vor dem VG auf Besoldung aus der Endstufe seiner Besoldungsgruppe wegen Altersdiskriminierung. Das VG gab der Klage statt. Hiergegen richtete sich der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung. Nach zwischenzeitlicher Aussetzung des Verfahrens unterbreitete der Senat den Beteiligten einen Vergleichsvorschlag, den der Beklagte ablehnte. Der Senat ließ daraufhin die Berufung zu. Später erweiterte der Kläger sein Begehren um zwei Hilfsanträge (Zahlung von 17.500,00 EUR – Schadensersatz aus unionsrechtlichem Haftungsanspruch und Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG – sowie Feststellung der Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung von monatlich 200,00 EUR als Schadensersatz). Der Beklagte stimmte dieser Anschlussberufung des Klägers zu. Anschließend beantragten die Beteiligten das Ruhen des Verfahrens, welches angeordnet wurde.
Nachdem das BVerwG eine Grundsatzentscheidung zur altersdiskriminierenden Besoldung getroffen hatte, zahlte der Beklagte 9.100,00 EUR an den Kläger. Daraufhin schlug der Kläger mit Schriftsatz eine Einigung zur Erledigung des Rechtsstreits vor. Im Hinblick auf diesen Vorschlag regte der Berichterstatter an, dass die Beteiligten den Rechtsstreit insgesamt für erledigt und sich mit einer Kostenquote von 37 % (Kläger) zu 63 % (Beklagter) einverstanden erklären. Mit Schriftsätzen erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit für erledigt und teilten gleichzeitig ihr Einverständnis mit der vorgeschlagenen Kostenquote mit. Mit weiterem Schriftsatz wies der Kläger im Nachgang zu seiner Erledigungserklärung darauf hin, dass eine Einigung erfolgt sei, da mit der Klage eine höhere Forderung geltend gemacht worden sei. Demzufolge liege insoweit keine Erledigung vor. Auf telefonische Nachfrage des Berichterstatters erklärte der Klägervertreter, dass der Rechtsstreit insgesamt für erledigt erklärt sei und mit dem weiteren Schriftsatz die Erledigungserklärung nicht habe relativiert werden sollen.
Daraufhin stellte der Senat das Verfahren ein, erklärte das erstinstanzliche Urteil für wirkungslos und teilte die Kosten zwischen den Beteiligten entsprechend der von diesen abgegebenen Erklärungen.
Der Kläger hat sodann die Festsetzung der Kosten des Rechtsstreits beantragt und eine Terminsgebühr für die Berufungsinstanz in Ansatz gebracht. Das VG hat die Kosten festgesetzt und dabei die Terminsgebühr für die Berufungsinstanz abgesetzt. Hiergegen hat der Kläger Erinnerung erhoben, die das VG zurückgewiesen hat. Gegen diesen Beschluss hat der Kläger Beschwerde eingelegt.
Der Kläger ist der Auffassung, die Terminsgebühr sei gem. Nr. 3202 VV i.V.m. Nr. 3104 VV angefallen, weil ein schriftlicher Vergleich geschlossen worden sei. Das VG verkenne, dass die Beteiligten einen Einigungsvorschlag des Senats angenommen und die Erledigungserklärungen in Vollzug dieser Einigung abgegeben hätten.
2 Aus den Gründen
Die Beschwerde ist statthaft und auch i.Ü. zulässig.
Gem. § 165 VwGO i.V.m. § 151 VwGO können die Beteiligten die Festsetzung der zu erstattenden Kosten mit der Erinnerung anfechten. Gegen die Entscheidung über die Erinnerung gegen die Kostenfestsetzung ist die Beschwerde gem. § 146 VwGO gegeben. Der Beschwerdewert von mehr als 200,00 EUR gem. § 146 Abs. 3 VwGO ist erreicht, denn der vom Beklagten an den Kläger zusätzlich zu erstattende Betrag für die Terminsgebühr liegt über 200,00 EUR.
Die Beschwerde ist auch begründet. Entgegen der Auffassung des VG ist eine Terminsgebühr für die Berufungsinstanz angefallen.
Gem. Vorbem. 3 Abs. 3 VV in der bis zum 31.7.2013 geltenden Fassung, die nach § 60 RVG anwendbar bleibt, entsteht die Terminsgebühr für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin oder die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins oder die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen auch ohne Beteiligung des Gerichts.
Einer der genannten (gerichtlichen) Termine ist nicht bestimmt worden. Das Telefonat des Berichterstatters mit dem Klägervertreter im Nachgang zum weiteren Schriftsatz des Klägers v. 30.1.2018 führt nicht zur Terminsgebühr für die Wahrnehmung eines gerichtlichen Termins, denn die bloß fernmündliche Erörterung mit dem Richter vermag in diesem Zusammenhang die Terminsgebühr nicht auszulösen (vgl. Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 24. Aufl., 2019, VV Vorbem. 3 Rn 76 m.w.N. zur Rspr.).
Auch der Tatbestand der Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen ist nicht erfüllt.
Die im Verfahren im Zusammenhang mit der Abgabe der übereinstimmenden Erledigungserklärungen gewechselten Schriftsätze lösen die T...