Nach Auffassung des BGH hat das für einen Verteidigerwechsel nach § 143a Abs. 2 S. 1 Nr. 3 StPO nicht ausgereicht.
Eine Störung des Vertrauensverhältnisses sei aus Sicht eines verständigen Angeklagten zu beurteilen und von diesem oder seinem Verteidiger substantiiert darzulegen (s. BGH, Beschl. v. 15.6.2021 – StB 24/21, StRR 8/2021, 16 m.w.N.). Abgesehen von den Ausführungen des KG in den Urteilsgründen, die nach Auffassung des Rechtsanwalts H. und des Angeklagten zu einem Interessenkonflikt führen sollen, werde in Bezug auf das Vertrauensverhältnis zwischen Rechtsanwalt H. und dem Angeklagten nichts vorgebracht. Zudem sei dem Angeklagten das im Urteil dargestellte, seinen Pflichtverteidiger betreffende Geschehen bereits durch einen in der Hauptverhandlung am 20.9.2019 verkündeten Senatsbeschluss bekannt geworden. In diesem hatte das KG den Hergang mit Ausnahme der von ihm daraus gezogenen Wertung ebenso wie im Urteil dargestellt. Daraufhin habe keiner der beiden einen Pflichtverteidigerwechsel beantragt.
Ein konkret manifestierter Interessenkonflikt, der eine mindere Effektivität des Einsatzes des Verteidigers befürchten lasse (BGH StRR 4/2020, 15 = RVGreport 2020, 239 = StraFo 2020, 199, und BGHSt 48, 170, 173), sei nicht gegeben. Es sei bereits nicht ersichtlich, wie sich der vorgebrachte Konflikt zwischen einer Verteidigung des Angeklagten und einer vom Verteidiger für notwendig erachteten eigenen Verteidigung auf das Revisionsverfahren zu Lasten des Angeklagten auswirken solle Da es sich bei der Revision um ein auf die Rechtsprüfung beschränktes Rechtsmittel handele (BGH NStZ 2019, 745), ergebe sich nicht, dass Rechtsanwalt H. in einer sachgerechten Verteidigung des Angeklagten beschränkt sei, selbst wenn er es für erforderlich halte, den im Rahmen der Beweiswürdigung vom KG erhobenen, ihn betreffenden Beanstandungen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht entgegenzutreten. Dass sich Rechtsanwalt H. infolge der Urteilsausführungen als nicht mehr "unbefangen" ansehe, führe – so der BGH – zu keinem anderen Ergebnis. Für eine Aufhebung der Pflichtverteidigerbestellung komme es nicht entscheidend auf ein solches Selbstverständnis des Verteidigers an, sondern auf eine angemessene Verteidigung des Angeklagten im aktuellen Revisionsverfahren. Ähnlich wie Spannungen zwischen Gericht und Verteidigern nicht regelmäßig die Besorgnis begründen, die Richter würden dem Angeklagten nicht mehr unbefangen gegenübertreten (vgl. BGH wistra 2013, 155 Rn 16 m.w.N.; Beschl. v. 28.1.1983 – 1 StR 820/81), seien ihnen ohne zusätzliche Besonderheiten erst recht keine Auswirkungen auf das Verteidigerverhältnis zu entnehmen.
Die angeführte Möglichkeit, dass sich der Angeklagte mit Blick auf die Wahrnehmung eigener berechtigter Interessen des Pflichtverteidigers nach § 2 Abs. 4 Buchst. b BORA nicht mehr auf dessen Verschwiegenheit verlassen könne, habe keine abweichende Beurteilung zur Folge. Unabhängig davon, dass bislang nicht einmal die Einleitung eines straf- oder berufsrechtlichen Verfahrens gegen den Pflichtverteidiger bekannt sei, lasse ein solches nicht von vornherein die Verschwiegenheitspflicht entfallen (vgl. BGHSt 1, 366 ff.; BGHZ 122, 115, 120; Henssler/Prütting, BRAO, 5. Aufl., § 43a Rn 110; Hartung/Scharmer/Gasteyer, BORA/FAO, 7. Aufl., § 2 BORA Rn 126; Fischer, StGB, 69. Aufl., § 203 Rn 91). Ferner gelte die Pflicht gem. § 2 Abs. 1 S. 2 BORA nach Beendigung des Mandats fort (Henssler/Prütting, a.a.O., § 43a Rn 57).
Ob die etwaige Ausschließungsmöglichkeit eines Verteidigers nach § 138a Abs. 1 und 2 StPO zugleich einen Grund für die Aufhebung einer Pflichtverteidigerbestellung nach § 143a Abs. 2 S. 1 Nr. 3 StPO darstellen könne (offen gelassen zur früheren Rechtslage von BGHSt 42, 94, 97; s. auch BVerfGE 39, 238, 245), bedurfte nach Ansicht des BGH keiner Entscheidung. Die entsprechenden Voraussetzungen stünden nach dem Geschehen nicht in Rede. Weder gehe es um eine Beteiligung des Verteidigers an der abgeurteilten Tat des Angeklagten i.S.d. § 138a Abs. 1 Nr. 1 StPO (vgl. auch Gaier/Wolf/Göcken/Vorwerk, Anwaltliches Berufsrecht, 3. Aufl., § 49 BRAO Rn 9), noch beziehe sich der vom KG dargestellte Hergang auf einen Missbrauch des Verkehrs gerade mit dem inhaftierten Angeklagten (§ 138a Abs. 1 Nr. 2 StPO). Da die etwaige Beeinflussung des Zeugen dessen Aussage in einem anderen, wegen Betäubungsmitteldelikten geführten Strafverfahren betroffen habe, liege der Anwendungsbereich des § 138a Abs. 1 Nr. 3 StPO ebenfalls nicht nahe (vgl. zu den Voraussetzungen LR/Lüderssen, StPO, 26. Aufl., § 138a Rn 27; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Aufl., § 138a Rn 9; MüKo StPO/Thomas/Kämpfer, § 138a Rn 11).