1. Umsatzsteuer bei Änderungen des Steuersatzes
Das VG Berlin vertritt ebenso wie Volpert (RVGreport 2020, 322, 323) die Auffassung, dass für die Frage, mit welchem Umsatzsteuersatz die Vergütung des Rechtsanwalts zu versteuern ist, auf die Beendigung der Anwaltstätigkeit abzustellen sei. Maßgebend ist hierfür das Ende des Leistungszeitraums, in dem die anwaltliche Tätigkeit erbracht worden ist. Dieser Zeitpunkt wird im Regelfall mit dem Zeitpunkt der Fälligkeit der Anwaltsvergütung zusammenfallen, weil auch die Fälligkeit der Vergütung auf die Beendigung der Tätigkeit abstellt (s. etwa OLG Koblenz AGS 2007, 302 = RVGreport 2007, 191 [Hansens]; LG Karlsruhe RVGreport 2008, 26 [Ders.]; Hansens, RVGreport 2007, 41; N. Schneider, NJW 2007, 325). Kommen danach mehrere Fälligkeitszeitpunkte in Betracht, ist derjenige maßgeblich, der als erster erfüllt worden ist (BGH AnwBl. 1985, 257; BGH WM 1976, 594; Volpert, RVGreport 2020, 322, 323).
Nicht ganz unumstritten ist allerdings die Frage, ob tatsächlich auf alle fünf Fälligkeitszeitpunkte des § 8 Abs. 1 RVG abzustellen ist. Bejaht wird dies beispielsweise vom VG Berlin hier und von Volpert (a.a.O.). Demgegenüber vertritt N. Schneider (ErbR 2021, 196) die Auffassung, es komme allein auf die Fälligkeit der Vergütung nach § 8 Abs. 1 S. 1 RVG an, während die weiteren Fälligkeitstatbestände nach § 8 Abs. 1 S. 2 RVG unbeachtlich seien.
Für die dem VG Berlin vorliegende Fallgestaltung kommt es auf diesen Streit nicht an. Denn auch bei Anwendung nur der Fälligkeitstatbestände des § 8 Abs. 1 S. 1 RVG war die Vergütung des Verfahrensbevollmächtigten der Beklagten erst nach dem 31.12.2020 fällig geworden. Die Angelegenheit – hier der Rechtsstreit vor dem VG Berlin – war nämlich erst erledigt, nachdem der Rechtsanwalt das Rechtsschutzziel seines Mandanten, nämlich den Erfolg in dem Verwaltungsrechtsstreit, verwirklicht hatte (s. allgemein AnwKomm-RVG/N. Schneider, 8. Aufl., 2017, § 8 Rn 38). Dieses Rechtsschutzziel war erst erreicht, als der nicht verkündete, die Kostenentscheidung enthaltende Beschluss des VG vom 3.12.2020 mit Zugang bei dem Rechtsanwalt wirksam geworden war.
2. Kostenentscheidung
a) Kostenpflicht des Unterlegenen
Zu Recht hat das VG Berlin der Beklagten die Kosten des Erinnerungsverfahrens auferlegt, weil sie in diesem Verfahren unterlegen ist (§ 154 Abs. 1 VwGO). Die weiteren Ausführungen des VG, diese Entscheidung sei unter Berücksichtigung des Veranlasserprinzips auch nicht unbillig, weil die Klägerin durch die Erhebung der Klage das Verfahren im Ganzen und damit auch das Erinnerungsverfahren veranlasst habe, scheint mir etwas weit hergeholt, weil danach die Klägerin die Kosten des Erinnerungsverfahrens auch dann zu tragen hätte, wenn das VG die gegnerische Erinnerung zurückgewiesen hätte. Für die Entscheidung über die Kosten des Erinnerungsverfahrens kommt es allein darauf an, wer unterlegen ist. Das war hier die Beklagte, weil die Erinnerung der Klägerin Erfolg gehabt hat.
b) Folgen einer unrichtigen Sachbehandlung
Eine Auferlegung der außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsverfahrens auf die Staatskasse hat das VG Berlin zu Recht abgelehnt. Hierfür gibt es keine gesetzliche Grundlage.
I.Ü. hätte sich die Klägerin auch nicht auf die Regelung in § 21 Abs. 1 GKG berufen können. Danach werden Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben. Dies betrifft jedoch nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 1 S. 1 GKG nur Gebühren und Auslagen des Gerichts, nicht etwa auch außergerichtliche Kosten der Verfahrensbeteiligten. Im – für die Beklagte erfolgreichen – Erinnerungsverfahren sind jedoch weder Gerichtskosten noch gerichtliche Auslagen angefallen.
Der in einem gerichtlichen Verfahren unterlegene Beteiligte, dem die außergerichtlichen Kosten auferlegt worden sind, kann gegen das Bundesland, dessen Bediensteter die unrichtige – im Rechtsmittelzug wieder aufgehobene – Entscheidung erlassen hat, allenfalls durch Erhebung einer Amtshaftungsklage nach Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB vorgehen. Erfolgversprechend ist dies allerdings in den seltensten Fällen.
VorsRiLG a.D. Heinz Hansens, Berlin
AGS 7/2021, S. 309 - 311