Nr. 1000 VV RVG; § 23 RVG

Leitsatz

Der Gegenstandswert der Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV richtet sich nach dem Wert derjenigen Schadenspositionen, über die unter Mitwirkung des Rechtsanwalts eine Einigung erzielt worden ist.

LG Ravensburg, Urt. v. 14.11.2019 – 1 S 29/19

I. Sachverhalt

Der Kläger hatte einen Verkehrsunfall erlitten und seinen Anwalt mit der Regulierung des Schadens beauftragt. Die 100 %ige Haftung der Gegenseite war von Anfang an unstreitig.

Nachdem der Haftpflichtversicherer bereits Zahlungen i.H.v. 25.842,21 EUR erbracht hatte, einigten sich die Parteien schließlich darauf, dass noch ein weiterer Betrag i.H.v. 7.500,00 EUR zum Ausgleich aller Ansprüche aus dem Verkehrsunfall geleistet werde. Die Gesamtsumme der regulierten Schadensersatzleistung betrug damit 33.019,68 EUR, wovon 6.962,68 EUR auf den Sachschaden und der Rest (26.057,00 EUR) auf den Personenschaden entfielen.

Nach Abschluss der Angelegenheit rechnete der Anwalt des Klägers sodann wie folgt ab:

 
 
1. 1,8-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV 1.688,40 EUR
  (Wert: 33.019,68 EUR)  
2. 1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV 1.294,50 EUR
  (Wert: 26.057,00 EUR)  
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV 20,00 EUR
  19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 570,55 EUR
  Gesamt 3.573,45 EUR

Abzüglich der von der Beklagten bereits gezahlten 2.015,74 EUR verlangte er noch restliche 1.557,71 EUR.

Zur Begründung führte der Kläger aus, dass der Gebührensatz von 1,8 hier aufgrund der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG angemessen sei.

Die Einigungsgebühr wiederum berechne sich aus dem Betrag von 26.057,00 EUR. Mit der Einigung hätten die Parteien einen den gesamten Personenschaden abdeckenden Vergleich als Abfindungsvergleich geschlossen, weshalb der gesamte Personenschaden beim Gegenstandswert der Einigungsgebühr zugrundezulegen sei.

Das Amtsgericht hatte der Klage stattgegeben. Das LG hat lediglich weitere 496,35 EUR zugesprochen.

II. Einigungsgebühr nur aus den verbliebenen Ansprüchen

Eine 1,8-Geschäftsgebühr ist nicht angemessen, sondern lediglich eine 1,5-Gebühr. Dabei ist bereits die 20 %ige Toleranzgrenze, die einem Anwalt grds. zusteht, berücksichtigt.

Daraus ergibt sich dann eine 1,5-Geschäftsgebühr aus dem unstreitig regulierten Gesamtwert von 33.019,68 EUR.

Die Einigungsgebühr kann der Kläger dagegen nur aus einem Wert i.H.v. 7.500,00 EUR erstattet verlangen. Mit der Einigung über 7.500,00 EUR haben sich die Parteien letztlich nur noch auf den zu zahlenden Restbetrag verständigt.

Der Gegenstandswert der Einigungsgebühr bemisst sich nach dem Wert der Gegenstände, über die man sich einigt. Vor der Einigung waren aber bereits 18.878,53 EUR auf den Personenschaden gezahlt worden. Nur noch der darüberhinausgehende Betrag stand im Streit. Insoweit ist dieser darüberhinausgehende Betrag mit einer Zahlung i.H.v. 7.500,00 EUR reguliert worden, sodass die Einigungsgebühr auch nur aus diesem weiteren Erledigungswert erstattet verlangt werden kann.

Es ergibt sich damit folgende Abrechnung:

 
 
1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV 1.407,00 EUR
  (Wert: 33.019,68 EUR)  
2. 1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV 684,00 EUR
  (Wert: 7.500,00 EUR)  
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV 20,00 EUR
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 401,09 EUR
5. abzgl. bereits gezahlter – 2.015,74 EUR
  Restbetrag 496,35 EUR

III. Bedeutung für die Praxis

1. Zur Höhe der Geschäftsgebühr

Die Ausführungen des Landgerichts sind insoweit nicht recht nachvollziehbar.

Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass hier kein Fall der Schwellengebühr nach Anm. zur Nr. 2300 VV vorliege. Daher war von der Mittelgebühr auszugehen. Ausgehend von der Mittelgebühr ist der 20 %ige Toleranzbereich, den die Rspr. einem Anwalt zubilligt aber bei einer 1,8-Gebühr noch nicht überschritten.

Das Landgericht muss also davon ausgegangen sein, dass eine Gebühr zwischen 1,31 und 1,499 angemessen gewesen sei.

Nur in diesem Fall wäre mit der 1,8-Gebühr die Toleranzgrenze überschritten gewesen, sodass dann das Landgericht berechtigt gewesen wäre, die unbillige Bestimmung des Anwalts des Klägers durch eine eigene zu ersetzen.

2. Einigungsgebühr ist nur aus geringerem Wert zu erstatten

Hinsichtlich der Berechnung der zu erstattenden Einigungsgebühr ist die Entscheidung dagegen zutreffend.

Allerdings verwendet das Landgericht hier fehlerhafte Begrifflichkeiten.

Der Gegenstandswert der Einigung bemisst sich danach, worüber man sich einigt. Wenn man sich aber auf 7.500,00 EUR einigt, dann muss der verlangte Betrag höher gelegen haben. Anderenfalls läge keine Einigung vor. Dieser Gegenstandswert spielt aber nur im Abrechnungsverhältnis zwischen Anwalt und Mandant eine Rolle.

Hier ging es gar nicht um den Gegenstandswert, sondern um den Erledigungswert.

Der Erledigungswert aber wiederum richtet sich danach, welche Ansprüche berechtigterweise bestanden und zu regulieren waren.

Insoweit ist zutreffenderweise dem Betrag i.H.v. 7.500,00 EUR auszugehen, weil dieser Betrag letztlich gezahlt worden ist.

Das bedeutet aber, dass dem Anwalt noch die Differenz zwischen den Gebühren aus dem Erledigungswert und dem Auftragswert zusteht. Wie hoch der Auftragswert und damit Gegenstand der anw...

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