Doppelt festgesetzt hält besser
Die Entscheidung des OLG Karlsruhe müsste eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, eine Besprechung wegen augenmerklicher Richtigkeit überflüssig. In Anbetracht der Vielzahl der Einwendungen, denen sich der Auftraggeber bei seinem prozessökonomischen Antrag nach § 11 RVG ausgesetzt sah, sollte diese Entscheidung aber möglichst hell beleuchtet werden.
Der zugrunde liegende Sachverhalt ist denkbar einfach. Nach einem gewonnenen Prozess beantragt der Rechtsanwalt die Kostenfestsetzung nach §§ 103 ff. ZPO und rechnet auch eine Terminsgebühr ab, die antragsgemäß festgesetzt wird. Nach einer Beschwerde verneint das OLG Karlsruhe die Voraussetzungen für die Terminsgebühr und setzt diese ab (13 W 131/16). Der Rechtsschutzversicherer des Auftraggebers, welcher auch die Terminsgebühr ausgeglichen hatte, fordert diese daraufhin vom Rechtsanwalt zurück. Dieser verweigert die Erstattung, da die Terminsgebühr entstanden sei und die Kostenfestsetzung das Innenverhältnis mit dem Auftraggeber nicht beträfe. Um einen teuren und langwierigen Rechtsstreit zu vermeiden, beauftragt die Rechtsschutzversicherung einen Anwalt damit, den Versicherungsnehmer anzuschreiben und um Erteilung eines Mandats zur Kostenfestsetzung nach § 11 Abs. 1 S. 1 RVG zu bitten. Das Mandat wird erteilt und der Antrag gestellt.
Anstatt diesen effektiven und kostengünstigen Weg zur Klärung der unterschiedlichen kostenrechtlichen Rechtsauffassungen zu begrüßen, erfolgte seitens des ehemaligen Prozessvertreters ein Feuerwerk von Einwendungen gegen die Zulässigkeit des Antrags.
Die Festsetzung sei gem. § 11 Abs. 5 S. 1 RVG abzulehnen, da er Einwendungen erhebe, die nicht im Gebührenrecht begründet seien:
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es fehle das erforderliche Rechtsschutzinteresse, |
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das Vorgehen nach § 11 RVG sei rechtsmissbräuchlich, |
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es läge keine wirksame Bevollmächtigung vor. |
Zutreffend und mit begrüßenswerter Klarheit stellt das OLG Karlsruhe fest, dass es sich mitnichten um Einwendungen i.S.d. § 11 Abs. 5 S. 1 RVG handelt. Die Einwendungen betreffen ausschließlich rein prozessuale Fragen, welche im Rahmen der Zulässigkeit des Antrags zu prüfen sind.
Rechtsschutzinteresse auch bei Zahlung der Rechtsschutzversicherung
Der Auffassung des Antragsgegners, einem rechtsschutzversicherten Auftraggeber fehle das Rechtsschutzinteresse, schließlich habe er ja die Gebühren nicht selbst bezahlt, tritt das OLG Karlsruhe zu Recht energisch entgegen und verweist auf die Verpflichtungen des Auftraggebers aus dem Versicherungsvertragsverhältnis. Besteht die Möglichkeit, dass Dritte zu einer Zahlung verpflichtet sind, muss der Versicherungsnehmer anspruchsverfolgende Maßnahmen ergreifen. Da diese Verpflichtung immer besteht, wenn Zahlungen der Versicherung für den Auftraggeber erfolgen, kommt es für das Rechtsschutzbedürfnis auf eigene Rückforderungsansprüche nicht an.
Wahlrecht beim Vorgehen
Selbstverständlich führen Zahlungen der Rechtsschutzversicherung zu einem Anspruchsübergang nach § 86 Abs. 1 S. 1 VVG. Dies bedeutet aber keineswegs, dass damit der Weg zu § 11 RVG versperrt ist und allein der Klageweg mit einer Beweisaufnahme verbleibt. Treffend hält das OLG Karlsruhe fest, dass die Rechtsschutzversicherung hier ein Wahlrecht hat. Sie kann den auf sie übergegangenen Anspruch selber vor den Zivilgerichten verfolgen. Es steht der Rechtsschutzversicherung aber frei, den Versicherungsnehmer im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft zur Führung des Verfahren nach § 11 RVG zu ermächtigen. Wählt die Rechtsschutzversicherung den gebotenen günstigsten Weg, erspart dies sogar dem Antragsgegner erheblich Zeit und Geld.
Keine Terminsgebühr ohne Einigungsbereitschaft
Nachdem die wenig überzeugenden prozessualen Einwendungen keinen Bestand haben konnten, erleidet das Vorbringen des Antragsgegner zur Terminsgebühr das vorhersehbare Schicksal.
Erfolgt nach unbedingtem Klageauftrag ein Gespräch mit dem Gegner zur gütlichen Einigung, kann eine Terminsgebühr entstehen. Ein solches Gespräch findet nach höchstrichterlicher Rspr. dann statt, wenn auf beiden Seiten eine Einigungsbereitschaft besteht. Ist der Gegner aber von vorneherein nicht zu einer Besprechung bereit, dann genügt dies bekanntlich nicht. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Gegner erst einmal zugehört hat, bevor er mitteilte, dass er nicht er nicht verhandlungsbereit sei.
Rechtsanwalt Till Humpe, LL.M., Düsseldorf
AGS 7/2020, S. 333 - 337