§§ 3 Abs. 2e), 13 InsVV
Leitsatz
Im Verbraucherinsolvenzverfahren kann die Mindestvergütung des § 13 InsVV ausnahmsweise um einen Abschlag nach § 3 Abs. 2 Buchst. e InsVV gekürzt werden, wenn wegen der Überschaubarkeit der Vermögensverhältnisse und der geringen Anzahl der Gläubiger oder der geringen Höhe der Verbindlichkeiten der durchschnittliche Aufwand eines massearmen Verfahrens beträchtlich unterschritten wird, die Arbeitserleichterung nicht bereits darauf zurückzuführen ist, dass die Unterlagen nach § 305 Abs. 1 Nr. 3 InsO von einer geeigneten Person oder Stelle erstellt worden sind, und sich ohne die zusätzliche Kürzung eine unangemessene hohe Vergütung ergäbe.
BGH, Beschl. v. 12.3.2020 – IX ZB 33/18
I. Sachverhalt
Der Beschwerdeführer war Verwalter in einem eröffneten Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners. Dieses war überschaubar und dauerte von April 2016 bis November 2017. Masse konnte im gesamten Verfahren nicht generiert werden, der Schuldner bezog vor der Insolvenz wie auch während der Insolvenz lediglich unpfändbares Einkommen, sodass es auch nicht zu einer Verteilung kam. Im Verfahren selbst hatten lediglich 3 Gläubiger Forderungen zur Insolvenztabelle angemeldet. Der Verbraucherinsolvenzverwalter beantragte seine Vergütung i.H.d. Mindestvergütung. Das festsetzende Insolvenzgericht wiederum nahm dann auch bei der Mindestvergütung einen Abschlag i.H.v. 200,00 EUR vor, wogegen sich der Insolvenzverwalter (erfolglos) wendete.
II. Anwendbarkeit verschiedener Abschlagsfaktoren
Der BGH setzt sich in seiner Entscheidung mit der Anwendbarkeit der verschiedenen Abschlagsfaktoren der InsVV auseinander, was die Vergütung des Verbraucherinsolvenzverwalters betrifft. So sieht bereits § 13 InsVV einen Abschlag bei der Mindestvergütung von 1.400,00 EUR (Erhöhung durch das SanInsFoG, bis 31.12.2020: 1.000,00 EUR,) auf 1.120,00 EUR (Erhöhung durch das SanInsFoG, bis 31.12.2020: 800,00 EUR) vor. § 13 InsVV regelt dabei die sog. "Mindestvergütung", also den Fall, dass keine Masse vorhanden und es folglich zu keiner Vergütung aufgrund einer Masse kommt. Für die sogenannte Regelvergütung sieht das Gesetz (i.Ü. für alle Insolvenzverfahren) einen potentiellen Abschlagsfaktor in § 3 Abs. 2 Ziffer e) InsVV vor. Der BGH stellt mit der Entscheidung (neuerlich) klar, dass dabei auch beide Abschlagsfaktoren gemeinsam Anwendung finden können. Der BGH begrenzt diesen Fall jedoch auf Ausnahmefälle, in denen die Tätigkeit des Verbraucherverwalters nicht über die Tätigkeit eines früheren Treuhänders im vereinfachten Verfahren hinausgeht (so schon BGH, Beschl. v. 14.12.2017 – IX ZB 101/15).
III. Kürzung nur im Ausnahmefall
Der BGH stellt in seiner Entscheidung nochmals klar, dass auch im Falle einer sog. Mindestvergütung eine individuelle Betrachtung des Einzelfalls notwendig bleibt. Folglich muss auch in Sachverhalten, bei denen keine Masse berücksichtigungsfähig ist, die zu einer (höheren als die Mindestvergütung) Regelvergütung führt, nicht automatisch diese Mindestvergütung Anwendung finden. Stattdessen muss auch hier eine Prüfung dahingehend erfolgen, ob die Tätigkeit des Verwalters sich mit derjenigen eines früheren Treuhänders im vereinfachten Verfahren deckt. Dabei muss aber eine weitergehenden Kürzung unter dem Gesichtspunkt der sog. Querfinanzierung der Ausnahmefall bleiben.
IV. Querfinanzierungsgedanke und Auskömmlichkeit
Der BGH stellt in seiner Entscheidung vom 12.3.2020 nochmals auf den Aspekt der sog. Querfinanzierung ab und argumentiert dabei auch mit der (häufig in der Festsetzungspraxis unbeachteten) fehlenden Notwendigkeit, in jedem Einzelverfahren "auskömmlich" oder gar gewinnbringend vergütet werden zu müssen. Nach dem BGH ist stattdessen eine Mischkalkulation maßgebend (im Detail: Haarmeyer/Lissner/Metoja, Die Prüfung von Vergütungsanträgen im Insolvenzverfahren, 1. Aufl., 2021, Kap. 1, Rn 26 ff.; s. auch BGH, Beschl. v. 13.3.2008 – IX ZB 60/05, Rn 12, ZInsO 2008, 555), wonach nur "insgesamt" der Beruf des Verwalters auskömmlich vergütet sein muss (BGH, Beschl. v. 14.12.2017 – IX ZB 101/15; Haarmeyer/Lissner/Metoja, a.a.O., Kap. 1, Rn 26 ff.; s. auch BGH, Beschl. v. 13.3.2008 – IX ZB 60/05, Rn 12, ZInsO 2008, 555). Zu beachten ist folglich, dass dem pauschalierten Vergütungssystem der InsVV eine systemimmanente Querfinanzierung innewohnt, indem ein Verwalter für die Abwicklung eines Verfahrens eine pauschalierte, betragsbezogene Vergütung – die sog. Regel- oder Staffelvergütung – erhält, die in dem einen Anwendungsfall dem tatsächlichen Aufwand im konkreten Verfahren nahekommt, ihn in einem anderen Fall deutlich überschreitet und in anderen Fällen auch deutlich unterschreitet. Nicht gedeckte oder im Einzelfall unangemessene Kosten bei massearmen Verfahren können damit durch massereiche Verfahren kompensiert werden.
V. Untergrenze der Abschläge
Der BGH stellt klar, dass verschiedene Abschlagsfaktoren in Betracht kommen, folglich also beim Verbraucherinsolvenzverwalter sowohl der Abschlag nach § 13 InsV, wie auch ein Abschlag nach § 3 Abs. 2 e) InsVV. Die Mindestvergütung von 600,00 EUR, die nach § 13 Abs. 1 S. 3 InsVV aF einem Treuhänder zu gewähren war, darf jedoch nic...